1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Flüchtlingsfrage vertagt

25. Februar 2011

Die erwartete Massenflucht aus Nordafrika nach Europa sorgt in der EU für Streit zwischen den nördlichen und südlichen Mitgliedsländern. Kommen die Flüchtlinge oder nicht? Sind die Lasten gerecht verteilt?

https://p.dw.com/p/10PGq
Ein Flüchtlingsboot (Foto: dpa)
Wieviele Flüchtlinge werden kommen?Bild: picture-alliance/dpa

Der italienische Innenminister Roberto Maroni schlug beim Treffen der Innenminister der EU in Brüssel am Donnerstag (25.02.2011) Alarm.

Italiens Innenminister Roberto Maroni (Foto: AP/dapd)
Roberto Maroni fordert gerechte LastenverteilungBild: dapd

Er sähe riesige Flüchtlingswellen aus Nordafrika auf Europa zurollen. Ziel der Flüchtlinge aus Tunesien in den vergangenen Wochen war vor allem Italien. "Was im Mittelmeerraum geschieht, ist nicht allein ein Problem für Italien und die europäischen Mittelmeerländer. Es ist ein Problem für Europa und die Welt" betonte Maroni und forderte gesamteuropäische Hilfe. "Wir stehen vor einem humanitären Notstand, und wir können damit nicht alleingelassen werden“, warnte er.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (Foto: epa)
Thomas de Maiziere fordert mehr Engagement von ItalienBild: picture-alliance/dpa

Italien will, dass auch die nördlichen Länder Flüchtlinge aufnehmen. Doch die winken ab. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière erklärte, Deutschland habe "im letzten Jahr rund 40.000 Asylbewerber aufgenommen, das kleine Schweden 30.000, Belgien 20.000, Italien 7.000." Italien sei "gefordert, aber bei weitem noch lange nicht überfordert“ und nahm Italien in die Pflicht.

Wie stark ist der Fluchtdruck wirklich?

Ob aus Libyen überhaupt eine sehr viel größere Flüchtlingswelle auf Europa zurollen werde, sei noch keineswegs sicher, glaubt de Maizière, man solle sie nicht "herbeireden". Doch Kritiker sagen, die Europäer wollten Flüchtlinge unter allen Umständen fernhalten. "Ein Menschenstrom sollte nicht als Sicherheitsrisiko oder irgendeine Art von Bedrohung, sondern als humanitäre Angelegenheit betrachtet werden," erklärte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, bereits am Mittwoch (23.02.2011) bei einem Besuch in Brüssel. Europa müsse "jetzt Europas Pflicht, die Menschenrechte zu schützen, beweisen. Es gibt die unmittelbare Pflicht, diese Menschen zu schützen."

UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay (Foto: AP)
Navi Pillay fordert Hilfe für Flüchtlinge statt DebattenBild: AP

Die Innenminister legen Wert auf die Unterscheidung zwischen Menschen, die wegen Verfolgung Asyl beanspruchen können, und reinen Wirtschaftsflüchtlingen. Von den Flüchtlingen aus Tunesien habe nur ein sehr geringer Teil Asyl beantragt, sagte de Maizière.

Bessere Lebensverhältnisse als Lösung

Er zog eine Parallele zur Situation während des Jugoslawien-Krieges vor rund 20 Jahren, als Deutschland mehrere hunderttausend Flüchtlinge aufgenommen hatte. "Wenn wir etwas lernen, dann ist es nicht dabei zu helfen, Menschen aus dem Land zu bringen, sondern dabei zu helfen, dass Menschen in ihrem Land bleiben und Arbeit finden. Das muss die Lektion auch der Entwicklung im Balkan der 90er Jahre sein und nicht umgekehrt."

Infografik Zahlen zur Migration in der EU

Doch bessere Lebensverhältnisse in den Herkunftsländern zu schaffen, ist eine Langzeitaufgabe. Im akuten Fall Libyen hat die EU nun erneut konkrete Entscheidungen vertagt, am Mittwoch in der Sanktionsfrage, am Donnerstag beim Umgang mit Flüchtlingen.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Fabian Schmidt