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Politik

Auf und ab: Europas Rechtspopulisten

2. Dezember 2019

Wer wissen will, wie es mit der "Alternative für Deutschland" (AfD) weitergehen könnte, findet mögliche Antworten in anderen Ländern. Warum manche von Europas rechtspopulistischen Parteien gewinnen und andere verlieren.

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Zehn spektakuläre Freizeitparks in Europa
Bild: Europapark

Umfrage-Höhenflug für Schwedendemokraten

Das hat es in der schwedischen Politik noch nicht gegeben: Nach jüngsten Umfragen liegen die einwanderungskritischen Schwedendemokraten an erster Stelle und haben die "ewig" führenden Sozialdemokraten vom Spitzenplatz verdrängt. Grund ist offenbar die Welle der Bandenkriminalität, die das Land seit Monaten überzieht. Die Schwedendemokraten werfen der rot-grünen Regierung hier Untätigkeit vor. Mit ihrem Neonazi-Hintergrund waren die Schwedendemokraten lange die Schmuddelkinder. Aber unter ihrem jungen Vorsitzenden Jimmie Akesson mit dem Netter-Schwiegersohn-Image hat sich die Partei einen freundlicheren Anstrich gegeben. Zu einem ersten Höhenflug setzten die Schwedendemokraten seit Beginn der Flüchtlingskrise 2015 an, als Schweden proportional zu seiner Bevölkerung mehr Menschen aufnahm als jedes andere europäische Land. Bei der jüngsten Reichstagswahl 2018 wurden sie bereits drittstärkste Partei. Auf lokaler und regionaler Ebene ist es für bürgerliche Politiker kein Tabu mehr, mit den Rechtspopulisten zusammenzuarbeiten. Das haben die Schwedendemokraten der AfD in Deutschland voraus.

Sweden Polizeiabsperrung in Malmö Symbolbild
Durch Bandenkriminalität rückt das Thema innere Sicherheit in Schweden in den Vordergrund Bild: Imago/Dean Pictures/F. J. Dean

Spaniens Vox gegen katalanischen Separatismus

Die Partei Vox huldigt dem früheren Diktator Francisco Franco und dem Stierkampf, sie kämpft gegen Homoehe und Feminismus, gegen afrikanische Einwanderer ist sie sowieso. Dass eine derart reaktionäre Partei Chancen im heutigen Spanien hat, hat vor allem mit dem katalanischen Separatismus zu tun. Lange galt Spanien - trotz Flüchtlingskrise - als Bollwerk gegen den Rechtspopulismus. Doch seit den erbitterten Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern einer Unabhängigkeit Kataloniens hat sich Vox zum Sprachrohr einer unnachgiebigen Haltung gemacht und wurde bei der jüngsten Parlamentswahl im November mit 15 Prozent drittstärkste Kraft. Dem sozialistischen Ministerpräsident Pedro Sánchez wirft der junge Vox-Chef Santiago Abascal Verrat am Vaterland vor. Selbst die konservative Volkspartei ist ihm zu weich; dabei wurde Vox Ende 2013 von ehemaligen Mitgliedern der Volkspartei gegründet. Ähnlich wie in Deutschland mit der AfD will keine andere Partei im spanischen Parlament mit Vox koalieren. Allerdings wird in Madrid die Suche nach einer Regierungsmehrheit immer schwieriger.

Symbolbild Spanien Wahlen
Viele Spanier haben Angst um die Einheit der NationBild: picture-alliance/ZUMAPRESS.com/L. Lizana

Die dänische Volkspartei rechts überholt

Die dänische Volkspartei muss gar nicht regieren. Ihre einwanderungskritischen Positionen haben sich auch so fast überall durchgesetzt, sogar bei den Sozialdemokraten. Die haben im Wahlkampf im vergangenen Sommer die Volkspartei in Migrationsfragen eingeholt, wenn nicht rechts überholt - und konnten mit diesem Programm die bisherige konservativ-liberale Regierung stürzen. Die Volkspartei dagegen stürzte von 21 auf knapp 9 Prozent ab. Der frühere deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel riet seiner Partei nach der Wahl in Dänemark, sie solle es in Deutschland genauso machen: Ein harter Kurs in der Migrationspolitik kombiniert mit einem Linksschwenk in der Sozialpolitik sei das Gebot der Stunde. Andere führende deutsche SPD-Mitglieder distanzierten sich dagegen von ihren dänischen Parteifreunden. Die dänischen Sozialdemokraten traten im Wahlkampf unter anderem für Asylverfahren außerhalb Europas ein und wollten Entwicklungshilfe an die Rücknahmebereitschaft abgelehnter Asylbewerber koppeln.   

