Die italienische Brücke
3. August 2020"Wir haben nonstop gearbeitet: 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche", sagte ein Manager des Bauunternehmens Webuild. "Der einzige Tag, an dem die Baustelle geschlossen wurde, war Weihnachten." Selbst in der schlimmsten Phase der Corona-Pandemie gingen die Bauarbeiten in Genua voll weiter. Nun feiert die Hafenstadt Einweihung - und Italien feiert sich selbst.
Am 14. August 2018 waren Teile der viel befahrenen, fast 1200 Meter langen Morandi-Autobahnbrücke während eines Unwetters eingestürzt. Autos und Lastwagen wurden in die Tiefe gerissen, 43 Menschen starben. Viele Anwohner mussten ihre Wohnungen nahe der Brücke räumen, und auch die wichtige Autobahn A10 war seitdem unterbrochen.
Schon wenige Wochen nach dem Kollaps hatte Stararchitekt Renzo Piano in seiner Heimatstadt erste Ideen für einen Neubau vorgestellt. Zügig wurden die gewaltigen Reste der Morandi-Brücke abgerissen, aber auch Häuser beiseite geräumt, 2019 wurde bereits neu gebaut. "Wir haben die Brücke in einem Jahr fertig gestellt, es ist wahr, so eine Brücke zu bauen, hätte normalerweise drei Jahre gedauert", freut sich der 82-jährige Piano in der Zeitung "La Repubblica".
Der Einsturz von Genua brannte sich wegen seiner Dimension als nationale Katastrophe in Italiens Gedächtnis. Und so tief die Trauer war, so strahlend soll jetzt der Neustart sein. Die "Ponte San Giorgio" trägt den Namen des Schutzpatrons der Stadt.
Für den Festakt am Montagabend hatten sich die Ehrengäste auf der Fahrbahn hoch über Genua versammelt. Ministerpräsident Giuseppe Conte sowie Staatspräsident Sergio Mattarella, mehrere Minister aus Rom und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens waren anwesend. Die Zeremonie begann um 18.30 Uhr mit der Verlesung der Opfernamen, gefolgt von einer Schweigeminute und Reden. Dann wurde das Eröffnungsband der neuen San-Giorgio-Brücke durchschnitten.
"Wir hoffen, dass auch nach diesem Tag das Andenken an die Opfer nicht vergessen wird", hatte zuvor Egle Possetti vom Angehörigen-Komitee im Fernsehsender Sky TG24 gesagt. "Es muss einen Prozess geben." Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen der Schuld am Brückeneinsturz und möglicher Wartungsmängel laufen noch. Viele Opferangehörige hatten angekündigt, nicht am Festakt teilnehmen zu wollen.
rb/AL/AR/ie (afp, dpa)