Vorbildliche Frauen
15. Dezember 2006Ursprünglich diente die klare Geschlechtertrennung in den Religionen nicht zur Unterdrückung der Frau, sondern zum Schutz, meint die Leipziger Soziologin Monika Wohlrab-Sahr. Egal ob bei streng gläubigen Muslimen, Juden oder christlichen Gruppierungen, die religiös begründete Trennlinie zwischen Frauen und Männern etwa beim Gottesdienst muss nicht generell ein Nachteil sein.
"Symbolische Grenzziehungen zwischen den Geschlechtern können auch eine Disziplinierung wilder Formen markieren, wie sich etwa an den Erfolgen puritanisch geprägter christlicher Gruppen etwa in Lateinamerika in Auseinandersetzung mit dem ungebremsten Machismo zeigt", meint Wohlrab-Sahr.
Schutz oder Belastung oder beides?
Andererseits kann die nach außen sichtbar getragene Religiosität nicht nur ein Schutz, sondern auch eine Belastung sein, dann nämlich, wenn Frauen die Idealform religiöser Sauberkeit in der sündigen Welt ohne individuelle Freiräume leben sollen. Die Soziologin erklärt: "Die verschleierte oder auch sonst als sittsam markierte Frau auch im Christentum ist in gewisser Weise eine Nonne im Alltag. Sie trägt die religiöse und sexuelle Disziplin als Anspruch und Realisierung in das alltägliche Leben hinein und wirkt damit anstößig."
Orthodoxe Frauen
Für Barbara Traub, Direktoriumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, bedeutet die orthodoxe Frauenrolle aber mehr Schutz als Belastung. So hat die jüdische Frau immer schon die Haushaltsführung und damit die Geldverwaltung inne gehabt.
Auch in Sachen Sexualität haben die orthodox-jüdischen Frauen das Sagen: "Sieben Tage nach Ende der Regel darf wieder Geschlechtsverkehr stattfinden und die Frau gibt dem Mann das Zeichen, wann er sich ihr wieder nähern darf. Das gibt ihr eine Freiheit, dass sie nicht jederzeit sexuell zur Verfügung steht." In der orthodoxen Synagoge allerdings bleibt Frauen bis heute das Amt verwehrt. Rabbinerinnen und Kantorinnen gibt es dort - anders als in liberalen Gemeinden - nicht.
Muslimische Frauen wollen mehr
Im Islam formieren sich feministische Gruppierungen, die den Ausschluss von theologischen Ämtern nicht länger hinnehmen wollen. Vorbild dafür ist etwa die Propheten-Tochter Fatima. Die Kölner Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur sagt dazu: "Die Frauen, die wir bewundern sollten, sind starke Frauen, wie Fatima, die nach dem Ideal streben, viel zu lernen, zwar auch Mutter zu sein, aber eine, die kämpft, sich einsetzt für die Armen und Schwachen und Wissen weiter gibt. Da, wo wir ansetzen, ist, dass wir die Männer mit ihren eigenen Waffen schlagen, mit dem Koran."
Also lassen sich etwa in der Türkei Frauen zu schriftkundigen Religionslehrerinnen ausbilden. Selbst im Iran gibt es mittlerweile weibliche Ajatollas. Allerdings sind diese bis heute nicht in den maßgeblich gesetzgebenden Gremien vertreten.
Christliche Kirchengeschichte
Auch in den christlichen Kirchen haben Frauen längst damit begonnen, die Heilige Schrift frauenfreundlich auszulegen - als Zeugnis dafür, dass sie gleichberechtigt sind. "Die Botschaft, dass Jesus Christus auferstanden ist, die haben Frauen weiter getragen, und nicht die Männer. Die Männer haben sich ängstlich versteckt und verkrochen und die Frauen sind aufgebrochen und haben gesagt, da ist mehr als das Ende im Tod. Nur, die Kirchengeschichte ist für katholische Frauen bis heute eine Leidensgeschichte", sagt Magdalena Bogner, Bundesvorsitzende der katholischen Frauengemeinschaft in Deutschland.
Eine Leidensgeschichte, die bis heute andauert. Frauen in den Religionen müssen mutig sein, um sich ihre Gleichberechtigung zu erkämpfen. Doch damit sind sie nicht allein. Ob Sarah, Maria Magdalena oder Fatima, in den Heiligen Schriften finden sich viele starke Frauen, die den heutigen Frauen als Vorbilder und Zeuginnen einer geschlechtergerechten Religion dienen.