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Entsalzung: Die Lösung für Wassermangel weltweit?

Holly Young | Kira Schacht
22. März 2024

Entsalzungsanlagen sind teuer, brauchen viel Energie und schaden der Umwelt. Doch sie sind lebenswichtig für immer mehr Regionen, in denen Wasser fehlt und Dürren zunehmen, etwa in Nahost, in Afrika oder am Mittelmeer.

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Saudi-Arabien Entsalzungsanlage aus Meerwasser mit vielen Rohren
Entsalzungsanlage in Saudi-Arabien: Ohne diese Technik wäre das Überleben in den Golfstaaten unmöglich Bild: FAYEZ NURELDINE/AFP/Getty Images

Schon seit mehr als 2000 Jahren sind Methoden bekannt, um Trinkwasser aus Salzwasser zu gewinnen. Griechische Seefahrer in der Antike kochten dafür Meerwasser, und im alten Rom wurde es durch Tonröhren gefiltert, um es trinkbar zu machen.

Moderne Formen dieser antiken Technologien sind heute die "Gegenwart und Zukunft der Bewältigung von Wasserknappheit", so Manzoor Qadir, stellvertretender Direktor am Institut für Wasser, Umwelt und Gesundheit der Universität der Vereinten Nationen (UNU). 

Salzwasser überall, aber kein Trinkwasser

Rund 70 Prozent der Erdoberfläche ist mit Wasser bedeckt, doch von diesen mehr als 1,4 Trilliarden Litern sind nicht mal drei Prozent Süßwasser, und weniger als ein Prozent ist als Trinkwasser nutzbar.

Diese Ressourcen werden immer knapper. Denn die Weltbevölkerung wächst, und an vielen Orten gibt es nicht genug Süsswasser. Immer mehr Dürren durch den Klimawandel führen zu Wassermangel in immer mehr Regionen.

Ein Viertel der Menschen lebt schon heute in Ländern mit "extremem Wasserstress". Das bedeutet, dass dort jedes Jahr mindestens 80 Prozent des gesamten verfügbaren Wassers verbraucht wird. Das erhöht die Gefahr von Wassermangel, und zwingt Regierungen zeitweise dazu, die Versorgung stark einzuschränken.

Bis 2050 könnte eine zusätzliche Milliarde Menschen unter extremem Wasserstress leiden, und das sogar, wenn die globale Erwärmung begrenzt werden kann. Das zeigen selbst optimistische Klimaszenarien.

Entsalzung ist eine wachsende Industrie

Trotz der Kritik an Kosten, dem hohen Energieverbrauch und den Umweltauswirkungen ist Entsalzung daher eine boomende Branche. In den letzten beiden Jahrzehnten ist sie stetig gewachsen.

"Die zunehmende Wasserknappheit treibt diese Entwicklung", sagt Qadir. "Es werden immer mehr Entsalzungsanlagen gebaut."

Moderne Entsalzungsanlagen entfernen Salz entweder durch thermische Destillation, bei der Meerwasser erhitzt und der Wasserdampf aufgefangen wird. Oder sie arbeiten mit der sogenannten Umkehrosmose, bei der das Wasser durch halbdurchlässige Filter-Membrane gepresst wird.

Zwar können auch alternative Methoden der Süßgewinnung eine wichtige Rolle spielen, so Qadir, darunter etwa die künstliche Erzeugung von Regen durch Wolkenimpfung, die Gewinnung von Wasser aus Nebel, der Transport von Eisbergen in Trockengebiete oder die Wiederaufbereitung von Wasser. Doch mit diesen Methoden könnte lange nicht genug Wasser gewonnen werden, um den weltweiten Bedarf zu decken.

Derzeit werden täglich 56 Milliarden Liter Trinkwasser durch Entsalzung produziert. Das entspricht umgerechnet etwa sieben Liter für jeden der rund acht Milliarden Menschen auf der Erde.

Von den schätzungsweise 16.000 Entsalzungs-Anlagen weltweit werden etwa 39 Prozent im Nahen Osten betrieben. Neben Nordafrika ist dies die wasserärmste Region der Welt.

Eine Zukunft ohne Entsalzungsanlagen wäre für viele der Länder "fast unmöglich", erläutert Qadir. Denn es gibt dort nur sehr geringe Niederschläge.

Weltweit wird insgesamt nur etwa ein halbes Prozent des gesamten Süßwasserverbrauchs aus Entsalzungsanalgen gedeckt. In Ländern wie Katar (76 Prozent) und Bahrain (56 Prozent) ist dieser Anteil jedoch sehr viel höher.

Zunehmend energieeffiziente Techniken

Entsalzungsanalgen verbrauchen viel Energie. Bisher werden sie meist mit fossilen Brennstoffen wie Öl oder Kohle betrieben und sind entsprechend klimaschädlich.

Auf der trockenen Mittelmeerinsel Zypern wird etwa 80 Prozent der Trinkwasser durch Entsalzung gewonnen. Eine Studie aus dem Jahr 2021 ergab, dass die vier Entsalzungsanlagen dafür insgesamt fünf Prozent des gesamten Stroms verbrauchen, und für etwa zwei Prozent der Treibhausgasemissionen der Insel verantwortlich sind. 

