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Exil-Iraner unterstützen Protest

Peter Hille | Helen Whittle
6. Oktober 2022

Weltweit gehen Menschen auf die Straße, um ihre Solidarität mit den Demonstranten im Iran zu zeigen. In Deutschland setzen sich vor allem Exil-Iraner dafür ein, dass die Stimmen des Protests aus dem Iran gehört werden.

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Iran Demonstration in Frankfurt/Main
Frankfurts Bügermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg spricht zu Demonstranten auf dem RömerBild: Bernd Kammerer/dpa/picture alliance

"Heute geht es darum, dass wir den Menschen im Iran zeigen: Ihr seid nicht allein". Mit diesen Worten begrüßte die Frankfurter Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg am Dienstag dieser Woche 4000 Menschen auf dem Römerberg im Herzen der Stadt. Die Demonstration war eine von vielen, die derzeit durch deutsche Städte ziehen, um die Protestbewegung gegen das Regime im Teheran zu unterstützen. Sie entstand vor drei Wochen nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini und richtet sich inzwischen gegen das streng islamische System im Land.

"Die Menschen im Iran sagen: Es reicht. 40 Jahre Unfreiheit und Unterdrückung sind genug. Das Regime in Iran wird enden. Ich weiß nicht wann, aber ich weiß, dass es passieren wird", rief Eskandari-Grünberg in Frankfurt den Demonstranten zu. Die Grünen-Politikerin musste im Jahr 1985 selbst vor politischer Verfolgung aus dem Iran fliehen und lebt seitdem in Deutschland.

Schätzungen zufolge leben etwa 300.000 Exil-Iraner und iranischstämmige Menschen in Deutschland. Viele von ihnen setzen sich für ein Ende des Mullah-Regimes und demokratische Reformen in Teheran ein. "Wir hoffen auf einen Systemwechsel", sagt Hamid Nowzari vom Verein Iranische Flüchtlinge in Berlin. "Es geht jetzt um mehr als nur darum, dass kurzfristig ein paar Reformen umgesetzt werden", so Nowzari im Gespräch mit der DW. Es gehe ums große Ganze, und das ändere sich nur, "wenn diese Verfassung und diese politische Struktur nicht mehr existieren."

Gezielte Sanktionen gefordert

Die Reformbewegung im Exil habe immer die Trennung von Staat und Religion im Iran gefordert. Eine Forderung, für die nun zahlreiche junge Frauen im Iran kämpften. "Dafür stehen im Kern diese drei Wörter, die sie skandieren, "Frau, Leben, Freiheit"."

Iran Demonstration in Frankfurt/Main
Frankfurt: Protest gegen das Regime in TeheranBild: Frank Rumpenhorst/dpa/picture alliance

Von der Bundesregierung fordern Nowzari und andere Aktivisten, dass sie zum Regime in Teheran weiter auf Distanz geht. "Und dass sie nicht wegen Gas- oder Öllieferungen auf grundsätzliche Menschenrechte verzichtet und "Business as usual" macht", so Nowzari.

Die für Gewalt gegen Demonstranten im Iran Verantwortlichen sollten zudem mithilfe des internationalen Strafrechts zur Verantwortung gezogen werden, fordert Nowzari. "Diejenigen, die für die Unterdrückung und für die Verfolgung der Protestierenden verantwortlich sind, sollten sanktioniert werden. Allen aus dem Staatsapparat oder bei den Streitkräften, die sich an Verfolgung und an Niederschlagung beteiligen, sollte auch die Einreise in die Bundesrepublik verboten werden."

"Sie müssen ihre Stimme sein"

Solch gezielte Sanktionen befürwortet auch Ehsan Djafari, der Vorstandsvorsitzende der Iranischen Gemeinde in Deutschland. Unter allgemeinen Sanktionen gegen die iranische Wirtschaft hätte in der Vergangenheit dagegen vor allem die Bevölkerung des Landes gelitten.

Am wichtigsten sei jedoch, dass der Protest der Jugend im Iran gehört werde. Dazu brauche es Aktivisten und Journalisten, die berichten, was im Land passiere. "Sie müssen ihre Stimme sein", sagt Djafari der DW. Im Moment wird das Internet im Iran blockiert. Es ist sehr schwierig, an Informationen zu kommen. "Aber es muss berichtet werden über die Unterdrückung, die Repressalien, die im Moment im Iran stattfinden. Das ist entscheidend, um sie zu überwinden." Er hoffe, dass die nächsten Tage und Wochen nicht noch blutiger würden als bisher.

Abschiebung verhindert

Neben der Sorge um Angehörige und Freunde im Iran treibt Djafari und andere Aktivisten auch die mögliche Abschiebung iranischer Flüchtlinge in ihre Heimat um. Zuletzt hatte der Fall eines 41-jährigen iranischen Flüchtlings in Bayern für Schlagzeilen gesorgt. Die Ausländerbehörde des Landkreises Passau hatte den Mann laut Angaben des Bayerischen Flüchtlingsrates am 29. September unter dem Vorwand ins Amt gelockt, ihm seine Beschäftigung in die amtlichen Duldungspapiere eintragen zu wollen. Dort wurde er jedoch von Polizisten festgenommen und sollte in den Iran abgeschoben werden.

Sein Asylantrag war abgelehnt worden, weil die Behörden ihm nicht glaubten, dass er als Christ im Iran verfolgt wird. Er soll sich vor seiner Flucht im Jahr 2018 an Protesten gegen das Regime beteiligt haben. Nach Druck von Menschenrechtsorganisationen und Kirchen ist die Abschiebung des Mannes nun zunächst ausgesetzt.

 Hamid Nowzari
Hamid Nowzari spricht sich für einen Stopp aller Abschiebungen in den Iran ausBild: DW/M.B.Faghan

"Wir brauchen schnell ein Abschiebeverbot für iranische Geflüchtete", sagt Hamid Nowzari vom Verein Iranische Flüchtlinge in Berlin. "Es sind außerdem zigtausende Iraner in der Türkei, in Griechenland und auf der Balkanroute unterwegs. Deutschland und andere europäische Länder sollten sie großzügig aufnehmen. Das ist auch ein Zeichen der Solidarität."

Nowzari rechnet damit, dass auch in Deutschland weiter demonstriert wird. Auch für das anstehende Wochenende seien wieder zahlreiche Demonstrationen angemeldet zur Unterstützung der Protestbewegung im Iran. Er ist hoffnungsvoll, dass es dem Regime in Teheran diesmal nicht gelingen wird, den Protest im Land niederzuschlagen. "Unsere Träume werden allmählich wahr", sagt er.

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