1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Es fehlten nur noch Hakenkreuze"

25. Oktober 2004

- Faschistische Veranstaltung von Ungarn in der Vojvodina

https://p.dw.com/p/5lfZ

Belgrad, 24.10.2004, VECERNJE NOVOSTI, serb., aus Mali Idjos

Am Samstag Abend (23.10.) hat in der Diskothek "Orion" in Mali Idjos – einer Kleinstadt in der Vojvodina, zwischen Srbobran und Subotica gelegen – ein Treffen der extremistischen "Jugendbewegung 64 Gespanschaften" stattgefunden. Die Veranstaltung war von den serbischen Behörden genehmigt. Es nahmen daran mehrere Hundert junger Ungarn aus diesem Ort und benachbarten Orten teil. Es begann damit, dass gegen 19 Uhr im Zentrum von Mali Idjos ein Bus eintraf, aus dem etwa 50 junge Männer aus Ungarn ausstiegen. Sie trugen schwarze faschistische Uniformen. Ferner trugen sie T-Shirts mit der Aufschrift "Delvedek", was auf Ungarisch "südliches Land" oder "Süd-Provinz" bedeutet. Einige Ungarn waren auch komplett in Militäruniform (es fehlten lediglich Gewehre). Umgehend breiteten sie die alte ungarische Fahne aus mit einem Wappen darauf, das Groß-Ungarn symbolisiert. Wenn neben ihnen nicht zwei Angehörige der serbischen Polizei gestanden hätten, dann hätte ein uninformierter Beobachter den Eindruck gewonnen, mitten in Ungarn zu sein und nicht mitten in der Vojvodina.

Das Fest begann erst richtig, als die ungarische Rockgruppe "Karpatia" eintraf und alle von Kornel Kis, der eben von der Liste "Jugendbewegung 64 Gespanschaften" in den Gemeinderat in Mali Idjos gewäht wurde, begrüßt wurden. Er sprach von schweren Augenblicken in der ungarischen Geschichte. Dabei hob er besonders den Aufstand der Ungarn 1956 hervor, der, angeführt von Russland, vom Warschauer Pakt zerschlagen wurde.

Hunderte junger Männer und Frauen füllten die Diskothek "Orion" und den Platz davor. Sie skandierten "Weg mit Trianon!" (damit fordern sie offen, den Vertrag von Trianon aufzuheben, nach dem die Vojvodina 1920 Serbien beziehungsweise dem Königreich Jugoslawien angeschlossen wurde) schwangen drei ungarische Fahnen, die seinerzeit Groß-Ungarn beziehungsweise die Österreich-ungarische Monarchie symbolisierten. Erst dann griffen zwei Angehörige der serbischen Polizei ein. Sie ordneten an, die Fahnen des Königreichs Ungarn vor der Diskothek zu entfernen, was jedoch nicht geschah. Die Polizisten selbst haben es nicht gewagt, dies zu tun, weil die Atmosphäre so geladen war, dass es sicherlich zu Zwischenfällen gekommen wäre.

Bei dieser allen Merkmalen nach faschistischen Veranstaltung fehlten nur Hakenkreuze und Waffen, um den Eindruck perfekt zu gestalten. Für die entsprechende "Würze" sorgte der Kinderchor aus dem benachbarten Totov Selo, die neben Kinderliedern auch "patriotische" Lieder sagen. Darin wurden Ada, Coka, Temerin und andere Orte als ungarische Gespanschaften bezeichnet. Interessierte konnten auch Landkarten der so genannten "64 ungarischen Gespanschaften" erhalten, die sich bis Temerin, also praktisch bis Novi Sad erstrecken.

An die Teilnehmer dieser Veranstaltung wandte sich mit dem Gruß "Weg mit Trianon!" auch der ehemalige ungarische Politiker aus Senta, Rac Szabo Laszlo, Präsidiumsmitglied des Internationalen Ungarn-Verbandes. Den Höhepunkt der Veranstaltung bildete der Auftritt von Laszlo Toroczkay, Präsident dieser Bewegung aus Segedin und Chefredakteur einer der auflagenstärksten ungarischen Zeitungen. Er hielt eine flammende Rede über die Notwendigkeit, die Ungarn zu vereinen. Er gab dabei auch eine Geschichte zum Besten, und zwar hätten fünf Serben vor rund zehn Tagen in Subotica bei einer Prügelei mit ihm und einem Freund den Kürzeren gezogen, weil sie ihm angeblich gesagt hätten, dies sei nicht sein Land. (...) (md)