Entwicklung im beiderseitigen Interesse
22. Oktober 2010Vor dem Hintergrund klammer Haushalte haben es Regierungen zur Zeit schwer, gegenüber ihren Bürgern Ausgaben für Entwicklung zu rechtfertigen. Doch der belgische Entwicklungshilfeminister Charles Michel meint, es gehe nicht darum, Schecks zu unterschreiben. "Entwicklung ist nicht eine Wohltätigkeitspolitik, um sein Gewissen zu beruhigen. Es geht darum, die Überzeugung umzusetzen, dass man etwas für die Zukunft der Menschheit tut."
Mehr Eigenverantwortung von Entwicklungsländern gefordert
So hochtrabend würde das der deutsche Minister Dirk Niebel von der FDP wohl nicht ausdrücken. Er findet, bisher sei sowohl bei der deutschen als auch bei der europäischen Entwicklungszusammenarbeit zu sorglos mit dem Geld der Steuerzahler umgegangen worden. "Entwicklungszusammenarbeit muss ergebnisorientierter werden." Die Wirkung sei wichtiger als die Frage, wieviel Geld ausgegeben werde. "Auf der anderen Seite fordern wir von unseren Entwicklungspartnern aber auch mehr Eigenverantwortung ein, denn wir wissen, dass wir kein Land von außen entwickeln können, und schon gar nicht, wenn es keine entwicklungsorientierte Partnerregierung gibt."
EU-Länder konterkarieren sich gegenseitig
Trotzdem ist Niebel dafür, auf EU-Ebene dem gesamten Bereich Außen- und Sicherheitspolitik und Entwicklungszusammenarbeit mehr Geld zu geben. Alle drei sieht er in einem engen Zusammenhang. Wenn es nach ihm ginge, sollen zur Finanzierung die EU-Landwirtschaftssubventionen heruntergefahren werden. Besonders ärgerlich ist für Niebel, wie widersprüchlich EU-Entwicklungspolitik sein kann, weil Staaten unterschiedliche Maßstäbe an die Partnerländer anlegen. "Es kann nicht sein, dass die EU Länder mit Budgethilfe unterstützt, denen wir bilateral keinen Cent geben würden". Das sei nicht nur ineffizient, sondern "das führt dazu, dass man nicht auch eine Gegenleistung – bessere Regierungsführung, Einhaltung der Menschenrechte – fordern kann, und ich glaube, hier müssen wir einheitlicher vorgehen."
Sparen, aber nicht bei Entwicklung
Deutschland gehört zu denjenigen Staaten, die unter dem UN-Ziel bleiben, mindestens 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben. Manche Länder schrauben ihren Anteil sogar noch weiter zurück und begründen das auch mit der Wirtschaftskrise. Doch EU-Entwicklungskommissar Andris Piebalgs meint, das sei kein Grund. Großbritannien, das bei einem sonst drastischen Sparprogramm die Entwicklungspolitik von Kürzungen verschone, setze ein positives Beispiel. Das übe auch einen Druck auf andere Länder aus, so dass diejenigen, die mit ihren Ausgaben hinterhinkten, "immer weniger werden und immer einsamer." Die EU-Staaten haben sich vorgenommen, bis spätestens 2015 diesen Anteil zu erreichen. Die Kommission will die Staaten öffentlich benennen, die sich weiter von diesem Ziel entfernen.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Fabian Schmidt