Die Steigerung der Energieeffizienz ist einer der Faktoren, die das Wachstum der Branche vorantreiben, erklärte Hugo Birch, Redakteur für Entsalzung und Wasserwiederverwendung bei Global Water Intelligence, einer Informationsplattform der Entsalzungsindustrie.

Die meisten neuen Entsalzungsanlagen arbeiten mit Umkehrosmose statt mit thermischen Verfahren, was wesentlich energieeffizienter ist, so Birch. Die Umstellung könne die Stromkosten halbieren.

Einer Schätzung zufolge ist der Energiebedarf für die Umkehrosmose-Entsalzung zwischen 1970 und 2020 um fast 90 Prozent gesunken. Einige Prognosen nehmen an, dass die Kosten für Entsalzung durch technologische Fortschritte in den nächsten 20 Jahren um weitere 60 Prozent sinken werden.

Ärmere Länder können sich teure Entsalzungsanlagen nicht leisten

Die Kosten für die Herstellung von entsalztem Wasser sind erheblich gesunken - auf heute etwa 0,50 Dollar pro Kubikmeter. Doch das "ist immer noch ein Geschäft der reichen Länder", so Qadir. "Das Hauptproblem bleibt: Für Länder mit niedrigem Einkommen ist es immer noch nicht bezahlbar."

Über 90 Prozent der Entsalzung findet bisher in Ländern mit mittlerem und hohem Einkommen statt. Dabei werden bis 2050 laut Prognosen besonders ärmere Länder, wie etwa afrikanische Länder südlich der Sahara, zu "Hotspots" der Wasserknappheit.

Zwar werden auch kleinere solar- oder windbetriebene und vom Stromnetz unabhängige Entsalzungsanlagen entwickelt. Doch Qadir glaubt nicht, dass diese auch die marginalisierten Siedlungen und Gemeinden erreichen, die sie am dringendsten benötigen.

Sole-Abfälle bedrohen Ökosysteme im Meer

Eines der größten Umweltprobleme bei der Entsalzung ist die Einleitung der dabei enstehenden Salzlauge in die Umwelt. Das kann zu einer "Verschmutzung der Meere, des Grundwassers und der Versalzung des Bodens führen", erklärt Argyris Panagopoulos, Chemieingenieur an der Nationalen Technischen Universität Athen.

Etwa 70 Prozent der weltweiten Soleabfälle entstehen dabei im Nahen Osten. Laut Birch ist der Hauptgrund dafür, dass die Entsalzungsanlagen dort meist das sehr salzhaltige Meerwasser verwenden. In anderen Regionen, etwa in den USA wird dagegen oft weniger salzhaltiges Brackwasser verwendet.  

Birch ergänzt, dass die Anlagen in der Regel über einen eingebauten Mechanismus verfügen, der die Abfälle verteilt, damit die Sole nicht an einer Stelle konzentriert wird. 

Inzwischen werden auch neue Technologien zur Aufbereitung von Sole entwickelt. Panagopoulos erklärt, dass sie dazu beitragen können, die Verschmutzung durch Entsalzungsanlagen zu verringern und wertvolle Materialien wie Mineralien, Salze und Metalle zurückzugewinnen.

Eine nachhaltige Zukunft für die Entsalzung?

Aber es gibt noch Raum für Verbesserungen, etwa  beim Umgang mit der Salzlake und der Umstellung auf erneuerbare Energien, so der Ingenieur. "Die Entsalzung hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht, aber es gibt noch einige Herausforderungen zu bewältigen, bevor sie tatsächlich umweltverträglich ist", sagt der Chemieingenieur.

Bagladesch: Eine Frau holt an einer Trinkwasserstation Trinkwasser. Das Wasser fließt nach der Identifikation mit einer Chipkarte
Kostbares Gut: Trinkwasserstation in Bangladesch. Aus dem Hahn kommt das Wasser aus einer Entsalzungsanlage Bild: Mahmud Hossain Opu/AP/picture alliance

Doch in jedem Fall wird die Entsalzung eine entscheidende Rolle dabei spielen, die künftige Wasserknappheit zu bewältigen, davon is Manzoor Qadir von der UNU überzeugt. "Unabhängig davon, ob es regnet oder ob es eine Dürre gibt, es gibt Meerwasser. Das ist das Beste an der Entsalzung".

Redaktion: Jennifer Collins. Adaption: Gero Rueter

Daten und Methodik hinter dieser Analyse finden Sie auf Github.

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Quellen:

Environmental impacts of desalination and brine treatment - Challenges and mitigation measures, Marine Pollution Bulletin, Dezember 2020: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0025326X20308912 

Freshwater availability status across countries for human and ecosystem needs, Science of The Total Environment, Oktober 2021: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0048969721033015?via=ihub 

What Is Desalination? How is it Done?, Princeton, 2022: https://psci.princeton.edu/tips/2022/7/8/desalination-research 

Holly Young Holly Young ist Klimareporterin bei der DW Umweltredaktion in Berlin.@holly_young88