Elf Festnahmen in Hongkong
14. Januar 2021Die Festnahmen stehen nach Medienberichten im Zusammenhang mit der gescheiterten Flucht von zwölf Aktivisten in einem Boot nach Taiwan. Die Flüchtlinge waren im August von Chinas Küstenwache aufgegriffen worden, als sie sich in das freie und demokratische Taiwan absetzen wollten.
Statt zurück nach Hongkong wurden sie nach China gebracht, wo zehn von ihnen im Dezember in der südchinesischen Stadt Shenzhen zu Haftstrafen zwischen sieben Monaten und drei Jahren verurteilt wurden. Zwei Minderjährige wurden der Hongkonger Polizei übergeben.
Seither suchen Ermittler nach Unterstützern, die den "Hongkong 12", wie sie auch genannt werden, bei ihrer Flucht geholfen haben. Unter den jetzt Festgenommenen ist auch der Anwalt und Bezirksrat aus dem Stadtteil Kowloon, Daniel Wong Kwok-tung, der in der Vergangenheit bei Protesten in Hongkong festgenommenen Demonstranten juristische Unterstützung gewährt hatte. Er stand auch hinter einer Kampagne zur Gründung eines Cafés in Taiwan, das Hongkongern im Exil dort Jobs bietet.
"Ein Land, ein System"
Den elf Festgenommenen werde "Unterstützung von Straftätern" vorgeworfen, berichtet die Zeitung "South China Morning Post" mit HInweis auf eine Polizeiquelle. Betroffen seien acht Männer und drei Frauen im Alter zwischen 18 und 72 Jahren, ergänzt der öffentliche Sender RTHK.
Das Vorgehen der Behörden in der chinesischen Sonderverwaltungsregion folgt auf die Festnahme von 53 Mitgliedern der prodemokratischen Opposition vergangene Woche unter Hinweis auf das seit Juli geltende neue Sicherheitsgesetz. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die von Pekings Behörden als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch angesehen werden.
Das von Peking unter Umgehung des Hongkonger Legislativrats erlassene Gesetz ist bei der Opposition in der chinesischen Sonderverwaltungsregion und international auf scharfe Kritik gestoßen, weil es als Verstoß gegen die gemeinsamen Abmachungen bei der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China gesehen wird.
Seit damals wird Hongkong nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" als eigenes Territorium regiert. Die Vereinbarungen damals sahen eigentlich vor, dass die sieben Millionen Hongkonger bis 2047 "ein hohes Maß an Autonomie" und viele politische Freiheiten genießen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes sagen viele jedoch nur noch: "Ein Land, ein System".
Bundesregierung appelliert an China
Auch die Bundesregierung kritisiert die Verhaftungswelle. Diese sei "ein nächster Baustein in einer besorgniserregenden Entwicklung in den letzten Monaten", sagte eine Sprecherin des
Auswärtigen Amtes kürzlich in Berlin. Die Verhaftungen bestätigten die Befürchtungen, dass das auf Druck der chinesischen Führung verabschiedete Sicherheitsgesetz in der Sonderverwaltungszone "zu einer Erosion der Freiheitsrechte und Rechtsstaatlichkeit führt". Die Bundesregierung appellierte an China, sich an die Verpflichtungen des Grundlagengesetzes für Hongkong zu halten, das der Stadt besondere Autonomie- und Demokratierechte auch im kommunistischen China einräumt.
nob/se (dpa, rtr)