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EU vertagt Beitrittsgespräche mit Kroatien

17. März 2005

Die EU-Außenminister haben die geplanten Beitrittsverhandlungen mit Zagreb ohne neue Terminfestlegung verschoben. Als Grund wird die unzureichende Kooperation Kroatiens mit dem Haager Kriegsverbrecher-Tribunal genannt.

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Kroatien vor der Schwelle zur EU ausgebremstBild: AP

Die Tür für Kroatien bleibe offen, versicherte der luxemburgische Außenminister und Ratsvorsitzende Jean Asselborn, nachdem der Ministerrat, übrigens zum ersten Mal in der EU-Geschichte, die bereits für Donnerstag (17.3.) terminierten Beitrittsgespräche abgesetzt hatte. Acht der 25 EU-Mitgliedsstaaten hatten sich am Ende für Kroatien stark gemacht, aber die klare Mehrheit war gegen die Aufnahme von Verhandlungen, wie Jean Asselborn erläuterte: "Wegen mangelnder Einstimmigkeit sind die Verhandlungen verschoben worden. Die bilaterale Regierungskonferenz kann dann zusammentreten, wenn der Ministerrat feststellt, dass Kroatien vollständig mit dem UN-Tribunal zusammenarbeitet."

Gotovina versperrt Weg in die EU

Die EU bemängelt, dass die kroatische Regierung den mutmaßlichen Kriegsverbrecher, General Ante Gotovina, nicht an das UN-Tribunal in Den Haag ausgeliefert hat. Der deutsche Staatsminister Hans-Martin Bury, der Außenminister Joschka Fischer vertrat, sagte, der Ball sei jetzt im Feld von Zagreb: "Es gibt eine Reihe ernstzunehmender Hinweise, dass die kroatische Regierung mehr tun könnte, als sie in der Vergangenheit getan hat. Ich halte es für ermutigend, dass in der Zwischenzeit die Anstrengungen massiv verstärkt worden sind. Unsere Forderung ist, dass Kroatien alles tut, um Gotovina ausfindig zu machen und auszuliefern."

Beistand von Nachbarstaaten

Der kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader hatte im EU-Parlament erneut beteuert, er wisse nicht, wo Gotovina sich aufhalte und könne ihn deshalb nicht aufliefern. Österreich hatte sich wie andere direkte Nachbarn Kroatiens für Betrittsverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt stark gemacht. Außenministerin Ursula Plassnik misstraut den Angaben der Chefanklägerin des UN-Tribunals, Carla del Ponte. Diese behauptet aufgrund von Geheimdienstberichten, die kroatische Regierung decke den flüchtigen General. Frau Plassnik sieht das anders: "Ich habe das von meiner Seite in Frage gestellt und habe auch darauf hingewiesen, dass, wenn wir nicht ausschließen können, dass die Vornahme bestimmter Handlungen nicht möglich ist, wir hier mit großer Vorsicht vorgehen sollten. Denn Unmögliches kann man nicht verlangen."

Tür zur EU bleibt offen

Um die Enttäuschung in Kroatien zu lindern, betonte die Europäische Union in einer Erklärung, dass es nach wie vor das Ziel sei, Kroatien und die restlichen Balkanstaaten aufzunehmen. Ein neues konkretes Datum für einen möglichen Start von Beitrittsgesprächen wurde aber nicht festgelegt. Warum nicht, erklärt der deutsche Staatsminister Hans-Martin Bury: "Weil es uns nicht darum geht, die Verhandlungen auf lange Zeit zu verschieben, sondern wir ein Interesse daran haben, so rasch wie möglich Verhandlungen aufzunehmen. Das bedeutet, sobald Kroatien die Bedingungen erfüllt, können wir starten. Wir haben ganz bewusst - und Deutschland hat sich dafür eingesetzt - den Verhandlungsrahmen beschlossen, so dass EU-seitig alle Voraussetzungen erfüllt sind."

Mahnung an andere Balkanstaaten

Ob die Auslieferung von General Gotovina eine strikte Bedingung ist, hat die EU offengelassen. Einige Mitgliedsstaaten würden sich auch mit dem Nachweis zufrieden geben, dass alle möglichen Anstrengungen durch die kroatischen Behörden, ihn dingfest zu machen, unternommen wurden. Die EU versteht den Beschluss auch als Mahnung an die übrigen Beitrittskandidaten auf dem Balkan, eng mit dem UN-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien zusammenzuarbeiten.

Bernd Riegert, Brüssel
DW-RADIO, 16.3.2005, Fokus Ost-Südost