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EU-Länder wollen leichteren Abschuss von Wölfen

25. September 2024

Pläne, die Jagd auf Wölfe in Europa zu vereinfachen, haben eine entscheidende Hürde genommen. Deutschland sorgt mit seinem Ja bei der entsprechenden EU-Abstimmung in Brüssel für die nötige Mehrheit.

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Zwei Wölfe auf einer freien Waldfläche, dahinter Sträucher
Wölfe in einem Wald in Deutschland (Archivbild) Bild: S. Meyers/blickwinkel/picture alliance

In der Europäischen Union (EU) soll der Schutzstatus des Wolfes von "streng geschützt" auf "geschützt" gesenkt werden. Damit könnten Wölfe vermutlich leichter abgeschossen werden, auch wenn Einzelheiten hierzu noch nicht feststehen. Die Abstimmung der Vertreterinnen und Vertreter der 27 EU-Mitgliedsländer sei - so Diplomaten in Brüssel - erst der Auftakt eines längeren Prozesses gewesen.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte sich bereits vor Monaten für die Pläne ausgesprochen, nun gab auch Umweltministerin Steffi Lemke (ebenfalls Grüne) ihren Widerstand auf. "Die Bestandszahlen des Wolfes haben sich in den letzten Jahren so entwickelt, dass diese Entscheidung aus Sicht des Naturschutzes verantwortbar und aus Sicht der Weidetierhalter notwendig ist", erklärte Lemke in Berlin. Eine Reduzierung des Schutzstatus könne dem Gesetzgeber mehr Spielraum und Flexibilität im Umgang mit problematischen Wölfen geben, sie sei aber kein Freifahrtschein für ungeregelte Abschüsse. "Der Wolf ist und bleibt eine geschützte Art, sein guter Erhaltungszustand das Ziel", betonte sie.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Archivbild) Bild: Ann-Marie Utz/dpa/picture-alliance

Bislang dürfen Wölfe in der EU nur abgeschossen werden, wenn sie sich auffällig verhalten und eine Gefahr für den Menschen und Weidetiere darstellen. Mit einer Absenkung des Schutzstatus wäre nach Angaben des Umweltministeriums ein sogenanntes Bestandsmanagement möglich. Der Wolf wäre dann noch geschützt, eine Jagd auf die Tiere aber grundsätzlich möglich.

Wird Spanien zum Wolfsland?

Lemke wies zugleich darauf hin, die geplanten Änderungen würden nur den Umgang mit Wölfen betreffen. Die Natur- und Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) hatte zuvor befürchtet, nach dem Wolf werde in der EU möglicherweise weiteren "unbequemen" Arten ihr Schutzstatus entzogen. "Wir sprechen über den Wolf, und zwar ausschließlich über den Wolf", machte an diesem Mittwoch auch ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel nochmals deutlich. Die Absenkung des Schutzstatus sei "ein wichtiger Schritt zur Bewältigung der Herausforderungen, die mit der wachsenden Wolfspopulation entstehen".

"Immer mehr Angriffe auf Schafe und Rinder"

Die Bundesregierung reagiert mit ihrer Kursänderung auch auf eine Diskussion, die zunehmend aggressiv in Deutschland geführt wird. Der Deutsche Bauernverband warnt vor steigenden Angriffen auf Nutztiere wie Schafe und Rinder durch Wölfe. Sie würden für die Weidetierhaltung zum Problem. Herdenschutzmaßnahmen zur Abwehr von Wölfen würden zunehmend überwunden, heißt es. Insbesondere Viehhalter in Flächenländern wie Niedersachsen oder Brandenburg sind aufgebracht. Für 2022 gab der Bauernverband mehr als 4300 getötete, verletzte oder vermisste Nutztiere an.

Ein Wolf mit fletschenden Zähnen zwischen Felsen
Ein Eurasischer Wolf - auch als Europäischer Grauwolf bezeichnet (Archivbild) Bild: M. Weber/blickwinkel/McPHOTO//picture alliance

Wenn die jetzige Entscheidung in Brüssel auch formell auf Ministerebene angenommen worden ist, kann die EU einen entsprechenden Antrag auf Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs beim sogenannten Ständigen Ausschuss der Berner Konvention einreichen. Diese ist ein 1979 verabschiedeter völkerrechtlicher Vertrag des Europarates zum Schutz europäischer, wildlebender Tiere und Pflanzen. Neben der EU haben ihn auch Länder wie die Türkei, die Schweiz und Marokko unterzeichnet. Um den Status des Wolfs herabzusenken, müsste zunächst dieser Vertrag abgeändert werden. Anschließend könnte die EU-Kommission konkrete Vorschläge für die künftigen Jagdregeln für Wölfe machen.

Nach Angaben des WWF wurde der Wolf in Westeuropa und damit auch in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Im Osten und Süden Europas überlebte er. In den 1970er und 1980er Jahren erfolgte ein Umdenken, in vielen europäischen Ländern wurde er unter Schutz gestellt.

Laut Bundesumweltministerium wurden im Beobachtungsjahr 2022/2023 knapp 1400 Wölfe in Deutschland nachgewiesen. Das Europäische Umweltbüro, ein Dachverband von Umweltorganisationen, schätzt, dass es in Europa rund 20.000 Tiere gibt.

se/sti (dpa, afp)