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Erleichterung in Berlin

Sabine Kinkartz, Berlin14. Juli 2015

Das Atom-Abkommen mit dem Iran wird von deutschen Politikern parteiübergreifend als Sieg der Diplomatie begrüßt. Dass es aufwärts geht, hofft auch die Wirtschaft. Minister Gabriel fliegt am Sonntag nach Teheran.

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Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

"Heute ist ein guter, ja vielleicht ein historischer Tag für alle, die sich eine friedliche Konfliktbeilegung wünschen, und auch für mich persönlich ein großartiger Moment", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier noch in Wien. Die Erleichterung war ihm deutlich anzumerken, aber auch die Erschöpfung nach dem so nicht geplanten Verhandlungsmarathon. "Ich hatte gesagt, dass der 30. Juni ein langer Tag werden würde, aber dass er 348 Stunden haben würde, damit habe ich nicht gerechnet", reagierte Steinmeier auf den Umstand, dass der Vertrag schon am vergangenen und nicht erst an diesem Dienstag unter Dach und Fach sein sollte.

Historisch sei der Tag, weil er den Beweis erbracht habe, dass auch große, weltpolitische Konflikte mit Dialog und Beharrlichkeit gelöst werden könnten, sagte Steinmeier. "Und das selbst da, wo Misstrauen und sogar Feindschaft anfangs unüberwindlich scheinen." Nach über einem Jahrzehnt sei ein Konflikt beigelegt, der die Welt zwischenzeitlich sogar an den Rand einer militärischen Auseinandersetzung gebracht habe.

Atomgespräche in Wien abgeschlossen
Außenminister Steinmeier (3.v.l.) in Wien im Kreis der VerhandlungspartnerBild: picture-alliance/dpa/H. Neubauer

Einigung mit Signalwirkung

Der Außenminister ist davon überzeugt, dass das Atomabkommen mit dem Iran eine positive Signalwirkung auf den ganzen Nahen Osten haben kann. "Vielleicht setzen wir mit dieser Vereinbarung ein Signal der Hoffnung den Kräften des Chaos' im Mittleren Osten entgegen." Die Kritik Israels an dem Abkommen der internationalen Gemeinschaft mit der Islamischen Republik wies Steinmeier zurück. "Ich bin mir sicher, dass wir auch in Israel mit dem Abkommen überzeugen können."

Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Franz Josef Jung, setzt dabei auf strikte Kontrollen. "Wichtig ist, dass die Einhaltung der Vereinbarung jederzeit überprüft werden kann", so der CDU-Politiker und frühere Bundesverteidigungsminister. "Diese Überprüfbarkeit ist unerlässlich für die Sicherheit Israels, aber auch der gesamten Region." Auch Jung spricht von einem "historischen Ergebnis" – wenn das Abkommen trage.

Zustimmung von der Opposition

Die Außenexperten der Oppositionsparteien begrüßten die Einigung im Streit um das iranische Atomprogramm als Sieg der Diplomatie. Der Linken-Außenexperte Jan van Aken dankte insbesondere US-Präsident Barack Obama und dessen iranischem Kollegen Hassan Ruhani, die "mit der sinnlosen Konfrontationspolitik ihrer Vorgänger gebrochen" hätten. Die Einigung sei "ein großer Schritt hin zu mehr Stabilität im Mittleren Osten".

Der Grünen-Außenexperte Omid Nouripour bezeichnete das Abkommen als "Sieg der Vernunft". Die Verhandlungspartner hätten gezeigt, "dass politischer Wille und hartnäckige Diplomatie langjährige Konflikte friedlich lösen könnten". Nouripour und van Aken kritisierten zugleich die schlechte Menschenrechtslage im Iran, die einer völligen Normalisierung der Beziehungen weiter im Wege stünden.

Wirtschaft hofft auf gute Geschäfte

Auf große Zustimmung und Erleichterung stößt die Einigung mit dem Iran bei der deutschen Wirtschaft. Ulrich Grillo, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), sieht darin einen "wichtigen Beitrag für Stabilität und Sicherheit in der gesamten Region". Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), spricht von einem "historischen Ereignis".

Mit seinen etwa 80 Millionen Einwohnern sei der Iran ein Absatzmarkt von gewichtiger Größe, meint BDI-Präsident Grillo. "Der Nachholbedarf bei der Modernisierung der Industrie-Infrastruktur des Landes ist groß." Insbesondere die iranische Ölindustrie eröffne dem deutschen Maschinen- und Anlagenbau große Marktchancen. "Auch der Automobilbau, die chemische Industrie, die Gesundheitswirtschaft sowie der Ausbau erneuerbarer Energien bieten der deutschen Industrie viele Möglichkeiten."

Der Wirtschaftsminister fliegt nach Teheran

Insgesamt verkaufte die deutsche Wirtschaft 2014 Waren im Wert von knapp 2,4 Milliarden Euro in den Iran. Mit der Aufhebung der Sanktionen könnte sich das schnell ändern. "Innerhalb von zwei Jahren können sich unsere Exporte dorthin auf rund fünf Milliarden Euro verdoppeln", meint Volker Treier, der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). "Wenn alles gut läuft, könnten wir in drei, vier Jahren die 10-Milliarden-Marke beim Export knacken."

Auch die Bundesregierung ist sich der Chancen bewusst, die sich durch den Wegfall des Handelsembargos ergeben. Nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer wird Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) von Sonntag bis Dienstag mit hochrangigen Wirtschaftsvertretern in den Iran reisen. Bis Dienstag sind Termine in Teheran und Isfahan geplant.