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EU will politische Werbung im Netz regulieren

7. November 2023

Bald soll es in der EU strengere Regeln für politische Werbung in sozialen Medien geben. Auch der Einflussnahme von Drittstaaten auf Wahlen soll ein Riegel vorgeschoben werden.

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Dänemark | Parlamentswahlen | Wahlplakate in Kopenhagen
In der analogen Welt bereits klar als solche erkennbar: Wahlwerbung, hier in Kopenhagen im Oktober 2022 Bild: Sergei Grits/AP Photo/picture alliance

Gezielte Werbung, etwa für politische Parteien, an bestimmte Gruppen von Wählerinnen und Wählern richten: Das ist das sogenannte Mikrotargeting. Dabei werden Personendaten erhoben, unter anderem auf Social-Media-Plattformen, um bestimmte Zielgruppen maßgeschneidert anzusprechen. Bereits Barack Obama soll in seinem Wahlkampf  2008 diese Art der politischen Kommunikation genutzt haben. Berüchtigt und einer größeren Allgemeinheit bekannt wurde die Praxis durch das Unternehmen Cambridge Analytica. Die Agentur, die unter anderem für das Wahlkampfteam von Donald Trump arbeitete, soll unrechtmäßig die Daten von Millionen Facebook-Nutzern besessen haben.  

Mikrotargeting wird eingeschränkt

Diese Art der politischen Werbung soll durch ein neu geplantes Gesetz in Zukunft nicht mehr ohne Weiteres möglich sein. Am Montagabend einigten sich die beiden Gesetzgeber - der Rat der EU und das EU-Parlament - auf das neue Gesetz, welches noch formell abgestimmt werden muss. Es sieht vor, dass Daten der betroffenen Person nur dann erhoben werden dürfen, wenn diese der Verwendung für politische Werbung ausdrücklich zugestimmt hat. Gewisse Daten, die Rückschlüsse auf die ethnische Zugehörigkeit, die politische Gesinnung oder die sexuelle Orientierung zulassen, sollen komplett ausgeschlossen werden, wie der Rat und das EU-Parlament in ihren Pressemitteilungen erklären.

US-Wahlkampf - Obama in Virginia 2008
Mikrotargeting spielte bereits bei seinem Wahlkampf eine Rolle: Barack Obama im November 2008 in VirginiaBild: Xinhua/picture-alliance

Martin Emmer, Professor für Kommunikationswissenschaften an der Freien Universität Berlin, hält dies jedoch nicht für das Ende des Mikrotargetings. Für Parteien sei dieses ein wichtiges Mittel, um Wähler in den Sozialen Medien zu erreichen. Daran führe kein Weg vorbei.

Bei den Vorschriften gehe es vor allem darum, versteckte Beeinflussungsprozesse zu verhindern, meint der Kommunikationswissenschaftler - darunter solche, bei denen Menschen "so auf ihre Lebenssituation zugeschnittene Botschaften bekommen, dass man dahinter überhaupt keine Parteiideologie" mehr erkennen könne.

Klare Kennzeichnungspflicht für politische Werbung

Politische Werbung soll zukünftig klar als solche gekennzeichnet werden. Die neuen Regeln sollen es auch erlauben, Informationen darüber zu erhalten, wer hinter den Anzeigen steht. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass mittelfristig ein öffentlich zugängliches Archiv für politische Anzeigen entstehen soll.

Außerdem soll in Zukunft der Einfluss von Nicht-EU-Staaten auf Wahlen in der EU verringert werden. In den drei Monaten vor einer Wahl oder einem Referendum soll es - laut Presseerklärung des EU-Parlaments - verboten werden, dass Wahlwerbung aus Drittländern finanziert wird. Diese neuen Regeln, erklärte der Berichterstatter Sandro Gozi von der liberalen Renew-Fraktion im Europaparlament, würde es ausländischen Akteuren erschweren, Fehlinformationen zu verbreiten und in demokratische Prozesse einzugreifen.

Schutz vor ausländischer Einflussnahme

In Deutschland könnte das Gesetz etwa türkischstämmige Wähler betreffen, die im Auftrag türkischer Politiker angesprochen werden. Und auch wenn Russland nicht explizit genannt wird, dürfte es auch um Versuche russischer Einflussnahme gehen. Bereits vor der vergangenen EU-Wahl hat die EU-Kommission vor russischer Einmischung gewarnt

Kommunikationswissenschaftler Emmer bezweifelt, dass Akteure, die einen "Informationskrieg" führten, sich von den neuen Regeln abhalten lassen. Dennoch glaubt er, dass die Regeln mehr Kontrolle durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten ermöglichen. Auch begrüßt er die Einführung eines Archivs, welches es der Wissenschaft erlaube, die Effektivität der Maßnahmen zu untersuchen. 

Der Großteil der neuen Regelung wird wohl nicht mehr rechtzeitig für die anstehenden Europawahlen in Kraft treten. Es ist eine achtzehnmonatige Übergangsfrist vorgesehen, die beginnt, sobald die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament dem Gesetz formal zugestimmt haben.

DW Mitarbeiterin Lucia Schulten
Lucia Schulten Korrespondentin in Brüssel