Frust an der Tankstelle
5. März 2012Langsam, beinahe Zentimeter um Zentimeter schieben sich die Autos voran. Stau. Fast möchte man seinen Augen nicht trauen, denn wer erwartet bei diesen Benzinpreisen schon Schlangen vor einer Tankstelle? Doch es staut sich nur vor der Einfahrt zu einem Parkhaus, die zufälligerweise direkt neben dem Gelände der Tankstelle in der Kölner Cäcilienstraße liegt. An den Zapfsäulen selbst herrscht gähnende Leere. Kein Wunder bei Preisen von über 1,61 Euro für einen Liter Superbenzin.
Beruflich darauf angewiesen
Ein Mann tankt seinen Kombi voll. Als Selbstständiger im Messebau ist er auf das Auto angewiesen, erzählt er. Daher ist für ihn die derzeitige Situation besonders hart. "Das macht sich unheimlich bemerkbar im Portemonnaie. Ich sehe aber im Moment keine Alternative zum Auto. Ich muss damit immer zur Arbeit und muss auch Material mitnehmen. Da geht es nicht anders", sagt er missmutig.
Nur wenige Autos kommen zum Tanken. Die Anlage ist oft wie verwaist. Ein Student fährt als nächster seinen Wagen vor. Konzentriert blickt er auf die Anzeige, in der die Euros nur so über die Anzeige rattern. Ja keinen Euro zu viel im Tank versenken, sagt er, und stoppt den Tankvorgang, bevor es zu teuer für ihn wird.
Eilig springt ein Mann aus seinem Wagen. Er öffnet den Kofferraum und holt einen Kanister hervor. Als wenn es morgen kein Benzin mehr geben würde, füllt er schnell noch eine günstige Notreserve ab. Schon verschwindet der Tankrüssel im Kanister. Immer wenn es einigermaßen preisgünstig sei, fülle er schnell einen Kanister ab, gesteht er.
Im ländlichen Bereich auf verlorenem Posten
Auch er beobachte die Benzinpreise genau. Er kenne die Tankstellen, die man eher nicht anfahren sollte und die, wo man günstiger davon komme. Doch ganz auf das Auto verzichten, kann auch er nicht. "Sicherlich versucht man das Fahren zu minimieren und zu kombinieren, aber das hält sich in einem geringen Rahmen." Im ländlichen Bereich sei der öffentliche Nahverkehr nicht so gut ausgebaut, sagt er und zuckt mit den Schultern.
Neben der Taktik, im Internet oder auf der Fahrt die Preise bei den verschiedenen Tankstellen zu vergleichen, tanken einige Kunden auch in Etappen. Hier mal ein paar Liter, dort mal ein paar mehr. Entdecken sie auf der Fahrt mal eine günstigere Tankstelle, wird schnell nachgetankt. Denn es schmerzt, wenn auf der Anzeige am Ende 90 Euro erscheinen.
Bis zum letzten Tropfen
Eine Frau die immer sparsam und wenig Auto fährt, steuert als nächstes ihren Kleinwagen an die Zapfsäule. Ihre Tankanzeige leuchtet schon auf Reserve. Sie hat keine Alternative, sie muss tanken. Da sie aber ohnehin wenig fährt, kann sie auf den Faktor Zeit hoffen. "Ich fahre jetzt in den nächsten zwei Wochen bestimmt kein Auto, vielleicht hat sich ja bis dahin der Preis etwas reguliert.
Vor allem Taxifahrer leiden unter der derzeitigen Preissituation. Ihnen bleibt keine andere Wahl. Tanken sie nicht, können sie kein Geld verdienen. "Ich tanke auch gar nicht mehr voll, immer nur ein Stück", sagt Taxifahrer sichtlich frustriert.
Alte Spartipps werden wieder hervorgekramt
An einer anderen Tankstelle im Süden von Köln ist es noch leerer. Die Kassiererin kann in aller Ruhe die Mülleimer an den Zapfsäulen leeren und eine Raucherpause machen. Keine Kunden weit und breit. Einer fährt dann doch noch vor. Er will sich nicht mehr über die Spritpreise beschweren. Das mache nur schlechte Laune. "Das ganze Spiel mit den Preisen hatten wir ja schon vor zwei Jahren. Und da hieß es ja auch schon: Öfter mal aufs Fahrrad oder Wagen leer räumen. Die ganzen Tipps, die kommen jetzt wieder. Aber das machen wir ja alle schon."
Auch er sei beruflich auf das Auto angewiesen. Mit dem öffentlichen Nahverkehr wäre er doppelt so lange unterwegs. Da nehme er die teuren Preise lieber in Kauf, sagt er.
Tankstellen-Boykott verpufft wirkungslos
Ein Mitarbeiter im Außendienst hat gerade seinen Dienstwagen in die Waschstraße gefahren, vorher war auch er tanken. Da seine Firma alle Benzinkosten bezahlt, achte er gar nicht auf den Preis. Aber er bringt eine interessante Idee ins Spiel, wie man den Preis vielleicht wieder drücken könnte: "Ich weiß nicht, welche Möglichkeiten es gibt, sich dagegen aufzulehnen. Das einzige wäre ja, wenn die Leute die Tankstellen boykottieren würden."
Auch die Idee eines Boykotts ist nicht neu. 1,3 Millionen Menschen hatten am 1. März 2012 über Facebook zu einem deutschlandweiten Tankstellen-Boykott aufgerufen. Ihr Protest sollte die Mineralölkonzerne in die Knie zwingen. Doch die Aktion verpuffte wirkungslos. An dem vermeintlichen Boykott-Tag wurde getankt, wie an jedem anderen Tag sonst auch.
Carsharing als Alternative?
Ein anderer Kunde fährt vor. Auf seinem Auto prangt das Wort Carsharing. Er besitzt das Auto nicht, sondern leiht es sich dann aus, wenn er es braucht. Die Tankrechnung zahlt die Carsharing-Firma. Ihm könnten die hohen Benzinpreise also egal sein. Sind sie aber nicht. "Ich zahle eine Pauschale und sie heben die auch immer wieder an. Dennoch ist Carsharing für mich die günstigere Alternative. Ich brauche ein Auto recht selten, da lohnt es sich nicht wirklich, ein eigenes zu kaufen."
Zwar habe er drei Kinder, doch mittlerweile machen sie vieles mit dem Fahrrad oder zu Fuß. "Einige Reisen fallen dann auch mal flach, weil wir kommen nicht überall zu Fuß hin", fügt er lächelnd hinzu.
Carsharing wäre also eine Alternative gegen die hohen Spritpreise. Und natürlich das Fahrrad oder der öffentliche Nahverkehr. Aber wer beruflich auf das Auto angewiesen ist, hat keine andere Wahl.
Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Sonila Sand