Freund und Patenkind: Die USA und Israel
20. Oktober 2009"Um ehrlich zu sein, ich hatte mir von den amerikanischen Bemühungen und den bisher sieben Reisen des Nahostbeauftragten George Mitchell mehr versprochen", konstatiert der jordanische König Abdullah resignierend in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung "La Republicca". In Washington spreche man fast nur vom Iran und lasse dabei außer Acht, dass im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern wertvolle Zeit verstreiche. Schon nächstes Jahre könne es für eine Lösung zu spät sein, besonders angesichts der ungebremsten Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten.
George Mitchell und die sieben Reisen
Was Abdullah erwartungsfroh auf die neue Regierung von Barack Obama blicken ließ, beschwor in Israel düstere Prognosen. Der neu berufene Nahost-Gesandte Mitchell war als ausgesprochener Kritiker der israelischen Siedlungspolitik bekannt. Also unkten israelische Kommentatoren, Washington könne versucht sein, die Finanzgarantien für Israel um eine Milliarde Dollar oder auch die Militärhilfe zu kürzen, wenn Jerusalem, damals noch unter Führung von Ehud Olmert, nicht bereit sei, seine Siedlungspolitik in der Westbank zu stoppen und Siedlungs-Außenposten aufzulösen. Die hatte Israel selbst als "illegal" bezeichnet, weil sie ohne Regierungsbeschluss eingerichtet wurden.
Die Furcht vor amerikanischen Finanz-Sanktionen schien die israelische Politik jedoch wenig zu erschüttern. Besonders nicht, als Olmert vom Führer des nationalistischen "Likud", Benjamin Netanjahu, abgelöst wurde. Dieser denkt gar nicht daran, die Siedlungspolitik zu stoppen, von der er blauäugig behauptet, sie diene nur dazu, den Bevölkerungszuwachs der bestehenden Siedlungen aufzufangen. In der Tat war aus Washington nicht zu hören, dass die Hilfe für Israel geschmälert werde. Im Jahr 2007 vereinbarten Israel und die USA, dass Jerusalem aus Washington in den folgenden zehn Jahren Militärhilfe in Höhe von 30 Milliarden Dollar erhält.
Siedlungspolitik bleibt größtes Hindernis
Hatte Washington die Siedlungspolitik zunächst als Hindernis für die Friedensbemühungen verurteilt und ihre Einstellung gefordert, so ist davon nicht mehr die Rede. Dem spanischen Ministerpräsidenten Zapatero vertraute Ministerpräsident Netanjahu kürzlich an, die "Meinungsverschiedenheiten" mit Washington in dieser Frage seien ausgeräumt. Er blieb die Erklärung schuldig, wie das geschehen sein soll, das Schweigen aus Washington scheint es aber zu bestätigen.
Damit könnte Israel zurückgekehrt sein in die Rolle des engsten Freundes und teuersten "Patenkind" der USA. Bei der Gründung Israels war Washington noch skeptisch, weil es einen Dauerkonflikt in Nahost fürchtete. Es war der damalige sowjetische Vertreter im UN-Sicherheitsrat, Andrej Gromyko, der als erster die Anerkennung Israels forderte. Doch seitdem sind die Verhältnisse klar. Die USA stehen an der Seite Israels.
Washingtons teuerstes Patenkind
Das hat sich Washington seit 1949 mindestens 120 Milliarden Dollar an direkter Hilfe für Israel kosten lassen. Der größte Teil davon geht in den Sicherheitsbereich. Hierbei handelt es sich nominell um Kredite, die ihrerseits wieder durch Kreditgarantien abgesichert sind und den amerikanischen Steuerzahler noch mehr Geld kosten. So sollen sich die Kosten des Nahostkonflikts bis 2003 für die USA nach vorsichtigen Schätzungen auf mindestens drei Billionen Dollar belaufen haben.
Der mit Abstand größte Teil davon ging an Israel, das seit vielen Jahren größter Einzel-Empfänger von US-Finanzhilfen ist. Längst hat es darin Ägypten abgehängt, das nach seinem Frieden mit Israel von Washington auch reichlich bedacht wurde. Nicht zwangsläufig muss solche Großzügigkeit beim Empfänger Nachgiebigkeit und Flexibilität wecken. Im Gegenteil: George Bush Senior hatte zwar einmal versucht, die US-Hilfe für Israel um dessen Investition in den Bau von Siedlungen zu kürzen. Der Schritt hatte aber keine Wirkung und wurde bald wieder aufgehoben.
Verbunden jenseits strategischer Überlegungen
Natürlich geht es nicht allein ums Geld. Aber die Finanzhilfe ist überproportional wichtig. Israel ist ein selbstbewusstes Land, das sich auch von seinen Freunden so schnell nichts sagen lässt. Und die USA fühlen sich auch jenseits der strategischen Überlegungen Israel verbunden. Holocaust, Demokratie, amerikanische Juden sind nur einige Gründe. Dabei sind bei Weitem nicht alle amerikanischen Juden mit der Politik Israels einverstanden. Traditionell waren sie liberale Anhänger der Demokraten. Unter George W. Bush in Washington und Ariel Scharon in Jerusalem wechselten aber nicht wenige zu den Republikanern und stärkten Bushs vorbehaltlos pro-israelischer Politik den Rücken.
Obama war angetreten, vieles anders zu machen als sein Vorgänger. Nicht zu Unrecht befürchteten konservative Kreise in Jerusalem, dass dies die Beziehungen zu Israel beeinflussen würde. Bis zur Stunde haben diese Befürchtungen sich aber nicht bestätigt und in Israel steigt die Zuversicht derer, die immer schon überzeugt waren, dass auf Washington letztlich Verlass sein werde. Ungeachtet, welche Politik Jerusalem betreibt.
Autor: Peter Philipp
Redaktion: Sven Töniges