1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Feinfühliger Roboter

Fabian Schmidt17. Februar 2015

Roboter arbeiten meist getrennt von Menschen. Ihnen fehlt das "Fingerspitzengefühl", um zu erkennen, wann sie Menschen gefährlich werden. Nicht Roboter Justin. Dank zahlreicher Sensoren wird er zum idealen Kollegen.

https://p.dw.com/p/18DMA
Der humanoide Roboter Justin des Instituts für Robotik und Mechatronik des DLR auf der Hannover Messe 2013 beim Putzen einer Fensterscheibe. (Copyright: DW/F. Schmidt)
Der humanoide Roboter Justin beim FensterputzenBild: DW/F. Schmidt

Rollin' Justin, Roboter mit Gefühl

Dieser freundliche Roboter ist zwar kein außerirdischer, aber in seinen Genen steckt Weltraum-Erfahrung. Sein Vater war ein Roboterarm und der war schon fünf Jahre lang auf der Internationalen Raumstation ISS im Außeneinsatz - geschützt durch einen langen Ärmel gegen kosmische Strahlung.

Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben Justin und seine Familie entwickelt, damit Astronauten nicht für jede Tätigkeit außerhalb der schützenden Raumkapsel gleich einen Raumspaziergang wagen müssen. "Außeneinsätze sind für Menschen zwar eine schöne Erfahrung, aber auch gefährlich: Man braucht einen Raumanzug, es erfordert viel Vorbereitung und ist sehr stressig für den Astronauten", erklärt Daniel Leidner vom Institut für Robotik und Mechatronik des DLR in Oberpfaffenhofen.

Leidner betreut als Informatiker die Programmierung von Justin. Er kann sich noch viele weitere Aufgaben für ihn vorstellen. So könnte der Roboter auch da zum Einsatz kommen, wo gar keine Menschen hinkommen, sondern nur Raumsonden: beispielsweise auf dem Mars, auf anderen Himmelskörpern oder auch in chemisch oder nuklear versuchten Bereichen auf der Erde.

Teilautonomes Handeln

Denkbar wäre, dass ein Techniker den Roboter dann nur noch grob fernsteuert, der Roboter aber bestimmte Bewegungsabläufe ganz selbstständig, also autonom, ausführt. "Man würde ihm sagen: 'Du musst jetzt etwas greifen' und er kennt dann schon die Bewegungsabläufe dazu", so Leidner.

Die Hand des humanoiden Roboters Justin hält einen Wischer zum Fensterputzen. (Copyright: DW/F. Schmidt)
Justin erkennt von selbst, welche Werkzeuge er nutzen kannBild: DW/F. Schmidt

Bei Präsentationen, wie z.B. auf der Hannover Messe 2013, soll Justin so eine teilautonome Aufgabe meistern: Fensterputzen. Der Informatiker hat ihm mitgeteilt, dass ihm dafür ein Wischer auf einem Tisch parat steht. Auch die Glasscheibe hat Justin schon erkannt. Dann fährt der Roboter zu dem Tisch, überlegt eine Weile, greift nach dem Wischer, fährt zur Scheibe und putzt sie. "Wie er das bewerkstelligt, entscheidet er völlig autonom", sagt Leidner.

Der Roboter hat aber einiges an Vorwissen: Er hat eine Datenbank, in der alle Objekte, die er handhaben kann als CAD, also Computer Aided Design-Datei abgelegt sind. Dadurch weiß Justin, wie er seine Werkzeuge greifen kann. "Noch wichtiger ist aber, dass er Prozessmodelle für diese Objekte hat", erklärt Leidner, "er weiß, wie er den Wischer in Verbindung mit einer Glasscheibe bedienen muss." Mit diesem Wissen, überlegt sich der Roboter den logischen Ablauf und berechnet daraus auch gleich seinen Bewegungsablauf.

Nicht zu viel Kraft

Aber wieso zerdrückt der Roboter mit seinen gewaltigen mechanischen Händen nicht die Glasscheibe? Es liegt an seinem Fingerspitzengefühl. Zwar hat er gar keine Sensoren in den Fingerspitzen, dafür aber in allen Gelenken. Die messen das Drehmoment in allen Motoren. Daher weiß Justin immer, welche äußere Kraft auf das jeweilige Finger-, Hand- oder Armgelenk wirkt.

Die Hand des humanoiden Roboters Justin des Instituts für Robotik und Mechatronik des DLR auf der Hannover Messe 2013. (Copyright: DW/F. Schmidt)
Sanftes Kraftpaket: Alle Gelenke sind mit Sensoren ausgestattet und erkennen wie stark Justin gerade zudrücktBild: DW/F. Schmidt

Spürt Justin zuviel Widerstand, gibt er nach und geht in einen sogenannten elastischen Zustand über. Dann verliert sein Griff auch die Festigkeit. So gelingt es Justin sogar rohe Eier zu greifen - ohne sie zu zerdrücken. Und auch, wenn ein Mensch Justin aus Versehen einmal anrempelt, geht es vermutlich glimpflich aus, weil der Roboter sanft nachgibt.

Anders als der ursprüngliche Roboterarm auf der ISS hat Justin zwei Arme. Das ist praktischer, weil er wie ein Mensch ein Bauteil in der einen Hand halten kann und mit der zweiten zum Beispiel ein Werkzeug halten und darauf einwirken kann.

Und so kann Justin sogar Tassen stapeln, die quer durcheinander liegen. Dazu nimmt er dann beide Hände, um die Tassen in die richtige Position drehen zu können. Mit nur einer Hand könnte er das nicht.