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Ein guter Anfang

Wolf Broszies5. Mai 2003

In Berlin läuft die "1. Türkische Filmwoche". Die Veranstaltung versammelt einige der besten Filme der letzten Jahre und zeigt, dass das türkische Kino Filme mit dem Potenzial zum Kassenschlager hervorbringt.

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Selcuk Sazak will den türkischen Film ins große Kino bringenBild: npb

"Es war uns klar, dass die Mannschaft sich irgendwann auflösen wird. Es geht nicht um grün-gelb oder gelb-weiß: Wir wollen nur einmal Meister werden" fährt der Torwart Suat des kleinen Provinzfußballvereins Esnafspor den Stürmer Cem an. Der möchte lieber das entscheidende Spiel verlieren, um zu verhindern, dass der Verein aufgekauft und in einen Proficlub verwandelt wird. Gleichzeitig konkurrieren beide um dieselbe Frau, und erst nach der Hochzeit treten überraschende Wahrheiten zu Tage.

Der dritte Spielfilm des Regisseurs Serdar Akar ist nur eine der Perlen, die es auf der "1. Türkischen Filmwoche" in Berlin zu entdecken gibt. Die Organisatoren aus den Reihen des Vereins Tiyatro Aktuell Berlin e.V. haben sich bemüht, einen repräsentativen Querschnitt durch die türkische Kinolandschaft zusammenzustellen.

"Bollywood" vom Bosperus?

"Amerika füllt immer noch gerade an Weihnachten die Kinos mit seinen Filmen" sagte Selcuk Sazak im Gespräch mit DW-WORLD, "dabei gehen gerade über die Feiertage viele Türken ins Kino, und es gibt so viele hervorragende türkische Filme. Wann wird das aufhören?".

Die Filmwoche zielt also nicht auf Kritiker und Fans, sondern auf das Massenpublikum, und die bisherigen Vorverkaufszahlen geben dem Urteil Sazaks recht, dass die großen türkischen Filme auch in Deutschland auf gute Zuschauerzahlen hoffen können.

Die Veranstaltung deckt trotz der nur begrenzten Anzahl von Filmen das ganze klassische Themenspektrum des Kinos ab: Während Serdar Akars Fußballfilm einen tragikomischen Reigen über die Wege und Verwicklungen der Liebe, über Eifersucht, Hingabe und Trennungsschmerz präsentiert, treibt Reha Erdem in seinem "Jagd nach Geld" ("Kac Para Kac") seinen Protagonisten durch ein Feuerwerk von erzählerischen Einfällen.

Der Plot ist die klassische Geschichte vom Ärger, den sich ein kleiner Mann mit unverhofftem Reichtum aufhalst, und dessen sämtliche Versuche, etwas aus dem unverhofften Glück zu machen, doch unweigerlich in der letztendlichen Katastrophe münden. Auch wenn Produktion und Ausstattung sich nicht mit den klassischen Hollywood-Blockbustern vergleichen lassen, so ist die Qualität der Kameraarbeit, der Regie und der Dialoge beeindruckend.

Schwere Filmgeschichte

Die Vielfalt der Themen sollte ebenfalls Grund genug sein, einen genaueren Blick auf den türkischen Film zu werfen. Der Militärputsch von 1980 brachte mit der Verschärfung der Zensur das türkische Kino in eine schwere Krise, zumal nur wenige Jahre später der Mann starb, der die türkische Kinolandschaft wie kein anderer geprägt hatte: Yilmaz Güney. Für viele Jahre stellte Güneys Werk den Maßstab, an dem sich junge Filmschaffende messen lassen mussten, und sein 1980/82 fertiggestellter Film "Yol – Der Weg" gilt als absoluter Höhepunkt der türkischen Filmgeschichte.

1996 signalisierte der überraschende Erfolg der Tragikomödie "Eskya – Der Dieb" von der neuen Vitalität der türkischen Kinolandschaft. Der Film fand mehr durch Glück einen mutigen Verleih in Deutschland und entwickelte sich rasch zu einem Überraschungserfolg, der mehrere hunderttausende Menschen in die Kinos zog.

Erstaunlicherweise reagierte keiner der deutschen Filmverleihhäuser auf diesen Zuspruch mit weiteren türkischen Filmen. Um so erfreulicher jetzt also das Zustandekommen der "1. Türkischen Filmwoche" in Berlin.