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Ex-Polizisten nach tödlichem Einsatz angeklagt

26. Januar 2023

Die fünf Männer hatten Anfang Januar im US-Bundesstaat Tennessee einen Schwarzen bei einer Verkehrskontrolle brutal verprügelt. Der Mann starb später im Krankenhaus. Doch übliche Klischees passen hier nicht.

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USA Memphis | Pressekonferenz zu den Ermittlungen gegen fünf Polizisten nach dem Tod von Tyre Nichols
Staatsanwalt Steve Mulroy erläutert die Anklage gegen die fünf Ex-Polizisten im Fall Tyre NicholsBild: Mark Weber/AP Photo/picture alliance

Unmittelbar nach dem Vorfall am 7. Januar in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee waren die fünf Polizisten aus dem Dienst entlassen worden, jetzt müssen sie sich wegen Mordes zweiten Grades, schwerer Körperverletzung und Kidnappings vor Gericht verantworten. Das geht aus Angaben des örtlichen Gefängnisses hervor und so berichten es mehrere US-Medien übereinstimmend.

Der zuständige Staatsanwalt Steve Mulroy sagte, die Handlungen "von ihnen allen" hätten zum Tod von Tyre Nichols geführt. Mord zweiten Grades ist in Tennessee, in dem Memphis liegt, eine Zwischenstufe zwischen Mord und Totschlag. Kidnapping bezieht sich in diesem Fall auf das illegale Festhalten eines Menschen.

US-Präsident Biden mahnt zur Ruhe

Der Fall des 29-jährigen Schwarzen Tyre Nichols hat in den USA landesweit für Empörung gesorgt und die Diskussion über Polizeigewalt gegen Schwarze angeheizt. Allerdings greift das gängige Klischee Weiß-gegen-Schwarz hier nicht: Alle Angeklagten sind ebenfalls afroamerikanischer Herkunft. 

USA Memphis | Pressekonferenz der Angehörigen nach dem Tod von Tyre Nichols
Ben Crump (2.v.l.), Anwalt für Bürgerrechte, zusammen mit der Mutter und dem Stiefvater von Tyre NicholsBild: Gerald Herbert/AP Photo/picture alliance

Trotzdem wird nach der Anklage gegen die Ex-Polizisten mit Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus gerechnet. US-Präsident Joe Biden rief - wie zuvor auch die Familie des Getöteten - zu friedlichen Kundgebungen auf: "Empörung ist verständlich, aber Gewalt ist in jedem Fall inakzeptabel."

Brutaler Einsatz nach Verkehrskontrolle

Nichols war am 7. Januar wegen des Vorwurfs der gefährlichen Fahrweise mit seinem Auto gestoppt worden. Laut einer Mitteilung der Polizei kam es zu einer "Konfrontation" und Nichols flüchtete zu Fuß. Als die Polizisten ihn nach einer Verfolgungsjagd stellten, soll es zu einer weiteren "Konfrontation" gekommen sein. Weil Nichols dann über Atemschwierigkeiten geklagt habe, sei ein Rettungswagen gerufen worden.

Nichols wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht und starb dort drei Tage später. Seine Familie hat ein Foto veröffentlicht, das ihn mit schweren Schwellungen im Gesicht und an ein Atemgerät angeschlossen im Krankenhaus zeigt. Eine von der Familie in Auftrag gegebene Autopsie kam zu dem Schluss, dass Nichols massive Blutungen infolge "starker Prügel" erlitt.

Polizeichefin: Einsatz war "abscheulich und unmenschlich"

Die Polizeichefin von Memphis, Cerelyn Davis, äußerte sich am Mittwochabend (Ortszeit) in einem Online-Video entsetzt über den Tod des 29-Jährigen. Das Vorgehen der Polizisten sei "abscheulich" und "unmenschlich" gewesen. "Das ist nicht nur ein professionelles Versagen. Das ist ein Versagen grundlegender Menschlichkeit."

USA Memphis | Protest für Tyre Nichols
Tyre Nichols' Stiefvater Rodney Wells zeigt bei einer Kundgebung gegen Polizeigewalt ein Foto des Opfers (16.01.2023)Bild: Lucas Finton/The Commercial Appeal/AP/picture alliance

Videoaufnahmen von dem Vorfall sollen aus Gründen der Transparenz an diesem Freitag veröffentlicht werden. Die Behörden befürchten, dass dies zu gewaltsamen Protesten führen könnte.

Der Leiter der Ermittlungsbehörden in Tennessee, David Rausch, äußerte sich mit Blick auf die Videoaufnahmen, diese seien "absolut entsetzlich". "Das war falsch. Das war kriminell", sagte er über das Verhalten der Polizisten.

Der Fall Nichols weckt Erinnerungen an den Fall Rodney King im Jahr 1991. Der Afroamerikaner war in Los Angeles nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei brutal zusammengeschlagen worden. Der Freispruch von vier weißen Polizisten in einem Prozess im folgenden Jahr löste die schwersten Rassenunruhen in den USA seit den 1960er Jahren aus. 53 Menschen wurden getötet.

mak/wa (afp, dpa)