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Einbürgerung: Acht wichtige Änderungen für Ausländer

26. Juni 2024

In Deutschland gilt ein neues Gesetz zur Staatsangehörigkeit. Ausländer können nun schneller Deutsche werden und den Pass ihres Herkunftslandes behalten.

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Deutschland Einbürgerung Feier
Nagelneu: Deutscher Pass bei einer Einbürgerungsfeier in Frankfurt am MainBild: Fabian Sommer/dpa/picture alliance

Der bordeauxrote Pass mit dem Bundesadler ist beliebt. Kein Wunder, deutsche Bürger genießen fast grenzenlose Reisefreiheit, können in der gesamten EU leben und arbeiten, politisch mitentscheiden und frei ihren Beruf wählen.

Der Weg dorthin wird nun vereinfacht. Ab 27. Juni 2024 gilt in Deutschland das neue Staatsangehörigkeitsgesetz. Viele der etwa zwölf Millionen Ausländer in Deutschland können nun einen deutschen Pass beantragen.

1.  Überholspur zur Einbürgerung

Nach einem legalen Aufenthalt von fünf Jahren in Deutschland können Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Bei "besonderen Integrationsleistungen" ist die Einbürgerung sogar schon nach drei Jahren möglich. Wer nämlich Sprachkenntnisse auf hohem Niveau (C1, also sich fließend ausdrücken zu können), ehrenamtliches Engagement oder besonders gute Leistungen in Schule oder Beruf nachweisen kann, kommt schneller an den deutschen Pass. Bislang konnten Ausländer erst nach frühestens acht Jahren die Staatsangehörigkeit beantragen.

Die Bundesregierung aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen hofft, so die Zahl der Einbürgerungen zu steigern und damit Anreize zur schnelleren Integration zu schaffen. Die deutsche Einbürgerungsquote fiel im EU-Vergleich bislang gering aus, ist zuletzt aber angestiegen. Die Opposition der in Teilen rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) und der konservativen CDU/CSU befürchtet, der deutsche Pass könne nun zur "Ramschware" werden.

2. Einkommen nötig

Die bisherigen Voraussetzungen für den Erwerb der Staatsangehörigkeit bleiben bestehen. Wer eingebürgert werden möchte, muss also weiterhin selbst seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Hier werden die Regeln verschärft, so dass Geringverdiener es künftig schwerer haben. 

3. Kein Pass für Rassisten und Antisemiten

Das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes war auch bislang schon ein Muss für alle, die den deutschen Pass beantragen.  

Dies schließt, so heißt es nun konkret, antisemitische, rassistische oder sonstige menschenverachtende Handlungen aus. Auch wer die Gleichberechtigung von Mann und Frau ablehnt oder in Mehrehe lebt, kann keinen deutschen Pass bekommen. 

4. Verantwortung Deutschlands aus der Geschichte

Hinzu kommt künftig das Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands. In der Zeit des Nationalsozialismus hat Deutschland mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg begonnen und im staatlich organisierten Völkermord etwa sechs Millionen europäische Juden ermordet.

Deshalb sollen sich auch neu eingebürgerte Deutsche zum Schutz jüdischen Lebens sowie zum Verbot der Führung eines Angriffskrieges bekennen. Wer diese Haltung nicht teilt, soll nicht Deutscher werden. Der Fragenkatalog des Einbürgerungstests soll entsprechend angepasst werden.

5. Deutscher Pass auf Widerruf

Wer bei der Einbürgerung gelogen hat, dem kann die deutsche Staatsangehörigkeit innerhalb von zehn Jahren wieder entzogen werden. Das galt auch bislang schon. 

Nun verliert auch seinen deutschen Pass, wer es mit dem beim Bekenntnis zur historischen Verantwortung Deutschlands nicht ernst gemeint hat – etwa, weil er antisemitische Hassbotschaften verbreitet.

6. Doppelte Staatsbürgerschaft für alle

Wer Deutscher wird, muss nun nicht mehr seine bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben. Damit ist für alle Migranten die Mehrstaatlichkeit möglich. Bislang war dies nur für Menschen aus EU-Ländern vorgesehen. 

Einbürgerungen | Deutsche Staatsbürgerschaft
Mehr Pass-Vielfalt möglich: Einbürgerungsfeier in WittenBild: Frank Oppitz/Funke/IMAGO

So will die Bundesregierung Menschen entgegenkommen, die sich mit ihrem Herkunftsland eng verbunden fühlen. Für die Integration seien Faktoren wie Sprachkenntnisse, Bildung und das Bekenntnis zur Demokratie wichtiger als ein zweiter Pass, so ihre Argumentation. 

7. Erleichterung für Gastarbeiter und DDR-Vertragsarbeiter

Für Menschen aus der Generation der so genannten Gastarbeiter, die von 1955 bis 1972 nach Westdeutschland kamen, sowie für die "Vertragsarbeiter" der DDR im Osten Deutschlands gelten weniger strenge Regeln. So soll ihr wesentlicher Beitrag zur Entwicklung Deutschlands gewürdigt werden.

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Als Sprachnachweis soll ausreichen, dass sie sich im Alltag auf Deutsch problemlos verständigen können. Zudem müssen sie keinen Einbürgerungstest ablegen.

8. Kinder können schneller Deutsche werden

Kinder ausländischer Eltern erhalten die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sich ein Elternteil mehr als fünf Jahre rechtmäßig in Deutschland aufgehalten hat. Bislang war dies erst nach acht Jahren möglich. Laut Studien sind Kinder mit ausländischen Wurzeln in Schule und Beruf erfolgreicher, je früher sie die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten haben.

Die Neuregelung gilt jedoch nicht rückwirkend. Das heißt, nur Kinder, die nach dem 27. Juni 2024 geboren wurden, profitieren davon.