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Lob für Rettungspaket

Andrea Grunau14. Oktober 2008

Deutschland gibt Garantien und Kapital über insgesamt 500 Milliarden Euro, Frankreich gibt 360 Milliarden, Spanien bürgt mit 100 Milliarden Euro für angeschlagene Banken.

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Der Vorsitzende der SPD-Gruppe im Europäischen Parlament, Martin Schulz (Oktober 2003/dpa)
Für Schulz hat die EU mit dem Maßnahmenpaket eine gute Entscheidung getroffenBild: dpa

Das alles sind Maßnahmen aus einem - wie Angela Merkel es formuliert hat - Instrumentenkasten zur Rettung der Finanzindustrie. Über dieses Paket haben die Regierungschef der 15 Euro-Staaten Sonntag Abend entschieden. Das Paket gibt europaweite Richtlinien für die Rettunsmaßnahmen der einzelnen Staaten.

Einer der schon seit Tagen ein gemeinsames europäisches Vorgehen in der Finanzkrise fordert, ist der Fraktions-Chef der Sozialdemokraten im Europaparlament Martin Schulz.

Fokus Europa: Herr Schulz, sind Sie mit dem europäischen Rettungspaket zufrieden?

Martin Schulz: Ja ich bin Zufrieden, weil ich glaube, dass das, was jetzt beschlossen wurde, zwei Dinge beinhaltet: Erstens ist man zu gemeinsamen Entschlüssen gekommen, alle15 Eurostaaten plus Großbritannien. Und zweitens: was jetzt beschlossen wurde, ist unvermeidlich, wenn man Schlimmeres verhindern will. Insofern glaube ich, ist das Rettungspaket der richtige Weg.

Was ist die Stärke des Rettungspakets?

Dass das so genannte Interbankensystem reaktiviert wird. Wir haben es momentan mit einer Situation zu tun, in der gar nicht zu wenig Geld da ist, das Geld wird nur nicht mehr in den Umlauf gebracht. Die Banken leihen sich gegenseitig kein Geld mehr, weil sie sich gegenseitig misstrauen. Die Ursache ist bekannt, es sind so viele zwielichtige, undurchsichtige Geschäfte gemacht worden - Bilanztricks und denken Sie an die Hypo Real Estate, bei der mal eben 15 Milliarden Mehrbedarf gemeldet wurde. Das alles führt dazu, dass die Banken sich untereinander misstrauen – die kennen sich gegenseitig. Jeder Bankchef sagt sich, der denkt so wie ich selbst. Und dadurch ist der Kreislauf zum Erliegen gekommen. Damit bekommt vom großen bis zu kleinsten Unternehmen, keiner mehr Geld. Das ist es, was die Wirtschaft so bedroht. Und diese wieder anzukurbeln, ist Sinn dieses Projekts.

Herr Schulz, sehen Sie denn auch Gefahren für die Staaten, wenn die Banken jetzt versagen?

Natürlich bestehen Gefahren. Wenn das jetzt nicht funktioniert, werden gigantische Summen an Staatsgeld in Anspruch genommen. Wenn das gesamte Geld, das jetzt bereit gestellt worden ist, tatsächlich in Anspruch genommen würde, würde unsere gesamte Realwirtschaft zusammenbrechen. Und das wäre weit dramatischer, als das Risiko, solche Gelder bereitzustellen – deren überwiegender Anteil ja Bürgschaften sind. Was im Moment geschieht, ist eine Stabilisierung, das heißt nicht, das Gebäude wird abgerissen und neu aufgebaut – es wird stabilisiert und das kann man verantworten.

Die Frage ist – wie steht es um die Stabilisierung der Staatsfinanzen, Stichwort Stabilitätspakt. Wenn jetzt Milliarden zur Verfügung gestellt werden müssen, dürfte der wohl Geschichte sein.

Das glaube ich nicht, man muss noch einmal klarmachen: Der Staat geht ein Risiko ein, aber er zahlt nicht sofort Geld. Der Bundeshaushalt wird ja nicht mit 500 Milliarden belastet. Es ist eine Risikoabsicherung, eine Art Versicherungspolice, die ausgestellt wird. Die Gelder, die unmittelbar fließen, sind ja deutlich weniger, jetzt veranschlagt mit 50-70 Milliarden Euro. Das wird den Stabilitätspakt nicht infrage stellen. Vor allem, weil der Bund und auch die anderen EU-Staaten sich Gegenleistungen geben lassen, in Form von Aktien und beispielsweise auch Dividenden erheben. Da kommt auch Geld zurück, das die Risikoabsicherung rechtfertigt.

Sie haben in der letzten Woche EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy vorgeworfen, er sei untätig in der Finanzkrise und seinen Rücktritt gefordert. Halten Sie daran fest?

Ich habe vor allem Herrn Barroso die Empfehlung ausgesprochen, er solle Herrn McCreevy ein anderes Ressort geben. Wir haben viele Jahre im Parlament, ein bisschen ungehört auch von der Öffentlichkeit, gefordert, dass es härtere Regeln in den Finanzmärkten geben muss. Wir haben die Begrenzung von Managergehältern gefordert und ihre Entkoppelung von kurzfristigen Gewinnspekulationen. Wir haben Regeln für Rating-Agenturen gefordert. Wir haben Verbote von bestimmten Spekulationsarten, etwa Lebensmittelspekulationen gefordert. Herr McCreevy hat über Jahre dazu gesagt: Halten Sie sich da raus, das ist alles Staatsinterventionismus, der Markt ist die beste Lösung zwischenmenschlicher Probleme. Und ausgerechnet dieser Mann ist auch weiterhin für die notwendigen Maßnahmen im Binnenmarkt, also auch im Finanzbinnenmarkt zuständig - das halte ich für nicht hinnehmbar. Deswegen habe ich Herrn Barroso gesagt, insbesondere nachdem er uns erzählt hat, er würde McCreevy in einen Krisenmanagementstab der Kommission berufen - man muss nicht unbedingt diejenigen, die das Feuer legen anschließend in die Feuerwehr berufen.