Eufemiano Fuentes - Erfolg um jeden Preis
29. Januar 2013Angefangen hat alles auf Gran Canaria. Hier wurde Eufemiano Fuentes Rodriguez vor 57 Jahren in eine der reichsten Familien der Insel hineingeboren. Sein Onkel, ebenfalls ein Eufemiano Fuentes, war als Tabakpatron zu Vermögen gekommen und hatte gleich noch den Fußballklub UD Las Palmas mitgegründet. Bei dem spielte der Neffe kurz nach der Jahrtausendwende auch eine - freilich unrühmliche - Rolle. Als der jüngere Eufemiano dort als Mannschaftsarzt unter Vertrag war, wurden in der Umkleidekabine Spritzen gefunden. "Nur Vitamine", hieß es beim damaligen Erstligisten. Untersucht hat die Spritzen aber niemand. Der Vertrag mit dem Neffen des Vereinsgründers endete jedoch auffallend schnell.
Mit dem Sportwagen zum Training
Frühen Wegbegleitern fiel der junge Eufemiano vor allem als reich und sportbegeistert auf. "Er ist schon mit einem Sportwagen zum Training vorgefahren, als andere überhaupt noch kein Auto hatten", erinnert sich sein damaliger Leichtathletiktrainer Manuel Pascua. Übermäßig talentiert sei der damalige Studentenmeister über 400 Meter Hürden hingegen nicht gewesen. "Aber er hatte schon als Medizinstudent großes Interesse für den Sport und war ein sehr kluger Kopf", erzählt Pascua im Gespräch mit der DW. "Als in den 1970er Jahren schon viele Trainingsgruppen aus dem Ausland auf Gran Canaria trainierten, war Eufemiano mit einer ganzen Menge von Trainern in Kontakt. Er hat alles aufgesogen und so auch Informationen erhalten, was in den Ländern des Ostens geschah." Leichtathletikcoach Pascua trainierte unter anderen den Olympiazweiten von Athen über 100 Meter, Francis Obikwelu, und die Weltmeisterin von Berlin 2009 über 3000 Meter Hindernis, Marta Dominguez. 2009 geriet er selbst ins Visier der Dopingfahnder. Pascua macht keinen Hehl daraus, dass es bei Fuentes' Informationen aus dem Osten auch um Dopingkenntnisse ging. Fuentes soll Pascua zufolge auch in der DDR studiert haben.
Conconis Schüler
Zudem war der umtriebige Mediziner Schüler des italienischen "Dopingpapstes" Francesco Conconi. Der hatte Anfang der 1980er Jahre nicht nur mit Bluttransfusionen herumexperimentiert, sondern auch mit öffentlichen Geldern Leistungsstudien bei EPO-Gaben durchgeführt. Solche Lehrer prägten Fuentes. "Es gab eine Zeit, da war er der bestinformierte Arzt in ganz Europa", meint Pascua über seinen einstigen Schützling.
Engeren Kontakt hatten die beiden auch wegen Cristina Perez. Die 400-Meter-Hürdenläuferin war eine Zeit lang Ehefrau von Fuentes und Athletin von Pascua. Sie beendete 1989 ihre Karriere wegen einer positiven Dopingprobe. "Als Cristina wegen des Trainings zu mir nach Madrid ziehen wollte, hat Eufemiano kurzerhand seine Klinik auf Gran Canaria zugemacht und ist mit nach Madrid gekommen", berichtet Pascua.
Medaillenregen in Barcelona unter Fuentes Regie
Als Mediziner mit Dopingexpertise machte Fuentes in Spanien schnell Karriere. Er war in den 1980er Jahren Leiter der medizinischen Abteilung des Leichtathletikverbandes. 1985 sattelte er auf Radsport um. "Er war zwar neu im Radsport, erarbeitete sich aber schnell einen Ruf. Sein Rat war bei den besten spanischen Teams, aber auch bei ausländischen Rennställen gefragt", sagt Pascua.
1992 wurde Fuentes Chefmediziner des spanischen Olympiateams in Barcelona. Mit 13 Gold-, sieben Silber- und zwei Bronzemedaillen sorgten die von Fuentes betreuten Sportler für einen wahren Medaillenregen. Vier Jahre zuvor hatte Spanien nur vier Olympiamedaillen geholt. Dass zumindest die spanischen Sportfunktionäre eine direkte Verbindung zwischen Fuentes und den Erfolgen sahen, belegt ein Vorgang aus dem Jahr 2008. "Ich weiß, dass sie versucht haben, ihn vor der Olympiade in Peking als medizinischen Koordinator der spanischen Olympioniken zu gewinnen. Aber er hat nein gesagt", erzählt Manuel Pascua.
Betont cool
Trotz des gerade angelaufenen Prozesses darf sich Fuentes also ziemlich sicher fühlen. Er weiß zu viel von zu vielen Personen. Schweigt er, bleibt er wohl weiter im Geschäft. Dass die Guardia Civil Fuentes aus dem Verkehr zog, als er mit Blutkonserven das Doping auf ein gewissermaßen industrielles Niveau heben wollte, dürfte angesichts seiner bisherigen Karriere nur eine Episode darstellen, aber keinen Wendepunkt. Vor dem Gerichtsgebäude in Madrid sagte der Hauptangeklagte den wartenden Journalisten betont cool: "Ich glaube, Sie sind nervöser als ich".