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Saudi-Arabiens Netzwerk für Fußball-WM 2030

Kaki Bali Athen | Jens Krepela | Emad-Eddin Sayed Hassan
2. März 2023

Um die Fußball-WM 2030 ins Land zu holen, umwirbt Saudi-Arabien Griechenland und Ägypten als Partnerländer für das Turnier. Dort weckt das Projekt Goldgräberstimmung, aber auch Vorbehalte, wie eine DW-Recherche zeigt.

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Symbolbild: Hände strecken im goldenen Konfettiregen den WM-Pokal in die Höhe
Bild: Denis Tyrin/TASS/dpa/picture alliance

Mit dem Zuschlag für die Klub-WM 2023 hat Saudi-Arabien gerade erst einen Coup gelandet. Doch der Ehrgeiz ist noch viel größer. 2030 will man die Fußball-WM ins Land holen. Nur acht Jahre nach dem Turnier in Katar wird es vom Weltverband FIFA jedoch kaum einen Zuschlag für eine Weltmeisterschaft geben, die erneut nur auf der arabischen Halbinsel ausgetragen wird.

Deshalb streben die Verantwortlichen in Riad eine gemeinsame Bewerbung mit Ägypten und Griechenland an. Diese Verbindung aus drei Kontinenten erhöht die Chancen auf den Zuschlag, so das Kalkül.

Unmoralisches Angebot 

Auf Anfrage der DW bestätigt der griechische Sportminister Lefteris Avgenakis Gespräche zwischen den drei Ländern, bleibt aber eher vage: "Die Gespräche befinden sich noch in einem frühen Stadium der Prüfung von Möglichkeiten zur Einreichung einer Kandidatur", sagt er. Für die Fußball-Fans in Griechenland klingt das dennoch wie ein Traum: ihre Heimat als Co-WM-Gastgeber - wer gerät da nicht ins Schwärmen?

Der Blick auf die Voraussetzungen dafür ist jedoch trist. Nur ein einziges Stadion im ganzen Land wäre derzeit mit Abstrichen überhaupt WM-tauglich: das Olympiastadion von 2004. Die Klubs Panathinaikos aus Athen und PAOK aus Thessaloniki bauen zwar gerade neue Arenen, die werden jedoch nach jetzigem Stand zu klein. Die FIFA schreibt eine Mindestkapazität von 40.000 Plätzen vor.

Um den WM-Traum dennoch Wirklichkeit werden zu lassen, ist der Investitionsbedarf der Griechen dementsprechend groß. Da kommt ein unmoralisches Angebot gerade recht: nach Medienberichten hat Saudi-Arabien zugesagt, sämtliche Baukosten zu übernehmen. Das könnte Möglichkeiten eröffnen, die offenbar auch Sportminister Avgenakis erkannt hat. Böse Zungen behaupten, er wäre nicht abgeneigt die Mittel für ein großes Stadion nach Heraklion zu lotsen. Dort liegt sein Wahlkreis. 

Ägyptischer Stolz als Hindernis?

"Ägypten ist absolut in der Lage, ein solch großes Turnier auszurichten - sei es in Bezug auf Infrastruktur, Stadien oder den Transport", gibt sich Ahmed Abbas im DW-Interview überzeugt. Er ist Spielerberater und hat enge Kontakte zum ägyptischen Fußballverband EFA, der sich auf Anfrage jedoch nicht zu etwaigen WM-Plänen äußern möchte. "Hinzu kommt, dass Ägypten auch Erfahrung als Ausrichter solcher Großveranstaltungen hat", betont Abbas. Der 100-Millionen Einwohner-Staat am Nil war zuletzt 2006 und 2019 Gastgeber des Afrika-Cups.

Ein chinesischer Arbeiter steht mit Helm und Blaumann vor der riesigen Baustelle der neuen Hauptstadt Ägyptens. Sie wird 45 Kilometer östlich von Kairo errichtet.
Ägyptens neue Hauptstadt: 45-Milliarden Megaprojekt mit Sportkomplex, errichtet mit Mitteln aus ChinaBild: Khaled Desouki/AFP

Die ägyptischen Ambitionen auf noch größere Sportereignisse lassen sich am besten etwa 50 Kilometer östlich von Kairo bestaunen. Auf einer riesigen Baustelle wird die neue, noch namenlose Verwaltungshauptstadt des Landes errichtet. Zu diesem aus dem Boden gestampften Projekt gehört auch ein Sportkomplex, mit dem sich Ägypten Chancen auf die Olympischen Spiele 2036 ausrechnet. Das fast fertiggestellte Stadion fasst knapp 94.000 Zuschauer und ist damit das zweitgrößte des afrikanischen Kontinents.

Größte Hürde für eine WM-Bewerbung ist also kaum das Organisatorische, sondern es könnte das Selbstverständnis der Ägypter sein, das sich aus der jahrtausendealten Geschichte des Landes speist. "Es wäre Saudi Arabien, das einen Großteil der WM-Spiele ausrichten würde", sagt Majid al-Khulaifi, Chefredakteur der Zeitung "Doha Stadium" aus Katar, mit Verweis auf die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der drei Länder. "Ähnlich wie bei der WM 2026, bei der in elf US-Städten gespielt wird und sich lediglich fünf Austragungsorte auf Mexiko und Kanada verteilen."

Ägypten wäre also nur einer der Junior-Partner des Trios. Eine Rolle, die man Fans und Bevölkerung erst einmal schmackhaft machen müsste.

Wahltaktik und WM-Bewerbung

Vorbehalte gibt es auch in Griechenland. Deshalb will die Regierung von Kyriakos Mitsotakis das Thema bis zur anstehenden Parlamentswahl bewusst klein halten. Der Amtsinhaber geht mit guten Chancen ins Rennen. Sollte Mitsotakis über den avisierten Wahltermin Anfang April hinaus Premierminister bleiben, ist fest mit einer gemeinsamen WM-Bewerbung zu rechnen. Er steht dem Projekt wohlwollend gegenüber, außerdem pflegt er eine gute Beziehung zum saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Im Juli 2022 lud er ihn nach Athen ein.

Kronprinz bin Salman und Griechenlands Premier Mitsotakis besichtigen gemeinsam  das Akropolis-Museum in Athen.
Autoritärer Herrscher besucht die Wiege der Demokratie: Kronprinz bin Salman und Griechenlands Premier MitsotakisBild: dDimtiris Papamitsos/Greek Prime Minister's Office/AP/dpa/picture alliance

Es war der erste Besuch des saudischen Herrschers in Europa, seit dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi vor vier Jahren. Zwischen den Regierungen in Athen und Riad gibt es mittlerweile eine enge militärische Zusammenarbeit und den Willen, die Kooperation auf anderen Feldern auszuweiten.

Eines der Vorzeigeprojekte ist das Untersee- und Landkabel (East To Med Data Corridor) für die Datenübertragung zwischen Griechenland und Saudi-Arabien. Eine Untersee-Stromtrasse soll die Griechen bald auch mit dem möglichen dritten WM-Partner Ägypten verbinden.

Eine gemeinsame Bewerbung passt demnach ins Bild. Unterstützung dafür kommt auch vom griechischen Fußballverband EPO: "Wenn der Premierminister entscheidet, werde ich die Kandidatur mit beiden Händen unterschreiben", sagt EPO-Präsident Takes Baltakos.

FIFA und die Menschenrechte

Doch bis wann müsste eine Bewerbung für 2030 überhaupt auf den Weg gebracht werden? Auf Anfrage bittet die FIFA um Geduld. Im Frühsommer sei mit Details zum Bewerbungsprozess und einem Zeitplan zu rechnen, teilt ein Sprecher mit. Dann will der Weltverband auch ein Lastenheft für die Bewerber veröffentlichen, ähnlich wie für das Turnier 2026. Darin fanden zuletzt auch ausdrücklich die Menschenrechte Erwähnung - ein Thema, bei dem Saudi Arabien von internationalen Beobachtern häufig kritisiert wird.

Die Entscheidung soll dann beim FIFA-Kongress 2024 in Osaka in Japan fallen. Die Konkurrenz wird hart: Aus Südamerika haben Weltmeister Argentinien, Uruguay, Chile und Paraguay ihre Bewerbung schon offiziell gemacht. Neben der großen Fußballbegeisterung gibt ihnen auch die Symbolik Rückenwind. 1930, hundert Jahre zuvor, stieg in Uruguay die erste Fußball-WM der Geschichte. 

Journalist Majid al-Khulaifi räumt Saudi-Arabien im Falle einer Bewerbung dennoch gute Chancen ein. Das Verfahren, bei dem alle 211 Verbände der FIFA in transparenter Abstimmung über die Vergabe entscheiden, spreche dafür. "Es ist eine kluge Wahl bei der Organisation auf Griechenland und Ägypten zu setzen." Ägypten habe sowohl in der arabischen Welt, als auch in Afrika starke Beziehungen, "Griechenland kann sicherlich europäische Unterstützung mobilisieren", erwartet er.

Die Regierung in Riad selbst könne auf die Stimmen der Golfstaaten zählen, und sei auch in Asien gut vernetzt. Die Bewerbung mehrerer Länder auf verschiedenen Kontinenten sei zudem ganz im Sinne von FIFA-Präsident Gianni Infantino - "um das Spiel weiter zu verbreiten", berichtet al-Khulaifi, der mit dem FIFA-Chef in Katar gesprochen hat.

Wer auch immer am Ende die WM 2030 ausrichten wird, muss Geld und Einfluss gewinnbringend einsetzen. Saudi Arabien hat bereits gezeigt, dass es weiß, wie das geht.

Foto-Porträt einer Frau mit braunen Haaren, blauen Blazer und grauem T-Shirt
Kaki Bali DW-Korrespondentin in Griechenland
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Jens Krepela Redakteur, Reporter, Autor