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Wichtige Entscheidung

6. Mai 2009

Es war eine wichtige Entscheidung für Europa: Der tschechische Senat hat für den EU-Reformvertrag gestimmt. Eine Ablehnung hätte das Aus für das neue europäische Regelwerk bedeutet.

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Der tschechische Aussenminister Karel Schwarzenberg spricht im Senat in Prag (Foto: AP)
'Ja' aus Prag für die den neuen EU-VertragBild: AP

Die Senatoren sprachen sich am Mittwoch (06.06.2009) mit 54 zu 20 Stimmen für den Vertrag aus. Das Abgeordnetenhaus hatte Mitte Februar den Reformvertrag bereits mit knapper Mehrheit gebilligt. Nach dem erfolgreichen Misstrauensvotum gegen die Regierung des inzwischen zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mirek Topolanek Ende März war die Zustimmung des Senats bis zuletzt fraglich gewesen. Für die Zustimmung war mindestens eine Drei-Fünftel-Mehrheit in der 81 Mitglieder zählenden Kammer nötig.

Weitere Wackelkandidaten

Polens Staatspräsident Lech Kaczynski (Foto: dpa)
Polens Staatspräsident Kaczynski wartet auf das irische VotumBild: picture-alliance/dpa

Das europäische Regelwerk galt seit dem "Nein" der Iren bei einer Volksabstimmung im Sommer 2008 als gefährdet. Der Vertrag, der die Entscheidungsabläufe in der EU vereinfachen soll, kann nur in Kraft treten, wenn er von allen 27 Mitgliedstaaten gebilligt wird. Tschechien war der letzte EU-Staat, der den Vertrag parlamentarisch ratifiziert hat.

Aber auch in Deutschland und Polen ist der Prozess der Ratifizierung noch nicht abgeschlossen. Bundespräsident Horst Köhler will vor der Unterzeichnung auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts warten. Das Gericht prüft, ob das Vertragswerk die Souveränität Deutschlands zu stark einschränkt. Polens Staatspräsident, der EU-Skeptiker Lech Kaczynski, will seine Zustimmung erst nach einem "Ja" Irlands geben. In Irland soll ein zweites Referendum bis spätestes Oktober stattfinden. In einer ersten Abstimmung hatten die Iren im Juni 2008 den Vertrag zunächst abgelehnt.

Skeptiker muss unterschreiben

Tschechiens Präsident Vaclav Klaus (Foto: dpa)
Europaskeptiker: Tschechiens Präsident Vaclav KlausBild: AP

Zur Ratifizierung muss nun aber auch Staatspräsident Vaclav Klaus das Abkommen unterzeichnen. Der als EU-kritisch bekannte Klaus hat mehrfach angekündigt, allenfalls nach einer erneuten Volksabstimmung in Irland eventuell den Vertrag zu unterschreiben. Der EU-Außenpolitiker Elmar Brok (CDU) rechnet allerdings nicht mit einer Blockade durch den tschechischen Staatschef. Dieser habe ihm persönlich zugesagt, er werde den

Vertrag bei einem Ja des Parlaments unterschreiben, sagte Brok am Mittwoch vor Journalisten im Straßburger Europaparlament. "Der Vertrag hat nun die entscheidende Hürde genommen".

Allen EU-Kennern war klar: Ein Nein aus Prag wäre auf Jahre hinaus das endgültige Aus für den Versuch der EU gewesen, sich eine neue und effizientere Rechtsgrundlage zu geben. Darum war die Erleichterung in Brüssel groß. "Das ist eine sehr gute Nachricht", erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte die Zustimmung ein "starkes Signal für das anstehende zweite Referendum in Irland". Ziel sei es, den Vertrag bis spätestens zum Jahresende in Kraft zu setzen. "Diesem Ziel sind wir heute ein gutes Stück näher gekommen."

Alle hoffen auf Irland

Jetzt richten sich alle Augen der Europäischen Union auf Irland: Dort steht immer noch die wichtigste Hürde für den Vertrag, denn die Iren hatten bei einem Referendum im Juni vergangenen Jahres mit gut 53 Prozent gegen den Vertrag gestimmt. Doch nach Ansicht von EU-Diplomaten hat gerade Irland, das von der Weltfinanzkrise schwer getroffen ist, in den letzten Monaten die Vorzüge gemeinsamen politischen Handelns in der EU kennengelernt.

Zudem hatte Ministerpräsident Brian Cowen seinen EU-Kollegen die Zusicherung abgerungen, dass auch künftig jedes Land einen eigenen EU-Kommissar behalten darf. In dieser neuen politischen Gemengelage gelten die Chancen eines zweiten Referendums in Irland als etwas besser.

Der Vertrag war bereits der zweite Versuch der EU, sich nach der Erweiterung um 12 Staaten neue Spielregeln zu geben. 2005 hatten Franzosen und Niederländer die ursprünglich geplante "Verfassung für Europa" zu Fall gebracht und die Union in eine tiefe Krise gestürzt. (ina/ako/dpa/afp)