"Forty Years of Painting"
17. März 2002Mit 188 Werken, die 40 Jahre künstlerischen Schaffens umfassen, ist die Ausstellung die größte, die das MoMA jemals einem modernen Künstler gewidmet hat und die umfassendste Richter-Schau, die bisher in Nordamerika zu sehen war.
Von realistischen Werken bis zu abstrakten Farbstudien
Das MoMA, das sich zur Zeit in einer Umbauphase für einen Erweiterungsbau befindet, hat Richter in den wenigen zugänglichen Ausstellungsräumen deshalb auch sehr viel Platz eingeräumt. Die Werke, überwiegend Ölgemälde, sind großzügig über zwei Stockwerke in mehr als 20 großen Räumen verteilt. Der Kurator Robert Storr trug die gezeigten Arbeiten von rund 60 öffentlichen und privaten Leihgebern aus Nordamerika und Europa zusammen.
Die Ausstellung zeichnet chronologisch die künstlerische Entwicklung und das facettenreiche Werk Richters nach, der sich jeglicher Kategorisierung entzieht. Die verschiedenen Perioden von den fotorealistischen Anfängen wie dem Bild "Küchenstuhl" (1965) über die Experimente mit geometrisch angeordneten Farbstudien – ein Beispiel ist das eindrucksvolle Werk "256 Farben" (1974) - bis hin zu den drei riesigen abstrakten Tafeln "Januar", "November" und "Dezember" (jeweils 1989) lassen sich beim Gang durch die Ausstellung sehr gut verfolgen.
Verschwommene Bilder nach Fotovorlagen
Prominent hängt zu Beginn das Werk "Hirsch" von 1963, das in seiner verwischten Fototechnik sozusagen den Ton angibt für die Arbeiten im ersten Stockwerk. Richters vielfache Verzerrungen und Verwischungen von realistischen Szenen durch Pinsel oder Spachtel sind in seinem Schaffen der 60er Jahre dominant. Die Verwendung von Zeitungsausschnitten, die er in Werken wie "Ferrari" (1964) oder "Turmspringerin" (1965) wiedergibt, spiegeln seine Beschäftigung mit amerikanischen Pop-Art-Künstlern wie Andy Warhol wieder.
Einen eindrucksvollen Platz im Treppenaufgang zum zweiten Stock haben die "48 Porträts" (1971/72), eine Sammlung mit Bildern von Komponisten, Schriftstellern und Wissenschaftlern, die Richter für den deutschen Pavillon auf der Kunstbiennale in Venedig malte und die eine Leihgabe vom Museum Ludwig in Köln ist. In New York ist auch der der 15-teilige Zyklus "18. Oktober 1977" von 1988 zu sehen. Der "Deutsche Herbst", den Richter elf Jahre nach den Ereignissen thematisierte, wird für das amerikanische Publikum mit einer Erklärung versehen. Der Maler verwendete für die Bilderfolge Fotos der Bader-Meinhof-Bande im Gefängnis und nach ihrem Selbstmord. Durch die verwischte Technik wirken die Bilder wie körnige Fernsehaufnahmen. Die erste Ausstellung dieser Werke in Deutschland wurde von Protesten begleitet.
Kein Wort vom Künstler
Zur Eröffnung der Schau war der in Köln lebende Künstler nach New York gekommen. Dem Anstrum fragender Journalisten widersetzte sich Richter jedoch, der bekannt dafür ist, dass er ungern Interviews gibt. Er wollte weder seine Meinung zur Auswahl und Hängung seiner Werke sagen, noch darüber, ob er erwarte, durch die Ausstellung einem breiteren amerikanischen Publikum bekannt zu werden. Obwohl für hochrangige Richter-Werke auf dem Kunstmarkt Millionen erzielt werden, gilt er unter Liebhabern von moderner Kunst in den USA als unzugänglich. "Viele sind der Meinung, Richter ist ein Konzeptkünstler, der zufällig malt. Ich glaube, Richter ist der Fall eines Malers, der denkt", sagte der Kurator Storr bei der Eröffnung.
Der sehr umfassende Katalog "Gerhard Richter: Forty Years of Painting" (336 S., 225 Abb.) wurde vom Museum of Modern Art herausgebracht und kostet 75 Dollar. In New York ist die Ausstellung noch bis zum 21. Mai zu sehen. Weitere Stationen sind dann das Art Institute in Chicago (22.6.-15.9.), das San Francisco Museum of Modern Art (11.10.-14.1.2003) und das Hirshorn Museum in Washington (20.2.-18.5.2003). dpa/(fro)