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KonflikteNahost

Gaza-Krieg: EU-Minister für "unmittelbare" Feuerpausen

13. November 2023

Die 27 EU-Außenminister bekräftigen ihre Forderung nach Feuerpausen im Nahost-Konflikt. Neu ist dabei das Wort "unmittelbar". EU-Chefdiplomat Josep Borrell kündigt eine Nahost-Reise an. Nachrichten im Überblick.

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EU Brüssel Außenministertreffen Josep Borrel
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrel (3.v.li.) diskutiert mit Außenminstern der Europäischen Union Bild: Virginia Mayo/AP Photo/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • EU-Außenminister fordern "unmittelbare" Feuerpausen
  • EU: Hamas setzt Zivilisten als Schutzschilde ein
  • Freilassung weiterer Geiseln im Gazastreifen möglich
  • Scholz: Sofortiger Waffenstillstand wäre "nicht richtig" 
  • Thunberg positioniert sich wieder gegen Israel

Die EU dringt auf humanitäre Kampfpausen im Nahost-Krieg. "Angesichts der humanitären Lage muss es unbedingt Feuerpausen geben und zwar unmittelbar", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Anschluss an ein Treffen der 27 EU-Außenminister in Brüssel. Auf die Erklärung hatten sich die Vertreter der EU-Staaten bereits am Sonntag vor dem Treffen geeinigt. Neu ist die Forderung insofern, als dass die Pausen "unmittelbar" erfolgen sollen. Es brauche humanitäre Korridore, damit Hilfe nach Gaza gelange.

Borrell kündigte zudem eine Nahost-Reise für die kommenden Tage an. Er plane für diese Woche eine Reise nach Israel und in die Palästinensergebiete sowie nach Bahrain, Saudi-Arabien, Katar und Jordanien, sagte Borrell. Er wolle "mit führenden Politikern der Region über humanitäre Hilfe und politische Fragen" sprechen.

EU Brüssel Josep Borrel
Auf seiner Nahost-Reise will Josep Borrell mit Politikern über humanitäre Hilfe und politische Fragen sprechenBild: Dursun Aydemir/Andalou/picture alliance

Beim Treffen des Rates für Auswärtige Angelegenheiten war auch der zuständige Kommissar Janez Lenarcic anwesend. Seinen Angaben zufolge gibt es in Gaza keine Grundversorgung mit Wasser, Lebensmitteln oder Arzneimitteln.

EU-Chefdiplomat will Zwei-Staaten-Lösung

Die EU setzt sich mit Nachdruck für humanitäre Korridore ein, damit Hilfe in den Gaza-Streifen gelangen kann. 40 Lastwagen kämen derzeit pro Tag über den Grenzübergang Rafah zwischen Gaza und Ägypten. Das sei sehr wenig, betonte Borrell. Vor dem Krieg seien es 500 Lastwagen pro Tag gewesen. Eine Überlegung sei daher, Hilfsgüter über das Meer zu bringen.

Man müsse jetzt das Ende des Konflikts und eine längerfristige Perspektive in den Blick nehmen, sagte der EU-Chefdiplomat. "Diese Lösung kann nur die Schaffung von zwei Staaten sein." 

EU: Hamas setzt Zivilisten als Schutzschilde ein

Die Europäische Union hat der radikalislamischen Hamas vorgeworfen, Krankenhäuser und Zivilisten im Gazastreifen als "menschliche Schutzschilde" zu benutzen. In einer Erklärung, die der Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der EU verbreitete, wurde Israel zugleich zu "größtmöglicher Zurückhaltung" aufgerufen, um das Leben von Zivilisten zu schützen. Israel wirft der Hamas vor, Kommandozentralen unter und in der Nähe von Kliniken eingerichtet zu haben. Die Hamas bestreitet dies.

"Die EU ist zutiefst besorgt über die Verschärfung der humanitären Krise im Gazastreifen", erklärte Borrell. Die EU schließe sich den Forderungen nach "sofortigen" Kampfpausen und der "Einrichtung humanitärer Korridore" an, um die Bevölkerung des Gazastreifens mit humanitärer Hilfe versorgen zu können. "Zivilisten müssen die Möglichkeit haben, das Kampfgebiet zu verlassen."

Freilassung weiterer Geiseln im Gazastreifen möglich 

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Möglichkeit eines Abkommens über die Freilassung weiterer von der Hamas verschleppter Geiseln angedeutet. Auf die Frage, ob eine solche Vereinbarung kommen könnte, sagte Netanjahu dem US-Fernsehsender NBC: "Das könnte sein." Er fügte hinzu: "Je weniger ich mich zu diesem Thema äußere, desto mehr erhöhe ich die Chancen, dass dies Wirklichkeit wird." Entsprechende Verhandlungen seien bis zum Beginn der israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen überhaupt nicht vorangekommen, so Netanjahu. "Aber in dem Moment, als wir mit der Bodenoffensive begannen, begannen sich die Dinge zu ändern."

