77. Filmfestspiele in Venedig: Italien statt Hollywood
Venedig ist das erste große Filmfestival, das regulär stattfindet. Weil weniger Filme aus Hollywood vertreten sind, ist die Auswahl vielfältiger als sonst.
Italienisches Ehedrama zum Auftakt
Zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt gebührt einem italienischen Film wieder die Ehre, die Internationalen Filmfestspiele in Venedig zu eröffnen: Das Drama "Lacci" wird außer Konkurrenz gezeigt und erzählt die Geschichte einer Ehe, die durch Untreue gefährdet wird. Regie führte Daniele Luchetti, der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Domenico Starnone aus dem Jahr 2014.
Fokus auf Italien: Padrenostro
Generell präsentieren sich die diesjährigen Filmfestspiele auf dem Lido auffällig italienisch: Vier der 18 um den Goldenen Löwen konkurrierenden Filme sind italienischen Ursprungs. Zum Beispiel "Padrenostro": Regisseur Claudio Noce erzählt darin aus einer kindlichen Perspektive heraus vom politischen Terrorismus und der Gewalt, die Italien in den 1970er Jahren erschütterte.
Deutscher Beitrag: "Und morgen die ganze Welt"
Aber auch ein deutscher Film konkurriert um den Goldenen Löwen in Venedig: "Und morgen die ganze Welt" der Regisseurin Julia von Heinz handelt von der jungen Antifa-Aktivistin Louisa, die sich mit zunehmend radikalen Mitteln gegen den Rechtsruck der Gesellschaft wehrt. Gespielt wird Louisa von Nachwuchsstar Mala Emde, die hier im Bild zu sehen ist.
Deutsch-Polnische Koproduktion: "Never Gonna Snow Again"
Seine Hände scheinen Wunder zu bewirken: Alec Utgoff spielt in "Never Gonna Snow Again" den ukrainischen Migranten Zhenia, der als Masseur für die Warschauer Oberschicht arbeitet und sich für die unglücklichen Reichen zu einer Guru-ähnlichen Figur entwickelt. Der Film ist polnischer Kandidat für den Oscar in der Kategorie "Bester Internationaler Film".
Historisches Biopic: "Miss Marx"
Nachdem es in den letzten Jahren teils heftige Kritik an fehlender Gleichberechtigung bei den Nominierungen gab, stammen in diesem Jahr immerhin acht der 18 Filme von Regisseurinnen. Einer davon ist Susanna Nicchiarellis historisches Biopic "Miss Marx" über das Leben von Karl Marx' jüngster Tochter Eleanor Marx. Die politische Aktivistin wird von Romola Garai gespielt.
Der Hollywood-Kandidat: "Nomadland"
"Nomadland" erzählt die Geschichte einer Frau in ihren Sechzigern, die in der Weltwirtschaftskrise alles verliert und deshalb als moderne Nomadin im Van durch den Westen der USA zieht. Er ist sicher der Film, der am hochkarätigsten besetzt ist: Gespielt wird die Protagonistin Fern von der zweifachen Oscar-Gewinnerin Frances McDormand. Parallel zu Venedig feiert der Film auch in Toronto Premiere.
Der Klimastreik erreicht Venedig: Dokumentarfilm "I am Greta"
Streaming-Anbieter und Filmfestivals, das ist so eine Sache. Die Festspiele in Cannes verbannten Netflix, Amazon und Co., in Venedig sind sie noch willkommen. Und so präsentiert der Streaming-Anbieter Hulu seinen Dokumentarfilm "I am Greta": Regisseur Nathan Grossman (2.v.l.) begleitete dafür Greta Thunberg (4.v.l.) über Monate hinweg - sogar auf die Atlantiküberfahrt im August 2019.
Prominenter Juryvorsitz: Cate Blanchett
Den Juryvorsitz hat in diesem Jahr Cate Blanchett inne, die 2007 in Venedig für ihre Rolle in "I'm Not There" als beste Schauspielerin ausgezeichnet wurde. Neben ihr entscheiden die Regisseure Veronika Franz, Joanna Hogg und Christian Petzold, die Schauspieler Matt Dillon und Ludivine Sagnier sowie die Autorin Nicola Lagioia darüber, welcher Film den begehrten Goldenen Löwen mit nach Hause nimmt.
Ehrenpreis für das Lebenswerk: Ann Hui und Tilda Swinton
Die ersten Preisträgerinnen sind aber schon vor dem Start des Festivals bekanntgegeben worden: Die chinesische Schauspielerin und Regisseurin Ann Hui sowie die britische Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton wurden jeweils für ihr Lebenswerk mit dem "Goldenen Löwen für ein Lebenswerk" ausgezeichnet. Diesen Ehrenpreis gibt es seit 1970. Erster Preisträger damals war niemand Geringeres als Orson Welles.