Erste Bewohner im Thomas-Mann-Haus
19. September 2017Die Thomas-Mann-Villa in Kalifornien (oben im Bild, davor Thomas Mann mit seiner Frau und zwei Enkelkindern) wird bald wieder bewohnt: Das Residenzprogramm richtet sich an herausragende Persönlichkeiten aus allen Bereichen der deutschen Gesellschaft, insbesondere aus Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Medien. Sie sollen sich mit den großen Fragen der Zeit beschäftigen und sich mit Persönlichkeiten und Institutionen in den USA austauschen und vernetzen.
Die ersten Stipendianten wurden am 19.9.2017 in Berlin vom Auswärtigen Amt und Kulturstaatsministerin Monika Grütters bekanntgegeben. Es sind der Schauspieler Burghart Klaußner, die Berliner Soziologin Jutta Allmendinger, der in Göttingen lehrende Literaturwissenschaftler und Thomas-Mann-Forscher Heinrich Detering, der Professor für Mikroelektronik Yiannos Manoli und die Journalistin Sylke Tempel ("Internationale Politik" ). Die Nominierten sollen das Haus, das zur Zeit saniert wird, 2018 einweihen und dort leben und arbeiten.
Eine Art "Weißes Haus des Exils"
Die Bundesregierung hat es mit dem Kauf 2016 wohl vor dem Abriss gerettet: das Haus, in dem Thomas Mann den "Dr. Faustus", "Lotte in Weimar" sowie Teile von "Joseph" und von "Felix Krull" geschrieben hat. Am westlichen Rand von Los Angeles liegt die vom deutschen Modernisten Julius Ralph Davidson entworfene Villa, die mit 489 Quadratmetern nicht besonders groß, aber sehr geschichtsträchtig ist.
"Thomas Manns Haus war so etwas wie das 'Weiße Haus des Exils'", sagte der damalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier der "Süddeutschen Zeitung" nach dem Erwerb. "Hier war die Heimat für viele Deutsche, die gemeinsam für eine bessere Zukunft unseres Landes gestritten, um die Wege zu einer offenen Gesellschaft gerungen und ein gemeinsames transatlantisches Wertefundament erarbeitet haben."
Verständigung in politisch schwierigen Zeiten
Um dieses transatlantische Wertefundament geht es auch dem jetzigen Außenminister Sigmar Gabriel, der betonte, wie wichtig es in einer konfliktbeladenen Welt sei, "vorpolitische Freiräume" zu schaffen. "In schwierigen Zeiten, in denen uns auch manches über den Atlantik hinweg trennt, ist vor allem der kulturelle Austausch für offene Gesellschaften und für unser gemeinsames transatlantisches Wertefundament unverzichtbar."
Kulturstaatsministerin Grütters bezeichnete den Erwerb des Thomas-Mann-Hauses als "großen Glücksfall und zugleich eine große Verpflichtung". Mit dem Residenzprogramm wolle man ein Gesprächs- und Diskursangebot unterbreiten, das der zunehmenden Konfrontation und Polarisierung begegnen könne. "Wo der intellektuelle Diskurs missachtet wird, kritischer Journalismus nicht gewünscht ist, wird es Aufgabe herausragender Persönlichkeiten sein, für die Freiheit der Kunst und der Presse und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt mit all ihren Möglichkeiten einzutreten."
jhi/pj (dpa/epd)