1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gemeinsames Essen

27. Mai 2016

Gemeinsame Mahlzeiten verbinden - und heben oft die Stimmung. Ralph Frieling von der evangelischen Kirche erzählt die Jesusgeschichte, die in der Bibel am häufigsten auftaucht.

https://p.dw.com/p/1IvaP
Bild: picture-alliance/Bildagentur-online

Essen verbindet

Gemeinsame Mahlzeiten können manchmal Wunder bewirken. Alle sind hungrig, freuen sich auf das Essen, es duftet schon. Alle tun dasselbe: sie kauen und schmecken. Das gemeinsame Essen verbindet eben. Und es hebt oft die Stimmung: Gespräche kommen in Gang, sei es in der Pause auf dem Schulhof, bei der herum gereichten Plätzchentüte im Auto und sogar beim Essen im Flugzeug. Sei es das gemeinsame Mittag- oder Abendessen oder der Sonntagsbrunch bei Oma. Oder das Festessen. Wenn wir gemütlich und ausgelassen zusammen sein wollen, gibt es meistens etwas zu essen.

Das war bei den ersten Christen auch so. Eine der beliebtesten Geschichten über Jesus im Urchristentum handelt vom gemeinsamen Essen. Im Neuen Testament wird sie mit leichten Abwandlungen insgesamt sechs Mal erzählt, so oft wie keine andere Geschichte.

5000 Menschen werden satt

Jesus und die zwölf Jünger wollen am See Genezareth einen freien Tag allein miteinander verbringen. Sie ziehen sich zurück an ein einsames Plätzchen. Das allerdings bekommen die Bewohner aus den nahen Dörfern mit. Aus allen Richtungen kommen sie, immer mehr, Frauen Männer, Kinder und Alte. Sie wollen Jesus sehen, ihn berühren, mit ihm sprechen. Sie wollen geheilt werden - oder einfach nur gucken, was da los ist.

Jetzt sind sie alle da, 5000 Menschen. Aus dem geplanten gemütlichen Treffen ist ein Mega-Event geworden. Jesus wendet sich den Leuten zu und nicht, wie versprochen, endlich mal nur seinen Jüngern. Er redet von Gottes Reich und von Gottes Liebe, er macht Menschen gesund, die auf Heilung warten.

Es wird Abend. Die Jünger tippen Jesus an. „Lass gut sein jetzt“, sagen sie, „lass die Leute gehen. Sie werden Hunger haben und nach Hause wollen.“ Und, denken sie, wir möchten jetzt auch mal unsere Ruhe haben. „Gebt ihr ihnen zu essen“, sagt Jesus. Die Jünger zählen nach. Fünf Brote und zwei Fische - die reichen für ein Picknick unter Freunden, aber nicht für Tausende. „Oder meinst du,“ die Jünger schauen Jesus fragend an, „wir sollen etwas einkaufen für alle?“ Sie fühlen die paar Münzen in ihrer Tasche.

Jesus allerdings vertraut offenbar auf ein Wunder. Er lässt die Menschen sich auf den Boden setzen, in Gruppen zu 50. Er spricht das Dankgebet über die zwei Fische und fünf Brote und teilt sie aus. Plötzlich tauchen immer mehr Brote und Fische auf. Am Ende ist es sogar zu viel, zwölf Körbe bleiben übrig. Ein Wunder. Wie sich das Wunder vollzog? Das erklärt unsere Geschichte nicht. Wo das ganze Essen herkam? Vielleicht aus den Taschen der Leute. So stelle ich es mir vor. Sie holten heraus, was sie an Proviant dabei hatten und teilten es. Und alle wurden satt. Und auch für die Jünger wurde es so noch ein guter Abend.

Gemeinsames Essen verbindet. Das haben die ersten Christen auch erlebt. In den Gottesdiensten in den Urgemeinden haben sie damals richtig miteinander gegessen. Heute ist das in den Kirchen im Abendmahl immerhin noch angedeutet.

Brunch und Begegnung

Essen verbindet. Das können die meisten aus eigener Erfahrung bestätigen. Grund genug, auch besondere Anlässe für gemeinsame Tischrunden zu schaffen. In unserer Region passiert das in ein paar Tagen. Viele Ehrenamtliche helfen. Sie bereiten einen Brunch vor, um Flüchtlinge einzuladen und sie willkommen zu heißen. Einfach mal so, zwischendurch. Mit Spielen für die Kinder, mit Musik, mit Gesprächen. Dorfbewohner und Flüchtlinge in unserem ländlichen Raum sollen sich kennenlernen und eine gute Zeit miteinander verbringen. In den Flüchtlingsunterkünften gibt es nur wenig Kontakte nach draußen. Zu diesem Brunch werden viele irgendetwas mitbringen. Die bunt gedeckte Tafel wird die verschiedenen Menschen miteinander verbinden. Das gemeinsame Essen erst recht.

Ralph Frieling (Jahrgang 1966) ist Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Weslarn in Westfalen.

Ralph Frieling Author
Bild: GEP

Er hat nach einem Studienjahr in Nes Ammim (Israel) evangelische Theologie in Heidelberg und zwei Semster in Melbourne (Australien) studiert. Es folgte Ende der Neunziger Jahre das Vikariat in Berlin; dort hat er auch angefangen, regelmäßig Radiosendungen zu machen.

Anschließend war er vier Jahre lang Studienleiter in der Evangelischen Akademie Iserlohn im „Institut für Kirche und Gesellschaft“ der Evangelischen Kirche von Westfalen. 2004 wechselte er als Pfarrer in die Gemeinde, zuerst im Kirchenkreis Hamm, dann ab 2008 in den Kirchenkreis Soest.

Ralph Frieling geht gerne auf Reisen, liebt Bach und dessen Kantaten, kocht gern und sammelt australische moderne Kunst. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.