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Faktencheck: Was hat Bill Gates mit dem EEE-Virus zu tun?

30. August 2024

Mehrere US-Bundesstaaten gehen gegen Mücken vor, die ein gefährliches Virus verbreiten. Social-Media-Nutzende spekulieren über die Hintergründe des EEE-Ausbruchs. Viele sehen einmal wieder Bill Gates als Schuldigen.

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Macroaufnahme einer weiblichen Stechmücke
Weibliche Stechmücken können Krankheitserreger übertragen, männliche hingegen sind harmlosBild: J. Meul-Van Cauteren/blickwinkel/picture alliance

Das Gesundheitsamt im US-Bundesstaat Massachusetts gab Mitte August den ersten Fall einer von Östlicher Pferdeenzephalomyelitis (Eastern equine encephalitis, kurz EEE) infizierten Person in diesem Jahr bekannt. Ende August meldete der benachbarte US-Bundesstaat New Hampshire den ersten Todesfall einer infizierten Person in 2024.

EEE wird durch bestimmte Stechmücken übertragen, die Erkrankung endet nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC in 30 Prozent der Fälle tödlich. Bei vielen Menschen bleiben nach überstandener Krankheit zudem neurologische Probleme zurück. Es gibt bislang weder einen Impfstoff noch Medikamente.

Mehrere US-Bundesstaaten haben daher nun Maßnahmen getroffen, um das Risiko von Mückenstichen zu reduzieren: Etwa die Einführung von zeitlich und örtlich begrenzten Lockdowns und den Einsatz von Pestiziden, die die Mückenpopulation eindämmen sollen.

Behauptung: Auf Social Media stellen viele Nutzende eine Verbindung her zwischen den aktuellen Fällen von EEE in den USA und der Aussetzung genmanipulierter Mücken, die die Firma Oxitec züchtet - gefördert unter anderem von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung (hier, hier, hier und hier) . 

DW Fact checking genetically modified mosquitoes created DE
So wie in diesem X-Post wird oftmals ein Zusammenhang zwischen EEE und Bill Gates angedeutetBild: X

Ein X-User äußert sich so: "Bill Gates finanziert ein Biotech-Unternehmen, das eine experimentelle Genehmigung zur Herstellung von Millionen genetisch veränderter Moskitos in verschiedenen US-Bundesstaaten erhalten hat, die es ermöglichen, Menschen durch Moskitostiche "fliegende Spritzen" zu impfen. (EEE) ist jetzt in den U.S. Staaten."

Auf Facebook wiederum schreibt jemand: "EEE wird durch Stechmücken übertragen. Bill Gates hat in gentechnisch veränderte Moskitos investiert. Wie stehen die Chancen für eine plötzliche Pandemie von EEE in den USA vor den bevorstehenden Wahlen?" Hat also der Milliardär Bill Gates etwas mit EEE zu tun?

DW Fact checking Mosquitos
Bild: X

DW-Faktencheck: Falsch

Die Stechmücke ist eines der gefährlichsten Insekten weltweit. Die Weibchen - nur sie stechen -  können verschiedene Arten von Krankheitserregern, darunter Viren, und Parasiten übertragen. Jedes Jahr sterben weltweit über 700.000 Menschen an durch Stechmücken übertragenen Krankheiten.

Um dieses öffentliche Gesundheitsproblem zu bekämpfen, unterstützt die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung unter anderem das Unternehmen Oxitec, das mit genmodifizierten Mücken experimentiert. 2020 hat die Biotech-Unternehmen offiziell die Erlaubnis erhalten, die im Labor gezüchteten Mücken auch freisetzen zu können - allerdings geografisch begrenzt auf Florida. Das Ziel ist die Verringerung der Schädlingspopulation.

"Männliche Mücken werden genetisch so verändert, dass sie steril sind. Wenn sich ein Weibchen mit einem solchen Männchen paart, gibt es keine lebensfähigen Nachkommen. Mit der Zeit werden die Mückenpopulationen dadurch reduziert, und das wurde in Brasilien erfolgreich eingesetzt", sagt Amesh Adalja vom Johns Hopkins University Center for Health Security. Solche Forschungsmethoden würden schon länger untersucht und auch andere sterile Tiere, etwa bestrahlte Schneckenwürmer in der Landwirtschaft, eingesetzt.

Nur Weibchen übertragen EEE

Auf Anfrage der DW bestätigt Oxitec, dass keine genmanipulierten Mücken in Massachusetts freigelassen wurden. Die letzte Freisetzung sei in Florida im November 2023 gewesen - so können die genmanipulierten Mücken auch räumlich und zeitlich kaum mit dem aktuellen EEE-Ausbruch zusammenhängen. Und da die Tiere eben männlich sind und nicht stechen, wären sie auch gar nicht in der Lage, EEE selbst zu übertragen. 

Das Virus existierte zudem schon lange vor dem Einsatz genmanipulierter Mücken. "Wir kennen das Virus seit 90 Jahren. Es kommt gelegentlich zu periodischen Ausbrüchen, wenn die richtigen klimatischen Bedingungen gegeben sind. In diesem Jahr hatten wir feuchte und warme Sommer, das sind ideale Bedingungen für die Mückenbrut, insbesondere für Mücken, die das EEE-Virus übertragen", sagt Philip M. Armstrong, Wissenschaftlicher Leiter der Abteilung für Entomologie am "Center for Vector Biology & Zoonotic Diseases" in Connecticut.

Bill Gates ist häufig Zielscheibe von Verschwörungstheorien

Bill Gates ist schon vielfach Ziel von Desinformation und Verschwörungsmythen geworden. So vermuteten Social-Media-Nutzende die genmodifizierten Oxitec-Mücken auch hinter dem Dengue-Ausbruch Anfang des Jahres in Brasilien oder hinter Fällen von Malaria im vergangenen Jahr in den USA.

In der Corona-Krise wurde dem Microsoft-Gründer unterstellt, er implantiere mit der COVID-Impfung heimlich Mikrochips. Und in Indien kursierten Fake News, dass er vor Gericht stehe, weil er illegal Polioimpfstoffe an Kindern getestet habe.

Tatsächlich ist Bill Gates einer der reichsten Menschen der Welt. Die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung von ihm und seiner Ex-Frau ist die größte private Stiftung der Welt. Seit ihrer Gründung 2017 hat sie weltweit Dutzende Milliarden Euro in Tausende Projekte und Organisationen im Gesundheitssektor investiert, etwa Impfprogramme und Impfstoff-Forschung.

Dieser tatsächlich sehr große Einfluss von Gates auf das globale Gesundheitswesen ist es mitunter, der viele so misstrauisch macht und die vielen Fakes befeuert. Der Milliardär eignet sich hervorragend, um ihn zu dämonisieren und Verschwörungsmythen rund um ihn herum zu spinnen - eine tiefe Skepsis gegenüber den Eliten der Gesellschaft ist eines von mehreren typischen Merkmalen solcher Erzählungen.

DW Mitarbeiterportrait | Rayna Breuer
Rayna Breuer Multimediajournalistin und Redakteurin
DW Fact Checking-Team | Ines Eisele
Ines Eisele Faktencheckerin, Redakteurin und AutorinInesEis