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Infantino ohne Gegenkandidat

6. Februar 2019

FIFA-Boss Gianni Infantino steht vor einer zweiten Amtszeit. Für die Wahl im Juni gibt es keinen Gegenkandidaten. Der Schweizer treibt sein milliardenschweres "Project Trophy" voran - aber in der Heimat droht Ungemach.

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Ruanda Infantiono FIFA Councel Treffen
Bild: Getty Images/AFP/C. Ndegeya

Ab jetzt ist es nur noch eine reine Formsache: Wenn am 5. Juni in Paris der nächste Präsident des Fußball-Weltverbands FIFA gewählt wird, ist Amtsinhaber Gianni Infantino der einzige Kandidat. Und das, obwohl vor Ende der Bewerbungsfrist ein zweiter Mann den Finger gehoben und den Wunsch geäußert hatte, den FIFA-Boss abzulösen. Doch Ramon Vega, wie Infantino aus der Schweiz, fehlte bis Dienstag die notwendige Unterstützung von mindestens fünf Nationalverbänden. Die Voraussetzungen für eine Kandidatur des ehemaligen Schweizer Nationalspielers waren damit nicht gegeben.

Ohnehin wären die Chancen auf einen Sturz des umstrittenen Amtsinhabers, der im Februar 2016 als Nachfolger des suspendierten Joseph Blatter die Führung der FIFA übernahm, nur gering gewesen. Zwar gibt es viele, denen die Methoden Infantinos nicht gefallen, aber noch größer ist trotz aller Kritik die Schar seiner Gefolgsleute. Schon in der vergangenen Woche hatten der Kontinentalverband von Nord- und Mittelamerika sowie der Karibik CONCACAF nach einer Council-Sitzung mitgeteilt, Infantino in jedem Fall zu unterstützen. Andere Verbände, vor allem außerhalb der eher Infantino-kritischen Europäischen Fußball-Union (UEFA), wären wohl gefolgt. Schließlich hat Infantino sich in den vergangenen Jahren intensiv um die außereuropäischen Verbände gekümmert und ihnen Geschenke gemacht, unter anderem die Erweiterung der WM-Endrunde von 32 auf 48 Mannschaften, die spätestens 2026 in den USA, Kanada und Mexiko vorgenommen wird - vielleicht sogar schon vorher in Katar.

Kritische UEFA, dubiose Investoren

Einer der ärgsten Kritiker Infantinos ist Aleksander Ceferin, der Präsident der Europäischen Fußball-Union UEFA. Der Slowene - genauso wie DFB-Präsident Reinhard Grindel - moniert seit Monaten, dass Infantino keine ausreichenden Informationen zu einer dubiosen Milliardenofferte für die Rechte an einer reformierten Klub-WM und einer globalen Nations League gibt.

Deutschland München DFB-Präsident Reinhard Grindel und Aleksander Ceferin
Keine Fans von Gianni Infantino und dessen Plänen: Reinhard Grindel (l.) und Aleksander Ceferin (r.)Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Eine nicht näher benannte Investorengruppe - diesen Plan zur Generierung neuer Einkünfte präsentierte Infantino dem FIFA-Council im vergangenen März - sei bereit, für die Rechte an einer Nationen-Liga und einer auf 24 Teams aufgestockten Klub-WM die unvorstellbare Summe von 25 Milliarden US-Dollar zu zahlen. Allerdings könne er aufgrund einer Verschwiegenheitsklausel keine Auskunft geben, wer die Geldgeber seien, so Infantino. Der Plan - "Project Trophy" genannt - wurde von den FIFA-Räten daher abgeschmettert.

Zudem prüften zwei FIFA-Juristen den Vertrag, den Infantino mit den Investoren schließen wollte und kamen zu einem vernichtenden Urteil, in dem sie dringend von dem Kontrakt abrieten. Beide wurden kurz danach aus den Diensten der FIFA entlassen. Stattdessen prüft nun eine "Taskforce" die "Relevanz und Machbarkeit beider Wettbewerbe". Ergebnisse sollen demnächst präsentiert werden.

Plante Infantino Ausverkauf der FIFA?

Wie die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) im November herausfand, war eine weit umfangreichere Rechteabgabe geplant als lediglich die für zwei neue Wettbewerbe. Laut einer geheimen Absichtserklärung, die der SZ vorlag, ging es um den Ausverkauf fast sämtlicher Rechte: Digital- und Archiv-Rechte, Filme und Videos, Satelliten- und Netzübertragungen, Merchandising und Spielrechte, jede Produktion in High Definition und 3-D-Format, Computerspiele, alles "Virtuelle und jedes andere Format, das noch weltweit entwickelt wird". Auch die Rechte an zukünftigen Fußball-Weltmeisterschaften waren mit einbezogen. Die FIFA dementierte, dass das Dokument und die darin aufgeführten Pläne aktuell seien.

Bei den Käufern - das berichteten SZ und WDR - soll es sich um die Investmentfirmen "SB Investment Advisers Limited (SBIA)" sowie die "Centricus Partners LP" mit Sitz in London handeln. Beide Beraterfirmen pflegen laut WDR und SZ enge Verbindungen zum japanischen Softbank-Konzern sowie zu Anlegern in Saudi-Arabien und am Persischen Golf. Ob Infantino sein Herzensprojekt mit einem Jahr Verspätung demnächst doch durchbringt, muss sich zeigen.

Justiz ermittelt, Blatter fordert Konsequenzen

Allerdings droht dem 48-Jährigen in der Heimat juristisches Ungemach: Im Kanton Wallis läuft eine interne Ermittlung gegen den Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold. Arnold, ein Freund von Infantino, soll vom FIFA-Boss exklusive Einladungen angenommen haben, unter anderem zur WM 2018 in Russland und zum FIFA-Kongress 2016 in Mexiko. Im Gegenzug habe Arnold für den FIFA-Chef ein Treffen mit dem Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber eingefädelt. Dabei soll es um laufende Ermittlungen im FIFA-Korruptionsskandal gegangen sein.

Schweiz | Rinaldo Arnold und Gianni Infantino
Kleine Dienste unter Freunden? Rinaldo Arnold (l.) und FIFA-Präsident Gianni Infantino (r.)Bild: picture-alliance/dpa/KEYSTONE/E. Leanza

Sollte sich dieser Verdacht erhärten, könnte es eng werden für Infantino. Als Korruptionsvorwürfe gegen Infantinos Vorgänger Blatter erhoben wurden, war dieser seinen FIFA-Posten umgehend los. Nur deswegen ist Infantino heute im Amt. Ex-FIFA-Boss Blatter hat bereits Konsequenzen gefordert. Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes müsse "eine Untersuchung gegen Infantino einleiten", sagte der 82-jährige Blatter der französischen Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch. Blatter forderte von Infantino außerdem Antworten auf viele offene Fragen. "Wo ist die Transparenz, die Infantino während seiner Wahl gepredigt hat?", fragte der Schweizer: "Er sollte sich selbst der Ethikkommission stellen, um zu beweisen, dass sie transparent arbeitet."

Würde Infantino im Zuge der Arnold-Ermittlungen tatsächlich suspendiert, hätte die krisengeschüttelte FIFA einmal mehr ein ernstes Problem: Sie stünde dann plötzlich nicht mehr nur mit einem Präsidentschaftskandidaten da, sondern hätte erstmal gar keinen mehr.

asz/sw (dpa, sid, www.sueddeutsche.de)