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Kai Havertz schießt Deutschland zum Sieg gegen Dänemark

28. Juni 2024

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zieht bei der EM 2024 ins Viertelfinale ein. Nach einer Gewitter-Pause und dramatischen Minuten öffnet der zuvor kritisierte Kai Havertz dem DFB-Team die Tür zur nächsten Runde.

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Kai Havertrz bejubelt sein Elfmetertor
Kai Havertz bringt die DFB-Elf mit einem Handelfmeter in Führung, wenig später steht es sogar 2:0Bild: Shaun Botterill/Getty Images

Manchmal sind es die Kleinigkeiten, die ein Fußballspiel entscheiden. Nach etwas mehr als 50 Spielminuten wurde es im Achtelfinalspiel der Fußball-Europameisterschaft zwischen Deutschland und Dänemark dramatisch: Zunächst trafen die Dänen durch Joachim Andersen zur vermeintlichen Führung. Aber weil sein Mitspieler Thomas Delaney zuvor mit der Fußspitze ein paar Zentimeter im Abseits war, zählte Andersens Tor nach Entscheidung des Videoschiedsrichters (VAR) nicht.

Im direkten Gegenzug streifte der Ball nach einer Flanke ganz leicht Andersens Hand. Ein paar Zentimeter tiefer und alles wäre in Ordnung gewesen. So aber schaltete sich erneut der VAR ein und es gab Elfmeter für Deutschland.

"Ich mag die deutsche Mannschaft und was Julian Nagelsmann mit ihr macht", sagte Dänemarks völlig frustrierter Trainer Kasper Hjulmand hinterher. "Aber diese knappen Entscheidungen sind lächerlich." 

Havertz sicher vom Punkt

Nutznießer der Situation war Kai Havertz. Der Angreifer schnappte sich den Ball und versenkte den Strafstoß (53. Minute). Dabei waren erneut Kleinigkeiten entscheidend: Dänemarks Torhüter Kasper Schmeichel hatte die Ecke geahnt, doch Havertz traf genau in die schmale Lücke: wenige Zentimeter rechts von Schmeichels Hand, wenige Zentimeter links vom Pfosten.

Jubel deutsche Spieler
Zum ersten Mal seit der EM 2016 steht die deutsche Nationalmannschaft bei einem großen Turnier wieder im ViertelfinaleBild: Kenzo Tribouillard/AFP/Getty Images

"Ich trainiere es viel und schieße gerne Elfmeter. Mir macht das Spaß", sagte Havertz nach dem Spiel im Interview mit dem deutschen Fernsehsender ZDF. "Ich versuche da immer, mir den Druck zu nehmen und den Moment zu genießen. Heute hat es wieder geklappt."

Über Havertz, der beim FC Arsenal in der englischen Premier League spielt, war im Vorfeld des ersten K.o.-Spiels der deutschen Mannschaft viel diskutiert worden. Sollte man an ihm festhalten? Oder wäre es nicht besser, den treffsicheren Niclas Füllkrug als Stoßstürmer von Anfang an spielen zu lassen? Immerhin hatte der Dortmunder nach seinen Einwechslungen gegen Schottland und die Schweiz jeweils getroffen.

Nagelsmann hält an Havertz fest und wird belohnt

Bundestrainer Julian Nagelsmann nahm zwar in der Startaufstellung drei Änderungen vor - Nico Schlotterbeck spielte für den gesperrten Jonathan Tah, außerdem kamen Leroy Sané für Florian Wirtz und David Raum für Maximilian Mittelstädt rein - an Havertz aber hielt Nagelsmann fest. Er entschied sich damit für einen Spieler, der andere Qualitäten mitbringt als die meisten seiner Mitspieler. Qualitäten, die sich allerdings nicht immer direkt in Toren oder Vorlagen messen lassen.

Niclas Füllkrug wird gegen Schottland für Kai Havertz eingewechselt
Havertz oder Füllkrug? Bundestrainer Julian Nagelsmann entschied in dieser Frage offenbar richtigBild: Sebastian El-Saqqa/firo Sportphoto/picture alliance

Weil er nicht nur schnell und gut mit dem Ball am Fuß ist, sondern auch stark im Kopfball, gehen die Gegenspieler meistens mit Havertz mit. Nicht selten bindet er mit seinen Bewegungen in die Tiefe sogar zwei Gegenspieler. Die Folge: Die Abwehrkette sinkt ab und es tun sich Räume auf, die Spieler wie Jamal Musiala, Ilkay Gündogan, Leroy Sané oder Florian Wirtz nutzen können.

