1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Keine Vertragsänderung

9. Dezember 2011

23 EU-Staaten wollen einen eigenen Vertrag zur Haushaltsdisziplin schließen. Nach einem langen Verhandlungs-Marathon einigten sich die Staats- und Regierungschefs. Großbritannien ist weitgehend isoliert.

https://p.dw.com/p/S0rG
David Cameron geht an Journalisten vorbei (Foto: dapd)
Bild: AP
Nicolas Sarkozy (Foto: dapd)
Klare Worte fand Nicolas SarkozyBild: dapd

Deutschland und Frankreich haben sich mit einigen ihrer wichtigsten Forderungen beim Gipfel durchgesetzt, aber eine Vertragsveränderung für alle 27 EU-Staaten ist vorerst gescheitert. Jetzt wollen die 17 Euro-Länder plus sechs weitere Staaten einen separaten Vertrag schließen. Die Staats- und Regierungschefs stimmten der Einführung nationaler Schuldenbremsen und quasi automatischen Sanktionen gegen Defizitsünder am Freitagmorgen (09.12.2011) zu, so wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy es beinahe kategorisch gefordert hatten.

Der dauerhafte Rettungsfonds ESM soll schon früher als ursprünglich geplant, nämlich im Sommer 2012, startbereit sein. Die EU-Länder wollen außerdem dem Internationalen Währungsfonds 200 Milliarden Euro an Krediten geben, damit er maroden Staaten helfen kann. Und von gemeinsamen Euro-Anleihen ist erstmal keine Rede mehr. Gerade der letzte Punkt lag der Kanzlerin ebenfalls besonders am Herzen.

Der Vorteil ist die Schnelligkeit

Als "sauberste Lösung" galt eine Änderung der europäischen Verträge. Dann wären alle 27 EU-Staaten dabei, die EU-Institutionen wären voll eingebunden. Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der sehr dafür geworben hatte, machte aber am frühen Freitagmorgen gute Miene zum bösen Spiel. "Natürlich wäre uns eine einstimmige Einigung lieber gewesen. Aber das war nicht möglich. Daher glaube ich, blieb als einzige Alternative dieser zwischenstaatliche Vertrag." Die Vertragsänderung hätte allerdings einen langwierigen Ratifizierungsprozess und in manchen Ländern Volksabstimmungen mit entsprechend ungewissem Ausgang vorausgesetzt.

Ratspräsident Herman Van Rompuy sieht sogar Vorteile in der jetzt gefundenen Lösung. "Für einen zwischenstaatlichen Vertrag bekommt man viel schneller die Zustimmung und Ratifizierung. Und ich glaube, das Tempo ist sehr wichtig, um die Glaubwürdigkeit zu stärken."

Sarkozy beschwert sich über Cameron

David Cameron (Foto: AP)
Cameron wehrt sich gegen KritikBild: dapd

Der Grund, warum die Vertragsänderung erst einmal aufgegeben wurde, hat vor allem einen Namen: David Cameron. Der britische Premierminister hatte einen besonderen Schutz für die heimische Finanzbranche verlangt, zum Beispiel Ausnahmen von Regulierungsbestimmungen oder der geplanten Finanztransaktionssteuer. Auf solche Sonderwünsche wollten sich Merkel und Sarkozy aber nicht einlassen. Sarkozy kann die Position der britischen Regierung, die dem Euro bewusst fernbleiben will, einfach nicht nachvollziehen: "Man kann nicht einerseits eine Opt-out-Klausel fordern, um nicht im Euro zu sein, aber andererseits fordern, an allen Entscheidungen zum Euro teilzunehmen."

Cameron will niemals dem Euro beitreten

Es heißt, mit sehr viel böseren Worten habe Sarkozy das Cameron einmal in einer Sitzung an den Kopf geworfen. Dass die Briten jetzt draußen stehen, dürfte noch für eine Menge schlechte Stimmung sorgen. Cameron selbst zeigte sich gegenüber der Presse eher trotzig. "Wir werden niemals dem Euro beitreten. Wir werde niemals die Souveränität aufgeben, die diese Länder aufgeben müssen, um einer Fiskal-Union beizutreten." Egal, ob es der Eurozone jetzt gelingen wird, die Krise in den Griff zu bekommen, die Spaltung in der EU wird sich jetzt in jedem Fall vertiefen.

Autor: Christoph Hasselbach, Brüssel
Redaktion: Marion Linnenbrink