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Droht China die Isolation?

Rodion Ebbighausen6. Juni 2016

Auf einem Sicherheitsgipfel in Singapur warnten die USA die Volksrepublik China davor, sich auf den Weg in die Isolation zu begeben. China wies die Behauptung scharf zurück. Entspannung nicht in Sicht.

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Verschlossene Tür mit Riegel und Schloss
Bild: picture alliance/dpa

Der ehemalige thailändische General und amtierende Premierminister Prayuth Chan-ocha eröffnete den Shangri-La Dialog in Singapur mit einer Grundsatzrede. Darin forderte der durch einen Putsch 2014 an die Macht gekommene Juntachef ein neues strategisches Gleichgewicht für Asien. "Wir müssen so bald wie möglich ein geeignetes Gleichgewicht finden, um die bestehenden Probleme anzugehen. Ansonsten hätten wir, die wir die Pflicht haben, für Sicherheit zu sorgen, versagt."

Damit sprach der Premier die etwa 600 Deligierten aus mehr als 30 Ländern direkt an. Unter den Ministern, Militärs und Sicherheitsexperten waren auch der amerikanischen Verteidigungsminister Ashton Carter und Admiral Sun Jianguo, der die chinesische Delegation anführte. Sie alle waren der Einladung des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) gefolgt, das die Sicherheitskonferenz zum 15. Mal ausrichtete. Das von Rüstungsunternehmen wie Boeing oder Lockheed Martin gesponserte sicherheitspolitische Treffen gilt als eines der wichtigsten in Asien.

Auf der Suche nach einem neuen Gleichgewicht

Die Forderung nach einem neuen Gleichgewicht ist nicht neu. Tatsächlich dominiert sie seit Jahren die Agenda fast aller Sicherheitskonferenzen im asiatisch-pazifischen Raum. Dennoch ist eine neue Sicherheitsarchitektur nicht in Sicht. Das stellt auch Gerhard Wahlers, stellvertretender Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung fest, der mit einer Delegation der KAS vor Ort war: "Von einer neuen Sicherheitsarchitektur ist man noch einiges entfernt. Da sind noch viele Schritte zu machen."

USA Zerstörer USS Lassen
Der Zerstörer USS Lassen hat mehrfach von China im Südchinesischen Meer beanspruchte Gewässer durchkreuztBild: Reuters/US Navy/CPO J. Hageman

Ein Gleichgewicht sei aber die Voraussetzung, um Antworten auf die drängendsten sicherheitspolitischen Fragen der Region zu finden, so Prayuth in seiner Rede. An erster Stelle nannte er den Konflikt im Südchinesischen Meer, die terroristische Bedrohung durch Extremisten und nicht zuletzt den eingefrorenen Konflikt auf der koreanischen Halbinsel. Prayuth schlug vor, das neu zu errichtende Sicherheitsgefüge in der Region auf gegenseitiges Vertrauen, gegenseitigen Respekt und zum gegenseitigen Nutzen zu gründen.

Große Mauer der Isolation

US-Verteidigungsminister Ashton Carter attestiert der Region einen "historischen Wandel", der mit einem prinzipienbasierten Sicherheitsnetzwerk gestaltet werden müsse. Die Prinzipien, die Carters Ansicht nach dabei in Anschlag gebracht werden sollten, seien das internationale Recht, die Freiheit der Seefahrt und der Grundsatz, dass Streitigkeiten friedlich und auf juristischem Wege beigelegt werden sollten. Die gegenwärtige Lage biete allen involvierten Parteien die Chance, ihren Respekt vor internationalen Prinzipien und dem internationalen Recht zu zeigen. Carter verwies damit auf den in Kürze erwarteten Schiedspruch aus Den Haag. Die Philippinen hatten vor dem internationalen Schiedshof gegen Chinas Ansprüche im Südchinesischen Meer geklagt. Die Sicht der USA hätten die meisten Teilnehmer der Konferenz geteilt, sagt Wahlers: "Fast alle haben betont, dass geltendes Recht weiterhin zu gelten habe."

Carter führte zur Untermauerung des multilateralen Ansatzes der USA deren bestehende Netzwerk an. "Die Liste der US-amerikanischen Kooperationen war schon beeindruckend. Dem, so ist zumindest mein Eindruck, hat China in der gleichen Größenordnung nichts entgegenzusetzen" sagt Wahlers im Gespräch mit der Deutschen Welle. Japan, Indien, Frankreich und Vietnam unterstützten die Forderungen des US-Verteidigungsminsters auf der Sicherheitskonferenz in Singapur. Carter wurde in seiner Rede konkreter und warnte China: "China könnte am Ende eine große Mauer der Selbst-Isolation errichten."

China weist Vorwürfe zurück

"Niemand hat das Recht, mit dem Finger auf China zu zeigen", gab Admiral Sun Jianguo zur Antwort, als er sich in einer öffentlichen Diskussion am Sonntag (05.06.2016) mit einer Reihe kritischer Fragen konfrontiert sah. Er fügte hinzu: "Wir machen keinen Ärger, aber wir haben auch keine Angst vor Ärger." Regelmäßig beschuldigen die USA den strategischen Konkurrenten China die Region etwa mit dem Bau künstlicher Inseln zu militarisieren. China erhebt den gleichen Vorwurf mit Blick auf regelmäßige Patrouillen von US-amerikanischen Kriegsschiffen und Flugzeugen.

Spratly Islands Inseln
China baut künstliche Inseln, um seine Ansprüche im Südchinesischen Meer zu untermauernBild: Reuters/U.S. Navy

Die Volksrepublik China werde keinerlei Einmischung in seine Souveränität oder Sicherheitsinteressen dulden. Sun trat außerdem entschieden der Behauptung entgegen, dass China sich international isoliere. "Wir waren nicht isoliert in der Vergangenheit und wir werden in der Zukunft nicht isoliert sein." Er verwies auf insgesamt 17 bilaterale Treffen mit asiatischen Nachbarstaaten in 2016 und gab sich überzeugt, dass die Beziehungen freundlicher seien als noch vor einem Jahr.

Wahlers zieht trotz der Spannungen, die deutlich zu spüren waren, eine positive Bilanz der Konferenz. Zum einen verweist er auf die Wirtschaft. "Die wirtschaftliche Verflechtung ist meines Erachtens ein Grund, warum niemand eine Isolierung Chinas wünscht." Zum anderen sieht er durchaus kleine Fortschritte: "Ich glaube schon, dass Vertrauen aufgebaut wurde. Alle Parteien wollen den Dialog und die Konferenz hat dazu beigetragen." Das gelte auch für China, wie Wahlers auf Nachfrage nach kurzem Zögern bestätigt. "Die Chinesen wissen, dass eine Konfrontation ihnen langfristig nicht dienlich ist."