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Politik

Erdogan in Afrika

Christine Harjes
24. Januar 2017

Tansania, Mosambik, Madagaskar: Der türkische Präsident Erdogan ist auf Afrika-Tour. Im Gepäck hat er seinen Konflikt mit dem Prediger Gülen und Wirtschaftsinteressen. Der türkische Mittelstand sucht neue Absatzmärkte.

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Afrikareise Erdogan in Mosambik
Der türkische Präsident Erdogan und seine Frau in Mosambiks Hauptstadt MaputoBild: picture-alliance/AP Photo/K. Ozer

Bei seinem Besuch in Mosambik forderte Recep Tayyip Erdogan seinen dortigen Amtskollegen am Dienstag zum gemeinsamen Kampf auf - gegen den muslimischen Geistlichen Fethullah Gülen. Ganz ähnliche Worte hatte er zuvor in Tansania gewählt: "Wir haben Beweise dafür, dass diejenigen, die versuchten, unsere Regierung zu stürzen, auch in anderen Ländern tätig waren", sagte Erdogan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Tansanias Präsident John Magufuli am Montag. Die anderen Länder - das sind auch die Staaten Afrikas, in denen die Gülen-Bewegung jahrelang maßgeblich die türkische Kulturpolitik betrieben hat, hauptsächlich mit eigenen Schulen. Gülen gilt jetzt aber in der Türkei als Staatsfeind. Erdogans Regierung macht den in den USA lebenden Geistlichen für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich.

Gülen-Schulen: umstritten, aber in Afrika beliebt

Deshalb macht Erdogan auf seiner fünftägigen Afrikareise Druck: Die Gülen-nahen Schulen sollen geschlossen werden. Dabei sind genau diese Schulen bei der afrikanischen Mittelschicht sehr beliebt. Sie böten eine preisgünstige Alternative zu den französischen Schulen, erklärt Ibrahima Bano Barry, Soziologe an der Universität Sonfonia in Guinea. "Wenn die Leute ihre Kinder in die türkischen Schulen schicken, dann nicht, weil es türkische Schulen sind, sondern weil die Schulen gute Lehrer haben. Die Mittelschicht sucht nach guten Schulen", sagt Barry.

Yavuz Selim Schule in Dakar
Eine Schule der Gülen-Bewegung in Dakar im SenegalBild: DW/M. Lamine Ba

In Guineas Hauptstadt Conakry gibt es rund 20 Ableger der türkischen Schulen. Überall in Afrika sind in den vergangenen Jahren türkische Schulen entstanden. Und überall auf dem Kontinent soll die türkische Kultur- und Bildungspolitik eng mit Gülen in Verbindung stehen.

Ufuk Tepebas vom Zentrum für Afrikastudien an der Universität Basel warnt vor einem zu offensiven Vorgehen gegen diese Schulen: "Die türkische Regierung sollte in diesem Prozess eine vorsichtige Strategie verfolgen und geduldig sein." Erdogan müsse starke Beweise und alternative Lösungen vorlegen, um seine afrikanischen Partner zu überzeugen, sagt er. "Ansonsten werden einige Länder dies als massive Einmischung empfinden und das ist ein Risiko für die bilateralen Beziehungen."

Neue Märkte für den Mittelstand

Die Beziehungen zu Tansania scheinen bisher allerdings nicht gelitten zu haben: Präsident Magufuli hat Erdogan jetzt um einen Kredit und um Investitionen für eine geplante Bahnstrecke von der tansanischen Großstadt Dar es Salaam nach Sambia gebeten. Die Strecke soll das Land mit Burundi, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo verbinden. Eine türkische Baufirma hat gute Aussichten die Ausschreibung für das Projekt zu gewinnen. Andere Geberländer hatten sich nach einem Korruptionsskandal 2015 aus Tansania zurückgezogen.

Afrikareise Erdogan in Tansania
Erdogan mit Tansanias Präsident Magufuli. Nach Tansania und Mosambik geht Erdogans Reise weiter nach Madagaskar Bild: Getty Images/AFP

Kristian Brakel von der Heinrich-Boell-Stiftung in Istanbul sieht in den türkischen Wirtschaftsinteressen den Hauptgrund für Erdogans Afrikareise: "Die Türkei möchte vor allem für den türkischen Mittelstand neue Märkte erschließen." Der Feldzug gegen Gülen spiele da eine untergeordnete Rolle: "Die Türkei macht sehr großen Druck auf die afrikanischen Partnerländer. Das ist aber mit Sicherheit nicht das Primärziel, auch wenn das von der Presse oft so dargestellt wird." Mittel- bis langfristig wolle die Türkei Ersatz finden für Märkte, die im Nahen Osten weggebrochen seien, erklärt Brakel. Als Beispiele nennt er Syrien und den Irak.

Keine Konkurrenz für China

In der Türkei habe sich unter Erdogans AKP-Regierung eine starke mittelständische Wirtschaft entwickelt. Diese "fromme Händlerschicht" unterstütze die AKP, sagt Brakel. Und für diese "anatolischen Tiger" wolle sich Erdogan nun in Afrika einsetzen. "Dabei geht es bei seiner Reise weniger darum, spezielle Märkte zu erschließen, als darum, in der Fläche präsent zu sein. Und es geht darum, jetzt schon in Märkte reinzugrätschen, die in Zukunft interessant sein könnten", sagt Brakel. Die Absatzmärkte sieht er vor allem für die Bauindustrie. Da dürfte das tansanische Bahnprojekt sehr gelegen kommen.

Mit dem Engagement Chinas in Afrika sei der türkische Einfluss aber längst nicht vergleichbar, sagt Brakel. "Mein Eindruck ist, dass Erdogan und seine Regierung ihr Afrika-Engagement an die große Glocke hängen. Da wird mehr Lärm gemacht als wirklich Substanz dahintersteckt."

Mitarbeit: Abu-Bakarr Jalloh