Personenfotos mit Beschriftung #Bringthemhome
Fotos von Menschen, die in den Gazastreifen verschleppt wurden, auf einer ProjektionBild: Bernd Riegert/DW

NBC und andere US-Medien berichteten unter Berufung auf Regierungskreise, diskutiert werde, dass die Hamas etwa 80 Frauen und Kinder freilassen könnte - im Gegenzug für palästinensische Frauen und Teenager, die in Israel in Gewahrsam seien. Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sagte dem Sender ABC, es liefen Verhandlungen, an denen Katar beteiligt sei. Die US-Regierung sei darin aktiv eingebunden. 

Netanjahu: USA und Europa "als nächstes dran"

Der israelische Premier Benjamin Netanjahu hat an die Amerikaner appelliert, den Krieg gegen die Terrororganisation Hamas auch als ihren Krieg anzusehen. "Es ist nicht nur unser Krieg, es ist auch euer Krieg", mahnte Netanjahu im US-Fernsehen. "Es ist die Schlacht der Zivilisation gegen die Barbarei", sagte er dem Sender CNN. Wenn Israel den Krieg nicht gewinne, dann werde sich die Geißel über den Nahen Osten hinaus weiter ausbreiten und danach Europa und die USA befallen. "Ihr werdet als nächstes dran sein", warnte Netanjahu.

Israel Premierminister Benjamin Netanjahu
Sieht auch die USA und Europa in Gefahr: Benjamin Netanjahu (Archiv)Bild: Christophe Ena via REUTERS

Wachsende internationale Kritik an der hohen Zahl der getöteten Zivilisten in dem Krieg wies der israelische Regierungschef einmal mehr vehement zurück. "Israel kämpft im Einklang mit dem Völkerrecht", betonte er. "Die israelische Armee leistet vorbildliche Arbeit, indem sie versucht, die Opfer unter der Zivilbevölkerung so gering wie möglich zu halten." Jedes verlorene Leben von Zivilisten sei eine Tragödie. Doch die Schuld dafür liege allein bei der Hamas.

Fünf Wochen nach dem brutalen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel, der den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte, gibt es vermehrt Forderungen nach einem Schweigen der Waffen. Die Arabische Liga und die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) verlangten bei einem Gipfeltreffen am Wochenende in Saudi-Arabien ein Ende der "brutalen Aggression" Israels im Gazastreifen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte am Sonntag die USA auf, Israel zum Stopp seiner Offensive im Gazastreifen zu bringen. "Es ist lebensnotwendig, dass wir einen Waffenstillstand erreichen", sagte Erdogan.

Saudi-Arabien, Riad | Gipfel der Arabischen Liga - Gruppenbild
Die Arabische Liga fordert einen Stopp der israelischen Angriffe auf Ziele im GazastreifenBild: Office of the Palestinian President/dpa/picture alliance

Scholz: Sofortiger Waffenstillstand wäre "nicht richtig" 

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich gegen einen sofortigen Waffenstillstand im Hamas-Israel-Krieg ausgesprochen. Zwar könnten humanitäre Pausen einen Sinn ergeben, um etwa Verwundete aus dem Gazastreifen herauszuholen, sagte Scholz. "Aber ich gebe gerne zu, dass ich die Forderung, die einige aufstellen, nach einem sofortigen Waffenstillstand oder einer langen Pause - was ja quasi das Gleiche ist - nicht richtig finde." Ein Waffenstillstand würde letztendlich bedeuten, "dass Israel die Hamas sich erholen lassen soll und wieder neue Raketen anschaffen lassen soll. Damit die dann wieder schießen können. Das wird man nicht akzeptieren können", meinte der Kanzler, der sich auf einer Veranstaltung der Zeitung "Heilbronner Stimme" äußerte.

Thunberg positioniert sich wieder gegen Israel

Ungeachtet aller Kritik an ihr hat die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg erneut eine Möglichkeit genutzt, öffentlichkeitswirksam für die Palästinenser Partei zu ergreifen. Mit einem traditionellen schwarz-weißen Palästinensertuch um den Hals sagte sie am Sonntag bei einer per Livestream übertragenen Kundgebung in Amsterdam, die Klimaschutz-Bewegung habe die Pflicht, "auf die Stimmen jener zu hören, die unterdrückt sind und die für Frieden und Gerechtigkeit kämpfen". Dann gab Thunberg das Mikrofon weiter an eine Frau, die ebenfalls ein Palästinensertuch trug und behauptete, Israel begehe "in meinem Land einen Völkermord".

Niederlande, Amsterdam | Sahar Shirzad und Greta Thunberg bei Klimaprotesten
Greta Thunberg (M.) mit Palästinensertuch in AmsterdamBild: Peter Dejong/AP/dpa/picture alliance

Viele Teilnehmer der Kundgebung reagierten empört. Ein Mann sprang vor laufenden Kameras auf die Bühne und rief ins Mikrofon: "Ich bin für eine Klimademonstration hierher gekommen, nicht, um politische Ansichten zu hören." Thunberg appellierte daraufhin an die Teilnehmer, Ruhe zu bewahren und skandierte dann mehrfach: "No climate justice on occupied land." ("Auf besetztem Land gibt es keine Klimagerechtigkeit.")

nob/hf/uh/wa/gri/ack (dpa, afp, rtr)