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Gegen Terror nicht versicherbar

Johannes Beck/im8. September 2002

Die Terror-Anschläge vom 11. September sprengten alle bisherigen Vorstellungen über das Ausmaß von Terrorschäden - auch für die Versicherungen.

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Bild: AP

Nach dem Hurrikan Andrew 1992 zahlten die Versicherungen 17 Milliarden US-Dollar, nach dem Erdbeben von Los Angeles 1994 15,3 Milliarden US-Dollar. Das waren die teuersten Versicherungsschäden der Geschichte. Das waren sie - bis exakt 8.45 Uhr am 11. September 2001, als eine Boeing 767 der American Airlines in den Nordturm des World Trade Centers einschlug.

Der Terror-Anschlag auf das World Trade Center stellte alle bisherigen Versicherungsschäden in den Schatten: Das deutsche Unternehmen Gerling geht von einem versicherten Schaden von insgesamt 50 Milliarden Dollar aus - mehr als Hurrikan Andrew und das Los Angeles-Erdbeben zusammen. Insgesamt schwanken die Schätzungen aber zwischen 30 und 60 Milliarden Dollar.

Herber Schlag für deutsche Versicherungen

In jedem Fall ein gewaltiger Schaden für die weltweite Versicherungsbranche. Dabei waren nach den US-Konzernen die deutschen Versicherer am stärksten betroffen. Nach Berechnungen der Kreditbewertungsagentur Standard and Poor's entfielen auf deutsche Versicherungsunternehmen 15 Prozent des Gesamtschadens.

Am stärksten traf es die Münchener Rück, die weltweite Nummer Eins der Rückversicherer sozusagen die Versicherung der Versicherungen. Tiefe Spuren hat der Anschlag auch beim Gerling-Konzern hinterlassen. Er spricht in seinem Jahresbericht 2001 gar vom "schwersten Jahr in der Geschichte seit Beginn der Versicherungswirtschaft". Die Allianz, Europas größter Finanzkonzern, musste gar netto 1,5 Milliarden Euro Schaden schultern. Damit ist die Allianz nach der Münchener Rück der am zweitstärksten betroffene Konzern in Deutschland.

Nicht nur das World Trade Center

Der direkte Gebäudeschaden an den Zwillingstürmen, Betriebsunterbrechungen bei über 300 Unternehmen im World Trade Center, beschädigte Nachbargebäude wie das World Financial Center - das sind die großen Schäden auf den ersten Blick. Dabei blieb es aber nicht: Andreas Shell, der für die Allianz die weltweite Koordination der World Trade Center-Schäden übernommen hat, betont: "Wir haben auch Haftpflichtschäden im Bereich der Luftfahrt. Es geht weiter über so genannte Marine-Schäden, das sind Transportversicherungs-Schäden. Zum Beispiel Luxus-Dampfer, die aus dem Bereich des World Trade Center hätten auslaufen sollen. Dort konnte dann die Reise nicht angetreten werden, und dem Unternehmen sind so Ausfälle entstanden."

Epochenwende im Versicherungsgeschäft

Auf die überraschend hohen Terrorschäden reagierten Allianz, Münchener Rückversicherung und Gerling wie die meisten Firmen der Branche mit Prämien-, also Preiserhöhungen und entsprechende "Ausschlüsse", wie es so schön im Versicherungsdeutsch heißt. Bisher konnten durch Terror verursachte Schäden im Rahmen einer Allgefahren-Deckung mit abgedeckt werden, erklärt Andreas Shell von der Allianz. Und dieses Deckungselement sei jetzt komplett draußen. Das Terrorrisiko sei nun für Industriekunden generell von den Normalverträgen ausgeschlossen und müsse separat versichert werden.

In einigen Bereichen wie bei Flugzeugen sind Terrorrisiken derzeit überhaupt nicht versicherbar. Doch es ist Besserung in Sicht: Gemeinsam wollen zahlreiche deutsche Versicherungsunternehmen ab Herbst unter dem Arbeitstitel "Extremus" Terrorrisiken bis drei Milliarden Euro versichern. Ein bisher einmaliges Projekt, zumal für höhere Schäden bis zu weiteren zehn Milliarden Euro die Bundesregierung aufkommen wird.

Der 11. September kann als Epochenwende im Versicherungsgeschäft gelten. Für Andreas Shell von der Allianz gibt es Natur-Katastrophen, die vom Volumen her an das Ereignis heranragen. Aber von der Intensität und der langfristigen volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen müsse man den Anschlag auf das World Trade Center als einzigartiges Ereignis begreifen.