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EZB macht eine Zinspause

26. Oktober 2023

Die Europäische Zentralbank tagt in Athen und legt im Kampf gegen die Inflation eine Pause ein. Nach zehn Zinserhöhungen in Folge lässt die Zinsen unverändert.

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In Athen (hier die Akropolis) tagte der Rat der EZB dieses Mal.
In Athen (hier die Akropolis) tagte der Rat der EZB dieses Mal. Bild: Angelos Tzortzinis/AFP via Getty Images

Nach zehn Zinserhöhungen in Folge lässt die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen im Euroraum vorerst unverändert. Der Leitzins bleibt nach einer Entscheidung des EZB-Rates bei 4,5 Prozent, wie die Notenbank am Donnerstag mitteilte.

Das Ratstreffen fand diesmal nicht in Frankfurt am Main, sondern in der griechischen Hauptstadt Athen (Artikelbild) statt.

Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, bleibt ebenfalls unverändert bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

Viele Volkswirte hatten damit gerechnet, dass die Notenbank die Zinsen zunächst nicht weiter anheben wird. Die Inflation im Euroraum war zuletzt gesunken. Zugleich wachsen die Sorgen um die Konjunktur.

"Auf Grundlage seiner aktuellen Beurteilung ist der EZB-Rat der Auffassung, dass sich die EZB-Leitzinsen auf einem Niveau befinden, das - wenn es lange genug aufrechterhalten wird - einen erheblichen Beitrag zu diesem Ziel leisten wird", teilte die EZB mit.

Gebäude der griechischen Nationalbank
Gebäude der griechischen Nationalbank: Hier tagte der EZB-Rat bei seiner auswärtigen SitzungBild: Wassilis Aswestopoulos/IMAGO

Sorge um die Konjunktur

Im vergangenen Jahr war die Inflation infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zeitweise zweistellig gewesen. Die EZB stemmt sich seit Juli 2022 mit einer beispiellosen Serie von Zinsanhebungen gegen diese Entwicklung.

Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann. Teurere Kredite sind zugleich eine Last für die Wirtschaft, weil sich kreditfinanzierte Investitionen verteuern.

Die EZB strebt mittelfristig stabile Preise bei einer Inflationsrate von 2,0 Prozent an. Im September schwächte sich die Teuerung im gemeinsamen Währungsraum deutlich ab. Die Jahresinflationsrate fiel von 5,2 Prozent im August auf 4,3 Prozent.

Zugleich haben sich die Konjunkturaussichten für den Euroraum eingetrübt. Die EZB rechnete zuletzt mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 0,7 Prozent in diesem Jahr. Im Juli war noch ein Plus von 0,9 Prozent vorhergesagt worden.

Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft, wird nach Einschätzung der Bundesregierung und vieler Ökonomen in diesem Jahr sogar leicht schrumpfen.

Lob von Ökonomen

Clemens Fuest, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo in München, hat die Zinspause der EZB begrüßt. "Das ist eine gute Entscheidung. Die schnellen Zinserhöhungen seit etwa einem Jahr haben dazu beigetragen, die Inflation zu dämpfen und die Inflationserwartungen zu stabilisieren, und diese Entwicklung wird sich voraussichtlich in den kommenden Monaten fortsetzen."

Für Zinssenkungen ist es nach Einschätzung von Fuest aber noch zu früh. "Dafür muss die Inflation weiter zurückgehen. Vor allem wegen hoher Lohnabschlüsse und Risiken bei den Energiepreisen ist nicht garantiert, dass das so kommt."

Für die Unternehmen sei die Zinspause "eine gute Nachricht", sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), einem Unternehmensverband.

Unternehmen sind pessimistisch

"Sinkende Inflationsraten und die Stabilität der Leitzinsen haben in einem weiterhin sehr schwierigen wirtschaftlichen Umfeld einen beruhigenden Effekt", so Wansleben. Eine Zinspause bedeute aber auch, dass die Zinsen weiterhin relativ hoch bleiben.

Deshalb müsse die Bundesregierung "konsequenter als bisher" versuchen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. "Wettbewerbsfähige, niedrigere Energiepreise über ein höheres Angebot und Versorgungssicherheit, Steuerentlastungen, schnellere Genehmigungs- und Planungsverfahren, weniger Bürokratie, effektivere Fachkräftegewinnung – es mangelt nicht an sehr konkreten Vorschlägen", sagte Wansleben.

Ebenfalls am Donnerstag hatte der DIHK die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage unter seinen Mitgliedern veröffentlicht. Mehr als jede dritte Firma erwartet demnach in den kommenden zwölf Monaten schlechtere Geschäfte. Als Gründe genannt wurden geopolitische Risiken, der Mangel an Arbeitskräften, Technologieumbrüche, Klimawandel und Energiepolitik. Die Umfrage basiert laut DIHK auf Rückmeldungen von 24.000 Unternehmen aus nahezu allen Branchen und Regionen.

bea/hb (dpa, rtr, afp)