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Politik

EU sucht neue Rolle im Verhältnis zu den USA

6. Oktober 2021

Nach den jüngsten Alleingängen der US-Amerikaner muss sich die Europäische Union neu positionieren. Die EU-Staats- und Regierungschefs diskutieren in Slowenien über mehr Eigenständigkeit auf internationaler Bühne.

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßt Kanzlerin Angela Merkel
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßt Kanzlerin Angela Merkel zum Auftakt des EU-Gipfels am Dienstagabend Bild: Ludovic Marin/AFP/Getty Images

EU-Ratspräsident Charles Michel konstatiert zu Beginn des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs, es gehe darum, "wie die Europäische Union genügend Einfluss auf internationaler Ebene ausüben kann, um unsere Werte und Interessen zu verteidigen". Die Diskussion sei vor allem nach den geopolitischen Entwicklungen in Afghanistan und im Indopazifik sowie mit Blick auf die Beziehungen zu China wichtig, sagte Michel im Schloss Brdo in Slowenien. Die NATO sei ein Grundpfeiler für die Sicherheit in Europa. Dennoch müsse die EU überlegen, wie sie im Rahmen der bestehenden Partnerschaften autonomer agieren könne. Es gehe auch darum, diese zu stärken.

Macron fordert ein stärkeres Europa - auch auf militärischer Ebene

Der französische Präsident Emmanuel Macron betonte: "Auf technologischer, industrieller, finanzieller, aber auch auf militärischer Ebene müssen wir die Grundlagen für ein stärkeres Europa schaffen." Macron hatte bereits nach dem überstürzten Abzug aus Afghanistan im August eine größere militärische Unabhängigkeit von den USA gefordert. Zu Verteidigung und Sicherheit will er unter französischem Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2022 einen eigenen EU-Gipfel abhalten.

Charles Michel
EU-Ratspräsident Charles Michel rechnet mit harten Diskussionen über den künftigen Kurs Bild: Darko Bandic/AP/picture alliance

Die Forderung nach mehr Autonomie der EU stößt bei osteuropäischen und den baltischen Staaten auf Widerstand. Sie sehen in den USA und der NATO einen Garanten ihrer Sicherheit gegenüber Russland.

Weitere Themen bei dem Abendessen der 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Brdo pri Kranju waren die Beziehungen zu China und die massiv gestiegenen Energiepreise.

Die EU ist verstimmt darüber, dass die USA in den vergangenen Monaten hinter dem Rücken der Europäer mit Großbritannien und Australien einen Sicherheitspakt für den Indopazifik ausgehandelt hatten. Insbesondere die Regierung in Paris ist wütend, weil mit dem Pakt ein 56 Milliarden Euro schwerer U-Boot-Vertrag Australiens mit Frankreich geplatzt ist.

Kanzlerin Angela Merkel und der niederländische Regierungschef Mark Rutte
Gute Laune, jedenfalls beim informellen Abendessen: Kanzlerin Angela Merkel und der niederländische Premier Mark Rutte Bild: Benoit Doppagne/BELGA/dpa/picture alliance

EU beklagt mangelnde Rücksichtnahme der USA

Zudem wird der US-Regierung unter Präsident Joe Biden mit Blick auf den Abzug aus Afghanistan mangelnde Rücksicht auf Interessen der EU-Partner vorgeworfen. Hinzu kommt die Skepsis gegenüber dem konfrontativen Kurs der USA gegen China und den Versuchen, die Europäische Union ins Boot zu holen.

Parallel zum Gipfelauftakt protestierten Tausende Menschen in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung. Die Polizei setzte mehrfach Tränengas und Wasserwerfer gegen Randalierer ein. Auf einem gesperrten Platz umstellten Demonstranten das Auto einer ausländischen Delegation, wie die slowenische Nachrichtenagentur STA unter Berufung auf die Polizei berichtete.

Weiter hieß es, Journalisten seien bei den Protesten beleidigt, bedroht und weggestoßen worden. Am Eingang des TV-Senders "N1" zertrümmerten Randalierer eine Glastür. Mehrere Menschen wurden festgenommen. 

Ein Polizist feuert Tränengas ab
Mit Tränengas gegen Randalierer in der slowenischen Hauptstadt LjubljanaBild: Petr David Josek/AP Photo/picture alliance

Das zweitägige Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs findet in Slowenien statt, weil das Land derzeit die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat. An diesem Mittwoch kommen die Staats- und Regierungschefs mit Vertretern der Westbalkanstaaten Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und dem Kosovo zusammen. Es geht um EU-Beitrittsperspektiven.

se/wa (dpa, rtr, afp)