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Ein Wunsch reicht

15. August 2015

König Salomo bekommt einen Wunsch freigestellt von Gott. Im Traum. Was wählt er? Lucie Panzer erzählt für die evangelische Kirche davon, was bei Entscheidungen wichtig ist.

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Deutschland Deckenfresko Das Salomonische Urteil
Deckenfresko im Herbergstrakt der Wallfahrtskirche Frauenberg: Das Salomonische UrteilBild: CC BY-SA 3.0/wikimedia/User:Fb78

Eine Bratwurst im Gesicht
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten – was würden Sie wünschen?
Es kann ja ganz dumm laufen mit so einem Angebot. Johann Peter Hebel erzählt in seinen Kalendergeschichten von Hans und Liese. Arme Leute, denen eine Fee sogar drei Wünsche schenkt. Das wollen sie gut überlegen und die Wünsche nicht leichtfertig vergeben. Aber als am Abend die Bratkartoffeln so gut duften, da kann Liese nicht den Mund halten: „Ach, wenn wir jetzt doch eine Bratwurst dazu hätten!“ seufzt sie. Und schon liegt sie auf dem Teller. Der erste Wunsch ist perdü. Da wird Hans böse. „Wenn sie dir doch an der Nase anwachsen würde“, schimpft er. Und so brauchen die beiden schließlich den dritten Wunsch, damit die Bratwurst wieder verschwindet. Dumm gelaufen.

Ein hörendes Herz
Die Bibel erzählt vom König Salomo. Als der noch ganz jung gerade erst den Thron bestiegen hatte, gewährt ihm Gott einen Wunsch. Im Traum. (1. Kö 3, 5-15) Und was wünscht sich der junge König? Ein hörendes Herz! Genauer: „Ein hörendes Herz, um … gerecht zu regieren und zu verstehen, was gut und böse ist.“ (1. Kö 3,9) Was für ein Wunsch! Der junge König wünscht nicht für sich selber: einen Harem voll schöner Frauen, Reichtum, Luxus, auch nicht Glück im Krieg oder die Ausweitung seines Herrschaftsbereichs. Er wünscht sich, was er braucht, um seine Amt gut auszufüllen. Er will seine Aufgabe so gut wie möglich machen. Und deshalb will er sich etwas sagen lassen. Mir imponiert das. Salomo denkt an seine Aufgabe. Für die möchte er gut gerüstet sein. Wenn ich nun an mich denke: Was bräuchte ich für meine Aufgaben? Als Mutter oder Schwiegermutter? Im Beruf? Im meinem Ehrenamt? Was wäre wichtig, damit ich da möglichst wenig Fehler und vieles richtig mache? Hören ist wichtig, hat der junge Salomo gefunden. Sich etwas sagen lassen. Worauf sollte man hören, wenn man seine Aufgaben gut machen will?

Drei Richtungen
Mir scheint, man muss in drei Richtungen hören: Nach außen, nach innen und nach oben. Erstmal muss man auf das hören, was um einen herum passiert. Man muss sich informieren. Manche wissen schon, was für die anderen gut ist, bevor sie mit ihnen gesprochen und vor allem, bevor sie ihnen zugehört haben. Wenn ich so mit meinen Kindern umgehe, oder mit meinen Mitarbeitern, dann werden die zu Recht sauer sein. – Hören also, was um mich herum passiert: Aber sich nicht beeinflussen lassen von dem, was die Leute reden. Damit das nicht passiert, muss man auch nach innen hören. Auf sein Gewissen zum Beispiel. Auf die innere Stimme, die mir sagt: Da werden Menschen ungerecht behandelt. Und sie können sich nicht wehren. Vielleicht kannst Du ja etwas für sie tun? Auch das Gewissen kann man unterdrücken und zum Schweigen bringen. Zum Beispiel, wenn ich mir sage: Warum soll ich mich in Schwierigkeiten bringen? Ich wäre doch dumm, wenn ich mir da mehr Gedanken machen würde als nötig.

Damit das Gewissen lebendig bleibt und sich regt, muss man sich orientieren. Ich bin nicht nur verantwortlich vor meinem Gewissen. Ich bin auch verantwortlich für mein Gewissen. Und woher nehme ich die Maßstäbe, an denen sich mein Gewissen orientieren kann? Dafür, finde ich, muss man nach oben hören. Auf Gott. Und wie könnte man Gott hören? Ich höre ihn oft, wenn ich die Geschichten der Bibel bedenke. Da kann man sich und seine eigenen Lebensverhältnisse ganz oft wieder erkennen. Die Bibel erzählt Geschichten von der Gerechtigkeit. An denen kann man sich orientieren. Zum Beispiel an der Geschichte von den zwei Frauen, die beide von demselben Säugling behauptet haben, er sei ihr Kind. Salomo, der König mit dem hörenden Herzen, hat herausgefunden, welche Mutter für das Kind gut ist. Sein salomonisches Urteil ist zur Legende geworden. An solchen Geschichten kann man sich orientieren und das Gewissen schärfen, finde ich. Damit es ein bisschen besser läuft in der Welt.

Zur Autorin:

die evangelische Pfarrerin Lucie Panzer Stuttgart
Lucie PanzerBild: GEP

Lucie Panzer (geb. 1955 in Stadtoldendorf, Weserbergland) ist Pfarrerin der württembergischen Landeskirche im Landespfarramt für Rundfunk und Fernsehen. Sie studierte evangelische Theologie in Bethel, Göttingen und Tübingen. Nach vier Jahren als Vikarin und Pfarrvikarin an der Stiftskirche in Tübingen folgte eine neunjährige Familienpause. Ab 1995 ist sie Rundfunkbeauftragte der württembergischen Landeskirche zunächst für den Südwestfunk, ab 1998 für den Südwestrundfunk. Lucie Panzer hat seit 2008 einen Lehrauftrag für Homiletik an der Universität Tübingen. Sie hat vier erwachsene Kinder und lebt in Stuttgart.

Kirchliche Verantwortung: Pfarrer Christian Engels