Wende im Streit um kubanische Rum-Marke
18. Dezember 2024Ein neues US-Gesetz verschärft die politischen und wirtschaftlichen Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba. Anfang Dezember 2024 unterzeichnete der scheidende US-Präsident Joe Biden ein Gesetz, das es US-Gerichten verbietet, Rechte an Marken anzuerkennen, die ohne Zustimmung der ursprünglichen Eigentümer seit 1959 von kubanischen Regierung "illegal beschlagnahmt" wurden.
Im Jahr 1959 stürzten Revolutionäre um Fidel Castro den damaligen kubanischen Diktator Fulgencio Batista und errichteten in der Folge einen sozialistischen Staat. Im Zuge der Revolution wurden US-Firmen und -Bürger enteignet, die USA reagierten mit einer dauerhaften Blockade gegen Kuba.
Überraschende Wende
Der "No Stolen Trademarks Honored in America Act of 2023" gibt dem jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Spirituosenhersteller Bacardi und der kubanischen Regierung um die Rechte an der Rum-Marke Havana Club eine neue Wendung. Zuvor hatten US-Gerichte das kubanische Eigentum an der Marke Havana Club bestätigt.
Nach der neuen Gesetzgebung aber wären Kubas Staatsunternehmen Cubaexport und sein französischer Partner, der Getränkekonzern Pernod Ricard, nicht mehr befugt, die Rechte an der Marke Havana Club in den USA auszuüben. Havana Club ist die führende Marke unter den kubanischen Exporten alkoholischer Getränke und bringt der Insel jährlich Deviseneinnahmen in Millionenhöhe ein.
Die Unterzeichnung des Gesetzes ist also ein empfindlicher Schlag für die kubanische Rum-Industrie. Die Reaktionen aus Havanna fielen entsprechend scharf aus.
Kubas Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla bezeichnete in einem Post auf X das Gesetz als "aggressive Maßnahme gegen Kuba" mit dem Ziel, "unter Verletzung des internationalen Rechts dem Diebstahl kubanischer Marken, die in diesem Land rechtmäßig registriert sind, Tür und Tor zu öffnen".
Johana Tablada de la Torre, stellvertretende Leiterin der für die USA zuständigen Sektion im kubanischen Außenministerium, wies in einem Post auf X darauf hin, dass in Kuba fast 6500 US-Marken registriert seien und sich mehr als tausend weitere im Registrierungsverfahren befinden.
All diese US-Marken würden "von der kubanischen Behörde für gewerbliches Eigentum geschützt", so die Beamtin. Kuba zeige damit "eine ganz andere Haltung als die US-Regierung mit ihrem 'No Stolen Trademarks Act', der eigentlich Bacardi Act heißen müsste".
Bacardi Act
Den nun verabschiedeten Gesetzentwurf hatte eine Gruppe von US-Parlamentariern beider großer Parteien Anfang März 2023 in den Kongress eingebracht. Das Gesetz solle die Kontroverse um Havana Club lösen und "verhindern, dass jemand US-Behörden benutzt, um von geistigem Eigentum zu profitieren, das dem rechtmäßigen Eigentümer gestohlen wurde", heißt es in einem Bericht des zuständigen Ausschusses.
Die Initiative verwies ausdrücklich auf die Rechtsansprüche durch Bacardi. Das 1862 in Kuba gegründete Unternehmen, heute mit Sitz auf den Bermudas, hat nach Ansicht der Befürworter der Gesetzesinitiative die Marke und das Rezept von den Nachkommen des ursprünglichen Gründers und Besitzers von Havana Club gekauft. Weil die Marke Havana Club daher Bacardi gehöre, wären Cubaexport und Pernod Ricard nicht berechtigt, die Rechte an dieser Marke auszuüben.
Als US-Präsident Biden das Gesetz nun unterschrieb, reagierte Bacardi zufrieden. "Bacardi ist erfreut", so ein Unternehmenssprecher per Email gegenüber DW. Das Gesetz verhindere, dass die kubanische Regierung oder Dritte "in den Vereinigten Staaten von einer Marke profitieren, die in Verbindung mit einem Unternehmen oder Vermögenswerten verwendet wurde, die von der kubanischen Regierung beschlagnahmt wurden".
Der kalifornische Abgeordnete Darrell Issa (Republikaner), der die Gesetzesinitiative unterstützt hatte, erklärte gegenüber dem US-Sender Telemundo, das Gesetz korrigiere eine "historische Ungerechtigkeit" und sei eine "Erklärung, dass das Band zwischen dem amerikanischen Volk und seinem geistigen Eigentum heilig ist".
