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Reise

Fernreisen unter Corona-Bedingungen

Martin Koch
20. November 2021

Die Hauptreisezeit in Europa ist vorbei. Wen es jetzt in die Wärme zieht, der bucht eine Fernreise. Doch die anhaltende Corona-Pandemie macht die Situation für Reisende und Anbieter gleichermaßen schwierig.

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Traum vom Ausland
Bild: picture-alliance/R.Guenther

"Es war toll! Endlich konnte ich die Menschen wiedersehen und über das Land erzählen!" Mit leuchtenden Augen berichtet Reiseleiterin Daniela Piras von ihrer jüngsten Tour nach Jordanien. Mit 24 Teilnehmern besuchte sie, ausgehend von der Hauptstadt Amman, unter anderem die legendäre Felsenstadt Petra. Es war für die 46-Jährige die erste Fernreise seit 2019.

Licht und Schatten in Corona-Zeiten

Die Corona-Pandemie hat den Fernreisemarkt nahezu komplett einbrechen lassen. Nach Angaben des Deutschen Reiseverbandes (DRV) betrug der Ausfall in der vergangenen Saison 94 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019. Das Umsatzminus bei Veranstalterreisen lag bei 69 Prozent. Für die Branche bedeutete das ein Verlust von 12 Milliarden Euro.

Jordanien | Schatzhaus in Petra
Das weltberühmte "Schatzhaus" in der Felsenstadt Petra, JordanienBild: Daniela Piras

Und obwohl es in diesem Sommer zumindest bei innereuropäischen Kurzreisen eine leichte Erholung gab, werden der Reisemarkt im Allgemeinen und die Fernstrecke im Besonderen noch lange mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen haben, betont DRV-Präsident Norbert Fiebig: "Ein Umsatzniveau annähernd wie vor der Pandemie wird sich wohl frühestens 2023 einstellen."

Eine gute Nachricht für Fernreisende: Die Preise in diesem Segment sind trotz der Corona-bedingten Ausfälle nur moderat gestiegen. "Eine solche Krise kann man nicht über höhere Preise meistern, das erfordert mehr", sagt Frano Ilić vom Reiseanbieter "Studiosus". So habe man dank der Rücklagen allen Kunden das Geld für ausgefallene Reisen zurückerstatten können. Außerdem habe man die eigenen Kosten so weit wie möglich reduziert, Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt und die Zahl der Reisekataloge verringert. Und das staatliche Überbrückungsgeld habe auch dabei geholfen, die Auswirkungen der Krise zu meistern.

Diese Einschätzung teilt DRV-Präsident Fiebig: "Die wirtschaftliche Situation von Veranstaltern und Reisebüros konnte auch dank der staatlichen Hilfen verbessert werden, sodass vielen ein Überleben in der Krise ermöglicht wurde."

Jordanien |  Eingangsschlucht in Petra
Ein seltener Anblick: Die Schlucht von Petra in Jordanien - ohne TouristenBild: Daniela Piras

Reisen mit 2G

Mittlerweile bieten immer mehr Veranstalter wieder Fernreisen an. Die meisten führen sie nach der 2G-Regel durch. Bei Studiosus beruht die Entscheidung auf den Erfahrungen von Gruppenreisen unter 3G, wo es zunehmend zu Schwierigkeiten gekommen war, erklärt Pressesprecher Frano Ilić: "Es war einfach kein reibungsloser Reiseverlauf mehr möglich, wenn tägliche Tests erforderlich waren. Und die Geimpften und Genesenen waren zunehmend ungehalten, weil sich die Weiterreise durch das Testen der Nichtgeimpften verzögerte."

Dementsprechend positiv fielen die Reaktionen auf die 2G-Anordnung aus: "Wir erleben eine hohe Akzeptanz und viel Zustimmung bei den Reisenden, nur wenige haben daraufhin ihre Reise storniert", sagt Ilić.

Auch Tourguide Daniela Piras hat bei ihren Teilnehmerinnen und Teilnehmern verständnisvolle Reaktionen auf die Corona-Bestimmungen erlebt. "Die Reisenden waren sehr entspannt. Alle haben im Vorfeld die umfangreichen Vorgaben der jordanischen Regierung erfüllt, haben Impfausweis, Einreiseerlaubnis und PCR-Test dabei gehabt bzw. erledigt - und dann die Zeit im Land genossen", berichtet sie. Die Vorschriften vor Ort hätten denen in Deutschland geähnelt - an Abstand halten, Hygieneregeln und Maske tragen habe man sich ja gewöhnt. Und natürlich habe sie als Reiseleitung darauf geachtet, dass der Bus regelmäßig und länger als üblich gelüftet wurde und dass Mahlzeiten so oft wie möglich im Freien eingenommen wurden. Angst vor Corona hatte sie nicht: "Das Risiko einer Fußverletzung, wenn man in der Felsenstadt Petra oder in einer Schlucht über unebene Wege geht, ist größer", erzählt die erfahrene Reiseführerin und ergänzt mit einem Schmunzeln: "Außerdem hatten wir fünf Ärzte in der Gruppe, da wäre auch das kein Problem gewesen".

Herausforderung Nachhaltigkeit

Die Corona-Krise hat alle Akteure der Tourismusbranche schwer getroffen. Nach dem Rekordjahr 2019, in dem viele Destinationen unter "overtourism" litten, also über die Belastungsgrenzen hinaus besucht wurden, ging es von einem Moment auf den nächsten auf fast Null. Jetzt geht es zum einen darum, aus dem Stillstand wieder auf die Beine zu kommen, und zum anderen aber auch, nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.

Ägypten Pyramiden
Nachhaltigkeit im Tourismus ist für jede Destination gut - auch für ÄgyptenBild: DW/B. Bathke

Aage Dünhaupt, TUI-Pressesprecher für die Bereiche Fluglinien, Hotels und Kreuzfahrten, formuliert es so: "Wichtig ist, den Aspekt der Nachhaltigkeit bei allen Reisen und damit auch den Fernreisen zu stärken. Wir arbeiten seit längerem daran, die Umweltauswirkungen unserer Aktivitäten in den Bereichen Airline, Kreuzfahrten und Hotels zu verringern." Dafür kooperiere man mit der Initiative "Science Based Targets", um entsprechende Pläne für die Klimaneutralität zu erstellen und externe Experten einzubinden. "In den vergangenen Jahren konnten wir durch weitreichende Maßnahmen schon positive Effekte in den Urlaubsregionen erzielen und haben darüber hinaus über unsere TUI Care Foundation Projekte ins Leben gerufen, bei denen Gäste sich informieren und engagieren können, wie Urlaub nachhaltiger stattfinden kann."

Studiosus-Pressesprecher Ilić betont, dass sein Unternehmen sich wie schon vor der Corona-Krise auch weiterhin dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben habe. "Ab 2021 werden nicht nur Bus- und Zugreisen, sondern auch alle Flüge klimaschonend durchgeführt - es war uns wichtig, in diesem Bereich unseren Kurs zu halten".

Solche Initiativen befürwortet der Tourismus-Dachverband. DRV-Präsident Fiebig sagt: "Wir sind ein Teil des Problems, aber wir werden auch Teil der Lösung sein." Reiseleiterin Daniela Piras beschreibt es wiederum so: "Tourismus ist immer etwas, was hilft: Wir bringen die Wirtschaft zurück und verhindern, dass noch mehr Menschen in Armut fallen."