Gefährliche Neugier
16. Juni 2009Nach dem Sturz der Taliban und dem Amtsantritt von Präsident Karzai im Dezember 2001 begannen afghanische Frauen in unterschiedlichen Medienbereichen zu arbeiten: bei Zeitschriften oder Zeitungen, für Radio und Fernsehen. Wie viele es genau sind, ist nicht bekannt, denn Statistiken darüber gibt es nicht. Eins ist allerdings klar: Die Frauen haben bei der Ausübung ihres Berufes mit einer ganzen Reihe von Problemen zu kämpfen – müssen auch um ihre persönliche Sicherheit fürchten, berichtet Hamide Osman. Sie ist selbst Journalistin, arbeitet als Reporterin bei Radio Azadi in Kabul. "Oft werden Frauen von lokalen Kommandanten oder bewaffneten Gruppierungen bedroht – auch von den Taliban.“ Eine Methode, um negativer Berichterstattung vorzubeugen, glaubt Osman. Die Frauen seien diesen Angriffen und Einschüchterungen oft schutzlos ausgeliefert.
Bezahlen mit dem eigenen Leben
Und manchmal bleibt es nicht bei Drohungen. Traurige Schlagzeilen machte der Mord an Zakiye Zaki, der Chefredakteurin von Radio Solh (Frieden) in der östlichen Provinz Parwan im Juni 2007. Die Täter sind bis heute nicht gefasst. Auch Niloofar Habibi sollte umgebracht werden. Aber: Die ehemalige Journalistin des staatlichen Fernsehens "Herat TV“ überlebte im Mai 2008 den Anschlag auf ihr Leben. "Die Drohungen begannen in der Form von SMS“, erinnert sie sich. Wenige Tage später wurde sie auf der Straße angehalten und angegriffen. Die Täter attackierten sie mit einer Rasierklinge. "Beim nächsten Mal war ich zu Hause, als sie mich mit einem Messer verletzt haben.“ Nach diesem zweiten Angriff zog Niloofar Habibi für sich die Konsequenzen: Sie verließ ihre Heimat und wanderte aus, zunächst in ein arabisches Land und von dort weiter nach Europa.
Vorsichtiger Zweckoptimismus
Trotz aller Probleme aber sind sich die afghanischen Journalistinnen einig, dass sie einiges erreicht haben und dass es ihnen verglichen mit der Vergangenheit heute deutlich besser geht. Sie begnügen sich nicht länger mit der Arbeit innerhalb Afghanistans, sondern arbeiten auch mit internationalen Medien zusammen. Eine gute Plattform, um sich auszutauschen. So hat die in Deutschland lebende Journalistin Schakiba Babouri mit einer Partnerin in Afghanistan zusammengearbeitet: "Gemeinsam mit der Fotografin Farzana Wahidi habe ich eine Ausstellung über Waisenkinder in Afghanistan vorbereitet“, erzählt sie. Ziel der Aktion war es, die Bilder im Ausland zu zeigen. Im Frühjahr 2008 wurden die Fotos in München ausgestellt.
Langsames Umdenken
Nicht zuletzt durch derartige Projekte wird die Öffentlichkeit aufmerksam auf die Probleme afghanischer Journalistinnen, glaubt Schabika Babouri – in Deutschland, aber auch in Afghanistan selbst. "Ich fühle, dass in meiner Heimat mittlerweile viele Leute die Notwendigkeit sehen, afghanischen Journalisten - besonders Frauen – eine gute Ausbildung zu bieten.“ Fortbildungskurse und der Kulturaustausch mit dem Ausland tragen dazu bei, dass Frauen in afghanischen Medien selbstbewusster werden, sagen die Journalistinnen. Sie hoffen, dass diese Unterstützung ausgebaut wird, damit die Frauen in Zukunft freier arbeiten und sich bei Angriffen besser zur Wehr setzen können.
Autorin: Mehrnoosh Entezari
Redaktion: Esther Broders