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Streit um ukrainische Honig-Exporte?

Iurii Sheiko mo
6. März 2020

Eine der größten landwirtschaftlichen Dachorganisationen in der EU vermutet, dass nicht nur China, sondern auch die Ukraine mit Zuckersirup gestreckten Honig exportiert. Die Ukrainer sehen das Problem eher bei der EU.

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Honiglöffel
Bild: Colourbox

"Die Bestandsfähigkeit der europäischen Imkereien steht auf dem Spiel", warnte jüngst Copa-Cogeca, ein Zusammenschluss der beiden großen landwirtschaftlichen Dachorganisationen in der Europäischen Union. Grund dafür sei eine "verheerende Marktsituation". Verursacht werde sie durch zunehmende Billig-Einfuhren aus Drittländern. Die EU importiert rund 80.000 Tonnen Honig pro Jahr aus China sowie Tausende von Tonnen aus der Ukraine und Mexiko.

Die Produktionskosten für chinesischen Honig liegen bei 1,24 Euro pro Kilogramm, was etwa zwei Drittel weniger als in den EU-Ländern ist. Copa-Cogeca zufolge ist dieser Preisunterschied nur durch das massive Hinzufügen von Zuckersirup zu erklären, der bei europäischen Grenzkontrollen nur schwer zu enttarnen ist. "Experten schätzen, dass Chinas gesamte Honigimporte zu 70 Prozent aus Zuckersirup und zu 30 Prozent aus Honig bestehen", heißt es seitens Copa-Cogeca. 

Steigende Importe aus der Ukraine

Etienne Bruneau von der Arbeitsgruppe "Honig" bei Copa-Cogeca sagte der DW, auch die zunehmenden günstigen ukrainischen Honig-Exporte in die EU würden den Verdacht wecken, dass in der Ukraine ebenfalls Zuckersirup beigemischt wird. Er glaubt, dass die Ukrainer in den letzten Jahren nur so ihre Ausfuhren vielfach steigern konnten. 

Laut Eurostat stiegen die Einfuhren in die EU von 5000 Tonnen Honig im Jahr 2011 auf 20.000 Tonnen im Jahr 2013 und auf 47.000 Tonnen im Jahr 2017. Dabei sank der Preis im Jahr 2019 auf 1,69 Euro pro Kilo. Seit 2016 gilt zwischen der Ukraine und der EU ein Freihandelsabkommen. Doch die zollfreie Exportquote betrug zunächst 5000 Tonnen, in diesem Jahr sind es 6000. Was darüber hinausgeht wird mit 17,3 Prozent verzollt.

Taras Katschka, Handelsbeauftragter im ukrainischen Landwirtschaftsministerium, weist die  Verdächtigungen als "Gerüchte und Verleumdungen" zurück. "Jedes Kilogramm ukrainischen Honigs, das in die EU gelangt, erfüllt die EU-Normen", sagte er der DW und betonte, dass Anfang Februar sogar noch eine weitere Honigverordnung seines Ministeriums in Kraft getreten sei. Doch auch vorher hätten die Exporte längst den EU-Anforderungen entsprochen.

Taras Kachka, Handelsbeauftragter der Ukraine
Taras Katschka versichert, dass die Ukraine Qualitätshonig liefertBild: DW/I. Sheiko

Gepanschter oder wahrer Honig?

Honig kann mit Zucker und Sirup gestreckt und Bienen mit Zuckersirup gefüttert worden sein. Andrij Baschyn vom ukrainischen Imkerverband meint, Labore in der EU seien durchaus in der Lage, Betrug aufdecken. "EU-Unternehmen, die in der Ukraine Honig kaufen, verlangen von uns Tests in europäischen Laboren", unterstrich er.

Doch oft würden Importeure ukrainischen und anderen Exporteuren in Verträgen nur Kontrollen auf Zucker, aber nicht auf Sirup vorschreiben. So würde man den Kilopreis drücken. "Die europäischen Importeure prüfen das Produkt, das sie kaufen. Wenn sie billig einkaufen, dann wissen sie, was sie tun", so Baschyn.

Er schließt nicht aus, dass eine gewisse Menge an gestrecktem Honig aus der Ukraine in die EU gelangt. Doch er versichert, dass im Allgemeinen die Ukraine Qualitätshonig liefere. "Chinesischer Honig wird in der Ukraine überhaupt nicht importiert, aber die EU importiert ihn in großen Mengen", so Baschyn. Er kritisiert, dass niemand daran gehindert werde, hochwertigen ukrainischen Honig mit Ersatzstoffen zu mischen. "Wenn jemand Betrug mit ukrainischem Honig betreibt, dann sind es Händler innerhalb der EU", glaubt der Beamte.

Suche nach neuen Märkten

Was den Anstieg der ukrainischen Honig-Exporte in die EU angeht, wies Andrij Baschyn darauf hin, dass der ukrainische Honig früher meist im Inland konsumiert worden sei. "Aber seit dem wirtschaftlichen Abschwung in den Jahren 2014-15 verbrauchen die Ukrainer weniger Honig", sagte er. Daher hätten sich die Hersteller nach neuen Absatzmärkten umschauen müssen.

Das bestätigen auch Zahlen des ukrainischen Statistikamtes. Im vergangenen Jahrzehnt lag die Honigproduktion zwischen 60.000 und 75.000 Tonnen pro Jahr. Gleichzeitig erreichte der Export ukrainischen Honigs im Jahr 2011 rund 10.000 Tonnen und im Jahr 2018 fast 50.000.

Forderung nach neuen Regelungen

Laut Baschyn gibt es in der Ukraine fast 400.000 Imker. Allerdings könne diese Zahl nicht nachgewiesen werden. Daher schlägt er eine einfache und kostenlose Registrierung von Imkern vor. "Wenn die Ukraine diese Anzahl nachweist, dann werden alle Zweifel an der Produktion von über 70.000 Tonnen Honig ausgeräumt", sagte Baschyn. Ferner setzt sich der Imkerverband für eine Rückverfolgung der Herkunft von Honig sowie bessere Kontrollen in ukrainischen Laboren ein.

Copa-Cogeca hat der EU einen ganzen Aktionsplan vorgelegt. Demnach soll aus Drittländern eingeführter Honig der EU-Definition von Honig entsprechen, die Ursprungskennzeichnung für Mischhonig auf europäischer Ebene verbindlich vorgeschrieben und die jeweiligen Anteile an Mischhonig angegeben werden. Zudem soll auch die EU die Kontrollen verstärken.