Der hochgewachsene Angreifer wird oft verkannt und musste sich schon oft Kritik an seiner Spielweise, seiner Körpersprache und seiner fehlenden Treffsicherheit anhören. Stets bewies er anschließend seine Qualitäten und strafte seine Kritiker Lügen.

Vom Transfer-Flop zum Fan-Liebling

Nach seinen ersten vier Profijahren bei seinem Jugendklub Bayer 04 Leverkusen wechselte Havertz 2020 zum FC Chelsea nach England. Dort dauerte es einige Zeit, bis sich der 100-Millionen-Einkauf akklimatisiert hatte. Dann aber wurde der Offensivspieler doch noch zum Mann für die entscheidenden Tore in wichtigen Spielen. 2021 schoss er Chelsea zum Titel in der Champions League, einige Monate später auch zum Sieg bei der FIFA-Klub-WM.

Arsenals Spieler Martin Odegaard und Kai Havertz
Nach schwierigem Start beim FC Arsenal ist Kai Havertz mittlerweile ein Liebling der FansBild: Frank Augstein/AP Photo/picture alliance

Nach seinem Wechsel innerhalb Londons zum FC Arsenal im Sommer 2023 galt er lange als teurer Transfer-Flop, weil es dauerte, bis er regelmäßig Tore für die Gunners erzielte. Trotz aller Kritik hielt sein Trainer Mikel Arteta stets an ihm fest, auch wenn er mal nicht überzeugen konnte. Schließlich aber platzte der Knoten, Havertz rettete Arsenal wichtige Punkte und schoss sich in die Herzen der Fans.

Das Lied, dass die Arsenal-Fans mittlerweile nach jedem Tor von Havertz singen, aber manchmal auch einfach so mitten im Spiel, ist Kult geworden: "Sixty million down the drain, Kai Havertz scores again!"

Held des Spiels - auch ohne weitere Scorerpunkte

Nun hat Kai Havertz auch in der Nationalmannschaft bewiesen, dass er Kritik überwindet und anschließend wichtige Tore erzielen kann. Nach der Partie gegen die Dänen diskutiert wohl erstmal keiner mehr darüber, ob man besser mit Niclas Füllkrug in der Startelf gespielt hätte.

"Wir haben ein gutes Verhältnis. Konkurrenz ist immer da im Fußball, aber wir sind faire Fighter", sagte Havertz über den Kampf um den Platz in der Startelf. "Natürlich will jeder immer spielen in der Mannschaft. Fülle hat es auch gut gemacht in den Spielen, in denen er reingekommen ist - deswegen soll der Trainer entscheiden, wer spielt."  

Helfer kehren mit Besen Wassermassen in einen Abfluss im Stadion in Dortmund
Nach rund 35 Spielminuten geht ein Unwetter mit Blitzen, Donner und Hagel über Dortmund nieder - das Spiel wird unterbrochenBild: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images

Diesmal hat Nagelsmann offenbar richtig entschieden, wenn es denn eine richtige Entscheidung gibt. Kai Havertz' 1:0 brachte Deutschland gegen die Dänen auf die Siegerstraße und kam zu einem psychologisch wichtigen Zeitpunkt. Schon zuvor mussten beiden Mannschaften die Konzentration neu aufbauen. Weil ein heftiges Gewitter mit Hagel über dem Dortmunder Stadion niederging, wurde die Partie in der ersten Halbzeit für rund 20 Minuten unterbrochen.

Nach seinem Elfmeter hatte Havertz mindestens zwei weitere Gelegenheiten, endgültig zum Helden des Spiels zu werden: Wenige Augenblicke nach dem 1:0 lief er einen Konterangriff auf Kaspar Schmeichels Tor und chippte den Ball über den dänischen Torwart: knapp daneben. Später tauchte er erneut alleine im gegnerischen Strafraum auf, brach ab, drehte sich geschickt und legte für Sané auf. Doch auch der Bayern-Angreifer verpasste das Tor um eine Winzigkeit.

Der Treffer hätte aber eh nicht gezählt: Kai Havertz hatte zuvor knapp im Abseits gestanden - ein paar Zentimeter.