Dänemark:  Mette Frederiksen
Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen verfolgt eine harte AsylpolitikBild: picture-alliance/AP/R. Schutze

Wozu noch die Brexit-Partei?

Kaum eine rechtspopulistische Partei in Europa hat einen so steilen Auf- und dann Abstieg erlebt wie die Brexit-Partei in Großbritannien. Gegründet Anfang dieses Jahres, errang sie bei der Europawahl im Mai die meisten britischen Sitze im Europaparlament. Sie stellte damit die beiden traditionell größten britischen Parteien, die Konservativen und Labour, völlig in den Schatten. Ihr Name ist Programm: Sie will, dass das Land nach dem langen Brexit-Hickhack unter der konservativen Regierung die EU möglichst schnell verlässt. Aber die Brexit-Partei hat den konservativen Premier Boris Johnson unterschätzt. Auch er lavierte zwar erst beim EU-Austritt, geht aber jetzt mit dem Plan, bis Anfang kommenden Jahres die EU geregelt zu verlassen, in die anstehende Unterhauswahl am 12. Dezember. Die Öffentlichkeit scheint ihm das überwiegend abzunehmen: In den Umfragen haben die Konservativen bisher mit über 40 Prozent der Stimmen einen soliden Vorsprung, während die Brexit-Partei auf weniger als 5 Prozent, in einigen Umfragen sogar nur noch auf 2 Prozent kommt. Sie ist praktisch überflüssig geworden.

Großbritannien Nigel Farage in Southampton
Zu früh gefreut: Brexit-Partei-Chef Nigel Farage (Mitte) nach der Europawahl, die die Partei haushoch gewannBild: AFP/T. Akmen

FPÖ in Österreich weiter im Ibiza-Tief

Der FPÖ-Chef stürzte ausgerechnet über sein Lieblingsthema Korruption. Heinz-Christian Strache schien in einem heimlich aufgenommenen Video auf Ibiza einer angeblichen russischen Oligarchennichte Zugeständnisse zu machen. Strache trat zurück. Dabei war die Regierungskoalition aus konservativer Volkspartei und rechtspopulistischen Freiheitlichen bei den Österreichern beliebt, vor allem beim Thema innere Sicherheit und Migration, wo sie eine besonders harte Linie verfolgte.

Video von FPÖ-Chef Strache auf Ibiza
War es eine Falle? Für Heinz-Christian Strache (hier vorn im Ibiza-Video) spielt das keine Rolle mehrBild: picture-alliance/dpa/Spiegel/Süddeutsche Zeitung

Die FPÖ bekam bei der Parlamentswahl Ende September die Quittung für Ibiza und stürzte um 10 Prozentpunkte ab auf gut 16 Prozent - verglichen mit der AfD in Deutschland immer noch viel. Doch ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz verhandelt jetzt erst einmal mit den Grünen über eine neue Koalition. Ob daraus ein Regierungsbündnis wird, ist noch unklar; Kurz zufolge sind die Verhandlungen schwierig.

Italiens Lega im Wartestand

Matteo Salvini, Italiens früherer Innenminister und Chef der rechtspopulistischen Lega, war sich zu sicher gewesen. Im August hatte er die Regierung mit der Fünf-Sterne-Bewegung platzen lassen und auf Neuwahlen spekuliert. In den Umfragen hatte der Juniorpartner, die Lega, die Sterne da schon längst überholt. Doch Salvinis Plan ging nicht auf, die Fünf Sterne bildeten eine Koalition mit der sozialdemokratischen PD. Folge ist unter anderem, dass die sehr restriktive Flüchtlingspolitik unter Salvini aufgeweicht wurde. Allerdings darf Salvinis Lega auf eine Rückkehr hoffen: Die jetzige Regierung ist zerstritten. Und in Umfragen liegt die Lega mit 33 Prozent deutlich vor der PD mit 19 und den Sternen mit 17 Prozent. Die Regionalwahl in Umbrien gewann sie deutlich. Es scheint nur eine Frage bis zur nächsten Parlamentswahl zu sein, bis die Lega wieder regiert, und dann voraussichtlich zum ersten Mal als Seniorpartner.

Lampedusa Hafen Sea Watch 3 Anlandung Bootsflüchtlinge
Italiens Flüchtlingspolitik ist ohne Salvini wieder liberaler geworden. Vielleicht nur vorübergehend.Bild: picture-alliance/Photoshot
Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik