Freispruch für Wettermoderator Kachelmann
31. Mai 2011Im Gerichtssaal ging ein Aufschrei durch das Publikum, vereinzelt war Jubel zu hören. Der Angeklagte selbst blieb gefasst. Am Dienstag (31.05.2011) sprach das Landgericht Mannheim Jörg Kachelmann vom Vorwurf der Vergewaltigung frei. Das Urteil fiel nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten), da es keine tragfähigen Beweise gegen den Schweizer gebe.
Der Vorsitzende Richter Michael Seidling erklärte, eine Verurteilung nur aufgrund bloßen Verdachts sei nicht möglich. Die Verdachtsmomente hätten sich im Laufe der Verhandlung zwar "abgeschwächt, aber nicht verflüchtigt". Die Kammer sei nicht von der Unschuld Kachelmanns oder einer Falschbeschuldigung der Nebenklägerin überzeugt. Scharf kritisierte Seidling den Verteidiger Johann Schwenn, der mehrfach vor der Strafkammer Anstand und Respekt habe vermissen lassen. Das Gericht beklagte zudem, Massenmedien und Blogs im Internet hätten die Persönlichkeitsrechte beider Seiten "mit Füßen getreten".
"Freispruch zweiter Klasse"
Beobachter sprachen denn auch von einem "Freispruch zweiter Klasse". Die Staatsanwaltschaft will eine Revision zumindest prüfen. Kachelmann konnte das Gericht als freier Mann verlassen. Für seine Zeit in Untersuchungshaft wird er entschädigt, die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.
Die Anklage hatte dem 52-Jährigen besonders schwere Vergewaltigung seiner Ex-Freundin vorgeworfen und eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten gefordert. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt. Der Indizienprozess vor der 5. Großen Strafkammer, in dem Aussage gegen Aussage stand, hatte rund neun Monate gedauert. Die Ex-Freundin, eine 38-jährige Radiomoderatorin, warf Kachelmann vor, sie im Februar 2010 in ihrer Wohnung mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Kachelmann bestritt die Vorwürfe. Mehrere Gutachter konnten keine eindeutige Einschätzung zum Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen geben.
Bundesweit war der Prozess wochenlang mit großer Aufmerksamkeit und heftigen Debatten verfolgt worden, angeheizt vor allem durch Boulevardpresse und Fernsehsendungen.
Autor: Siegfried Scheithauer (dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot