Faire Weihnacht überall
8. Dezember 2009Die Kölner Innenstadt Mitte Dezember: In der Fußgängerzone hängen Leuchtsterne, aus den Kaufhauslautsprechern ertönen Weihnachtslieder und sogar die Supermärkte haben Weihnachtsschmuck und vor allem Kinderspielzeug in den Auslagen. Zum Beispiel einen Spielzeug-Kran mit Fernsteuerung und Bagger für 19,99 Euro, ein großes Plüschpferd in rosa für 5,99 Euro oder einen Spielzeug-Hubschrauber für schlappe 1,99 Euro.
Auf allen Verpackungen steht "Made in China". Drei Viertel des Kinderspielzeugs in deutschen Läden kommt aus China. Und dass das so billig ist, liegt daran, dass die meisten Sachen unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert wurden - manchmal sogar von Kindern. Sabine Harles vom Projekt "Fair Spielt" kümmert sich seit ein paar Jahren darum, dass das den Käufern in Deutschland wenigstens bewusst wird: "Miese Arbeitsbedingungen heißt: Mindestlöhne werden nicht gezahlt oder die Arbeitszeiten überschreiten die gesetzlichen Regeln", erzählt sie.
Tod durch Erschöpfung
Manche Arbeiterinnen schuften bis zu 16 Stunden am Tag. Nach ein paar Monaten in solchen Fabriken sind diese Frauen völlig erschöpft. "Es gibt Arbeitsunfälle aufgrund dieser Bedingungen, es hat auch Todesfälle gegeben - Tod durch Erschöpfung hat in China sogar schon einen eigenen Namen."
Die gemütliche Weihnachtsatmosphäre lässt das die meisten Kunden allerdings vergessen. Nur einige machen sich Gedanken darüber, woher die Geschenke kommen. "Ich achte darauf, ob die Sachen nicht von so weit her kommen", sagt eine junge Frau. "Wenn es geht, schaue ich, ob Produkte mit Kinderarbeit hergestellt wurden oder aus der Dritten Welt kommen." Doch da sich das meist nicht eindeutig feststellen lässt, kauft sie nach Gefühl.
Siegel gibt es nicht
Selbst den Kunden, die bewusst einkaufen wollen, wird es schwer gemacht. Aber China-Spielzeug einfach zu boykottieren ist schließlich auch keine Lösung. Denn nicht alles, was aus China oder Vietnam kommt, wird unter unmenschlichen Bedingungen produziert.
Was fehlt, ist ein einfaches Siegel - wie etwa das Fair-Trade-Logo bei Kaffee und anderen Lebensmitteln, betont Harles: "Der Weg, den ein Produkt nimmt, ist sehr schwer zu verfolgen, wenn es wie bei Spielzeug aus vielen Teilen zusammengesetzt ist."
20 Prozent der Hersteller sind fair
Die Verpackung der Spielsachen hilft also in der Regel nicht weiter. Stattdessen muss man selbst recherchieren, unter welchen Bedingungen der Hersteller seine Angestellten arbeiten lässt. Seit fünf Jahren kann dabei eine Liste im Netz weiter helfen. Unter "Fair-spielt.de" kann man einsehen, welcher Spielzeughersteller mit welchen Lieferanten zusammenarbeitet und unter welchen Bedingungen diese Firmen produzieren lassen. Spielzeugfirmen, die auf "Fair-Spielt.de" gut abschneiden, beziehen ihre Ware nur aus zertifizierten chinesischen Fabriken. Dass die Arbeitsbedingungen dort stimmen, wird auch von unabhängigen Organisationen überprüft.
2000 von 10.000 chinesischen Spielzeug-Fabrikanten machen bei dem Verfahren mit - vor allem Zulieferer von Markenherstellern wie Hasbro, Ravensburger oder Steiff. Man könne davon ausgehen, dass lediglich 20 Prozent des Spielzeugs fair produziert werde, sagt Harles. "Spielzeug-Hubschrauber für 1,99 gehören eher nicht dazu."
Autor: Manfred Götzke
Redaktion: Kay-Alexander Scholz