Pernod Ricard dagegen zeigte sich gegenüber dem führenden europäischen Branchenmagazin The Drinks Business enttäuscht über die Entscheidung der US-Regierung. Das neue Gesetz stelle seine "langjährigen Rechte an der Marke Havana Club in den Vereinigten Staaten infrage - eine Marke, die Pernod Ricard und sein Joint-Venture-Partner Cubaexport seit 1976 rechtmäßig besitzen".
Jahrelanger Rechtsstreit
Bacardi und das staatliche kubanische Unternehmen Cubaexport streiten seit drei Jahrzehnten vor US-Gerichten um das Recht, die Marke Havana Club zu nutzen. Havana Club war in den 1950ern nach Bacardi Kubas zweitwichtigste Rummarke. Nach der Revolution von 1959 wurden die Rumfabriken verstaatlicht.
Die Familie Arechabala, der Havana Club gehörte, floh nach Spanien. Auch die Bacardí-Familie verließ die Insel, setzte die Rumherstellung aber in ihren Destillerien in Puerto Rico und Mexiko fort.
Im Jahr 1973 versäumte es die Familie Arechabala, die Markenrechte für Havana Club zu erneuern. Drei Jahre später sicherte sich die kubanische Regierung die Rechte und registrierte sie in verschiedenen Ländern, darunter den USA.
Im Jahr 1993 ging Cubaexport eine Partnerschaft mit Pernod Ricard ein, um die Marke Havana Club auf dem internationalen Markt einzuführen - mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, wo der Verkauf aufgrund der US-Blockade verboten war.
1994 verkaufte die Familie Arechabala die Marke und das Rezept an Bacardi, das seitdem Havana Club in Puerto Rico herstellt. Das Unternehmen argumentierte, die Familie Arechabala habe ihre Rechte an Havana Club niemals aufgegeben, der Verkauf an Bacardi sei daher rechtens.
Auslaufende Lizenzrechte
Mit viel Lobbyarbeit erreichte Bacardi die Verabschiedung eines US-Gesetzes, das als "Bacardi bill" bekannt wurde. Danach war es für Unternehmen mit kubanischer Beteiligung illegal, abgelaufene US-Markenrechte zu erneuern oder Marken zu registrieren, die von der kubanischen Regierung ohne Entschädigung verstaatlicht worden waren.
Bis 2006 hielten Pernod Ricard und Cubaexport die Markenrechte für Havana-Club in den USA. Doch als diese im selben Jahr ausliefen, verhinderte das Bacardi-Gesetz die Erneuerung. Pernod Ricard erhob daraufhin Klage gegen Bacardi mit dem Argument, Bacardi dürfe in den USA keinen Rum unter dem Namen Havana Club verkaufen, dies wäre irreführend.
Einige Jahre später urteilte ein Gericht in Philadelphia im Sinne von Bacardi und erlaubte dem Unternehmen, eine puerto-ricanische Version des kubanischen Rums in den USA zu vertreiben. Als 2012 der Oberste Gerichtshof der USA sich weigerte, sich mit dem Fall zu befassen, schien der jahrelange Rechtsstreit zugunsten von Bacardi entschieden.
Im Januar 2016 aber - inmitten von Barack Obamas Tauwetter-Politik gegenüber Kuba - sprach das U.S. Patent and Trademark Office die US-Lizenz für Havana Club überraschend wieder der kubanischen Regierung zu.
Wie geht es weiter?
Die Lizenzrechte werden jeweils für zehn Jahre vergeben. Im Jahr 2026 steht also die Erneuerung an. Die kubanische Regierung sieht darin die Erklärung für das nun verabschiedete Gesetz. "Die wahre Absicht dieses Manövers ist es, die Erneuerung der Marke Havana Club in den Vereinigten Staaten zu verhindern, die im Jahr 2026 stattfinden soll, und Cubaexport seine Rechte als Inhaber zu entziehen", schrieb Tablada de la Torre auf Facebook.
Wenn das neue Gesetz eine Verlängerung der Lizenzrechte durch Cubaexport verhindert, könnte Bacardi seinerseits versuchen, die Marke Havana Club in den USA registrieren zu lassen.
Derzeit verkauft Bacardi seinen Rum in den USA als "The Real Havana Club" mit dem Zusatz "Puerto Rican Rum". Das Joint Venture von Cubaexport und Pernod Ricard darf seinen Rum, trotz Markenrechten an Havana Club, gar nicht verkaufen, weil er auf Kuba produziert wird und damit von der US-Blockade betroffen ist.