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Von Wien über New York, Sydney und Bangkok und zurück

20. Januar 2009

Er hat sich ein Jahr "frei" genommen, um zu reisen: Heinz Feldmann war in der ganzen Welt unterwegs - auch auf der Suche nach dem Sinn in seinem Leben.

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Heinz Feldmann in Alaska (www.ruhejahr.com)
Heinz Feldmann in Alaska (www.ruhejahr.com)Bild: Heinz Feldmann/ www.ruhejahr.com

Fokus Europa: Wie viele Leute haben Sie unterwegs getroffen, die auch gerade ein Sabbatjahr machten?

Heinz Feldmann: Einige: In Europa haben speziell die Engländer eine Kultur dieser Art des Reisens. Dann einen Schweizer, den ich in einer Sprachschule in Buenos Aires kennen gelernt habe. Der wusste nicht: Sollte er zurückgehen zu dem bereits angebotenen gut bezahlten Job bei einem großen Versicherungskonzern.

Das heißt, das war so ein bisschen eine Sinnkrise, die da hineinkam?

Genau, das ist speziell bei den Sabbatical-Reisenden im Mittelalter ein Thema. Die hatten schon einige Jahre oder Jahrzehnte wie in meinem Fall gearbeitet und vielleicht auch schon ein bisschen was erreicht und fragten sich: Was mache ich denn mit dem Rest meines Lebens? Sind die Ziele, die ich in den letzten Jahren verfolgt habe wirklich die, die ich noch attraktiv finde, passt das noch zu mir? Wenn ja, wie soll ich das angehen?

Heinz Feldmanns Reiseroute (www.ruhejahr.com)
Heinz Feldmanns Reiseroute (www.ruhejahr.com)Bild: Heinz Feldmann/ www.ruhejahr.com

Spricht man darüber? Gibt man zu, dass man eigentlich auch ein bisschen auf einem Selbsterfahrungstrip ist?

Ja, die Gespräche unter Reisenden sind sehr intim, sehr schnell. Ich habe das oft erlebt, dass man jemanden kennen lernt und schon am ersten Abend Dinge austauscht, die man mit anderen Bekannten vielleicht erst nach ein oder zwei Jahren austauschen würde. Und so eine Sinnkrise hat ja Vor- und Nachteile.

Welche Vorteile sind das?

Die Vorteile sind einfache eine Neupositionierung. Dass man hinterfragt, ob diese ganzen materiellen und karrierebedingten Dinge, die man verfolgt hat, noch attraktiv sind. Das heißt also: Bei vielen führt das zu einer Entschlackung des persönlichen Lebens.

Was hat das bei Ihnen bewirkt?

Bei mir hat das dazu geführt, dass ich überlegt habe, wie viel oder wenig brauche ich denn wirklich - im Sinne von Geld und Platz. Und wenn man ein Jahr unterwegs ist mit Rucksack und einem Zelt, dann kommt man dazu, dass man mit extrem wenig leben kann und ein gutes Leben hat. Und das hat auch Folgen für mein normales Leben.

Heinz Feldmann auf der Chinesischen Mauer (www.ruhejahr.com)
Heinz Feldmann auf der Chinesischen Mauer (www.ruhejahr.com)Bild: Heinz Feldmann/ www.ruhejahr.com

Was haben Sie abgeschafft?

Ich habe jetzt gerade meinen Wohnraum von damals 130 Quadratmeter auf 42 reduziert. Nicht weil ich es mir nicht mehr leisten könnte, sondern weil ich den Ballast nicht mehr mit mir rumschleppen möchte. Da musste ich natürlich viele Sachen wegwerfen. Und das andere ist, dass ich jetzt so ein Carsharing-Projekt mache, um herauszufinden, wie wenig Auto ich im Privatleben brauche.

Ein Jahr die pure Freiheit – das klingt verlockend. Aber gab es nicht auch bei ihnen Momente, in denen Sie sich gefragt haben: Was mache ich hier eigentlich?

Ja, so alle zwei oder drei Wochen. Das ist auch wichtig. Es wäre nämlich gefährlich, den Leuten einzureden, dass das nur eitel Sonnenschein ist. Wenn man ein Jahr alleine reist, hat es viele tolle Vorteile. Denn alleine reisen heißt, sich jeden Tag zu entscheiden: Was mache ich? Bleibe ich hier, gehe ich woanders hin, schließe ich mich dieser Gruppe an? Aber man bezahlt auch den Preis, dass es Phasen der Einsamkeit gibt, in denen man sich denkt: Warum tue ich mir das alles an?

Heinz Feldmann mit seinem Buch (www.ruhejahr.com)
Heinz Feldmann mit seinem Buch (www.ruhejahr.com)Bild: Heinz Feldmann/ www.ruhejahr.com

Und was haben Sie sich dann in diesen Situationen gesagt? Wie haben Sie sich motiviert?

Ich habe mich immer wieder ermutigt, dass es in zwei oder drei Tagen wieder Dinge geben wird, für die ich dankbar sein werde, für dich ich entschädigt werde für die Stunden und Tage der Einsamkeit.

Trotzdem nehme ich an, dass viele neidisch sind, wenn Sie von ihrem Sabbatjahr erzählen. Aber selbst würden diese Menschen nie den Mut aufbringen, das auch zu tun. Womit würden Sie sie überzeugen, es trotzdem zu wagen?

Sabbat steht stellvertretend für: Erfülle dir deine Träume und Wünsche! Und erfülle dir deine Wünsche noch in diesem Leben, denn viele leben so als ob es die Generalprobe wäre, aber das ist es nicht, denn es ist dein Leben.

Das Interview führte Miriam Klaussner.