Elektro-Bälle und Gelbe Karten
20. Juni 2006Bei der WM liefen die einzelnen Turnierspiele bisher erstaunlich geregelt ab. Das liegt nicht zuletzt an der elitären Auswahl, die anlässlich dieser WM auch in der Schiedsrichterfrage vorgenommen wurde. Die handverlesenen 21 Welt-Schiedsrichter samt Assistentengespann haben sich schon im Vorfeld des Turniers in mehrtägigen Trainingstreffen und Workshops auf ihren verantwortungsvollen Posten vorbereitet. Auf dem Stundenplan im WM-Schiedsrichtercamp in Neu-Isenburg standen in der Vorbereitungszeit neben umfangreichen Medizin-Checks auch Tests, die die Fitness und Kondition der Schiedsrichter prüften. Außerdem Regelkunde - in Theorie und Praxis.
Regeln und Richten
Die einheitliche und konsequente Umsetzung der vom Weltverband FIFA vorgegebenen Richtlinien ist das gemeinsame Ziel der ausgesuchten Unparteiischen. Dabei ist keine der Regeln neu oder verändert; geahndet werden die üblichen Regelverstöße: zu harter Körpereinsatz, übertriebener Ellenbogeneinsatz, Zerren am Trikot und Zeitspiel. Die Schiedsrichter wollen das Spiel insgesamt schneller machen und besonders unsportliches Verhalten wird härter bestraft.
Fair Play ist angesagt - denn auf dem Spielfeld regnet es gelbe Karten und auch Rot hat so mancher Spieler bei dieser WM schon gesehen. Zweimal Gelb heißt beim nächsten Spiel aussetzen, dieses harte Durchgreifen der Schiedsrichter wird momentan in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Vielen Top-Spielern droht in den weiteren Qualifikationsrunden eine Sperre. Die internationalen Trainer fahren diverse Strategien, um ihre Spieler vor Zwangspausen bei entscheidenden Partien zu bewahren.
Schiris und Assis
War der Ball wirklich drin? Viele technische Hilfsmittel wie zum Beispiel der Chip-Ball oder die Torkamera, bleiben auch während dieser WM lediglich Diskussionsstoff. Denn wer wie und wann die Bilder einer Torkamera als Videobeweis auswerten soll, ist noch nicht klar. Und der Ball, der mit Mikrochips elektronisch anzeigt, ob er im Tor gelandet ist, funktioniert noch nicht zuverlässig. Der vom Sportartikelhersteller Adidas sowie der Firma Cairos AG und dem deutschen Frauenhofer-Institut entwickelte Chip-Ball soll jetzt frühestens bei der nächsten Fußball-WM 2010 in Südafrika eingesetzt werden.
Spätestens nach dem Vorrundenspiel Frankreich-Südkorea werden aber die Rufe nach der Hinzunahme technischer Hilfsmittel lauter. Das von den Schiedsrichtern nicht gewertete 2:0 der Franzosen hätte den Ausgang dieser Partie schließlich maßgeblich verändert und die Position der Franzosen in diesem Turnier gefestigt.
Eine sichtbare und hilfreiche technische Neuerung ist der Einsatz von Headsets während der Spiele. Mittels dieser Funk-Systeme kann das Schiedsrichtergespann direkt miteinander kommunizieren.
Analyse und Teamplay
Die internationalen Schiedsrichter-Trios sind seit dieser WM feste Einheiten und stammen zum ersten Mal aus demselben Land - oder zumindest aus dem gleichen Kontinentalverband. Das einzige deutsche Schiedsrichtergespann wird vom zweimaligen Welt-Schiedsrichter Markus Merk geführt. Der promovierte Zahnmediziner trainiert täglich körperlich und taktisch, bevor er mit Schiedsrichter-Kollegen WM-Partien anschaut, um sie am Fernseher gemeinsam zu analysieren. Denn nur das Teamplay der Schiedsrichter führt zur allseits gewünschten "einheitlichen Linie".
Bei der Bezahlung geht’s zumindest schon mal gleich zu: Alle WM-Schiedsrichter sowie deren Assistenten erhalten für die Dauer der WM jeweils 40.000 Dollar, plus eine Spesenpauschale von 100 Dollar pro Tag.