Justizminister im Visier der Justiz
17. Juli 2021Der Gerichtshof der Republik habe auf Einleitung eines formellen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts auf einen Interessenskonflikt entschieden, teilten die Anwälte des Ministers mit und kündigten umgehend Einspruch gegen die Verfahrenseröffnung an. Zuvor hatte es am Freitag etwa sechs Stunden lang Vernehmungen gegeben.
Éric Dupond-Moretti hat die Vorwürfe gegen ihn stets bestritten. Premierminister Jean Castex sprach seinem Justizminister in einem Schreiben erneut sein volles Vertrauen aus. Es handelt sich um einen in Frankreich bislang beispiellosen Fall, dass die Justiz gegen einen amtierenden Justizminister vorgeht.
Dem Sender France Info zufolge geht es bei den Ermittlungen darum, dass der 60-jährige frühere Staranwalt seine Position als Justizminister ausgenutzt haben soll, um persönlich mit Gegnern im Justizapparat abzurechnen. Dabei geht es um Streitfälle aus seiner Zeit als Anwalt. Dazu soll er etwa administrative Untersuchungen gegen drei hohe Beamte des Justizapparats angeordnet haben. Zwei Gewerkschaften von Richtern und Staatsanwälten hatten die Vorwürfe gegen Dupond-Moretti vorgebracht.
Die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens kommt in Frankreich noch keiner Anklage gleich. Das Verfahren kann am Ende zu einem Strafprozess führen, falls die Ermittler ausreichend Beweise gegen den Beschuldigten sehen. Andernfalls können sie das Verfahren auch wiedereinstellen.
Bekannt als Advokat "Freispruch"
Dupond-Moretti ist seit einem Jahr Justizminister. Er folgte bei einer Regierungsumbildung im Juli 2020 überraschend auf Nicole Belloubet. Schon vor seiner Ernennung war der Jurist in Frankreich nicht unumstritten. Er war als Starverteidiger bekannt und war Anwalt in diversen aufsehenerregenden Prozessen. Bewunderer wie Kritiker sagen Dupond-Moretti nach, mit donnernder Stimme Schwurgerichte zum Zittern gebracht und so die Rekordzahl von 140 Freisprüchen erwirkt zu haben. Unter seinen Mandanten waren Prominente wie Fußballstar Karim Benzema oder der Finanzjongleur und Milliardenzocker Jérôme Kerviel.
qu/AL (dpa, afp)