Das Stockholmer Programm
21. April 2010Nicht weniger als 170 Initiativen in der Justiz- und Innenpolitik will die EU bis 2014 auf den Weg bringen. Bei vielen geht um ganz praktische Probleme des Lebens, erklärt EU-Justizkommissarin Viviane Reding, denn inzwischen nutzen rund neun Millionen Europäer das Recht, sich frei in der EU zu bewegen, sei es, um zu studieren, zu arbeiten oder in ihrer Freizeit. Problematisch werde es beispielsweise bei Partnerschaften, wenn "der eine diese Staatsbürgerschaft hat, der Partner hat vielleicht eine andere, und beide leben in einem Drittland. Das ist sehr kompliziert: Welches Recht gilt? Wie bekommen sie ihre Unterlagen anerkannt bei Heirat, Adoption, bei einem Testament", betont Reding. Die EU müsse sich um diese Dinge im Privatleben der Bürger kümmern, denn manches könne sonst wirklich zum Albtraum werden. Trotz gemeinsamem Binnenmarkt ist die Vielfalt der Regelungen in den einzelnen Ländern fast unüberschaubar.
Unklare Regelungen behindern auch die Wirtschaft
Die Hürden gelten genauso für das Geschäftsleben - beispielsweise den Handel im Internet. "Der grenzüberschreitende Internethandel funktioniert einfach nicht", meint Reding. Im vergangenen Jahr hätten nur acht Prozent der EU-Verbraucher Waren und Dienstleistungen über das Internet gekauft. Daran ändere sich nichts, einfach weil die Menschen nicht sicher seien, welche Rechte sie haben, wenn sie eine Grenze überschreiten. "Aber auch die Unternehmen sind unsicher: 60 Prozent der grenzüberschreitenden Internetverkäufe kommen nicht zustande, weil die Online-Händler das Land des Verbrauchers nicht bedienen", so Reding. Gerade in diesen ganz praktischen Dingen gebe es für Kommission, Mitgliedsstaaten und Parlament noch viele dicke Bretter zu bohren.
Mehr Schutz für EU-Bürger
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström will unterdessen dafür sorgen, dass bei allen Sicherheitsbelangen die Grundrechte der Bürger im Vordergrund stehen. Bisher hatten oft staatliche Sicherheitsinteressen Vorrang. "Terrorismusbekämpfung ist ein wichtiger Teil des Stockholmer Programms. Aber das muss natürlich immer Hand in Hand gehen mit einem starken Schutz der Grundrechte und Datenschutz", betont Malmström. Die Bürger wollen wissen, wann ihre Daten verwendet werden, warum und wie, und "wir brauchen einen starken Schutz und rigorose Bedingungen dafür."
Mit dem Aktionsplan setzt die Kommission das sogenannte Stockholmer Programm um. Während der schwedischen Ratspräsidentschaft im Dezember vergangenen Jahres hatten die Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel Vorgaben für die Zusammenarbeit in der Justiz- und Innenpolitik bis 2014 gemacht. Die Kommission legt genau fest, wann sie in der Legislaturperiode welchen Gesetzesvorschlag machen will.
Seit 1999 gibt sich die EU ein Rahmenprogramm für die Innen- und Justizpolitik der kommenden fünf Jahre. Das erste verabschiedeten die EU-Staats- und Regierungschefs 1999 im finnischen Tampere, ihm folgte 2004 das Programm, das in Den Haag gebilligt wurde.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Nicole Scherschun