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Drohnenangriffe: Nicht genug Transparenz

Janina Semenova8. August 2016

Die USA haben die Richtlinien für ihre umstrittenen Drohnenangriffe veröffentlicht und geben damit einen Einblick in den Krieg gegen den Terror. Doch die Transparenz geht für Kritiker nicht weit genug.

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US-Drohnen in Afghanistan (Foto: picture alliance/Pacific Press/A. Ronchini)
Bild: picture alliance/Pacific Press/A. Ronchini

Drei Jahre hat es gedauert, bis die USA die Richtlinien zu ihren umstrittenen Drohnenangriffen veröffentlicht haben. Kritiker hatten das immer wieder gefordert. Jetzt hat die Regierung in Washington ihr Handbuch für Drohnenangriffe, die "Presidential Policy Guideline", publik gemacht - aber erst nachdem die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation "American Civil Liberties Union" (ACLU) geklagt hatte.

In den seit 2013 bestehenden Richtlinien wird erklärt, welche Voraussetzungen es für den Einsatz von Drohnen geben muss. So müsse US-Präsident Barack Obama den Angriffen persönlich zustimmen, wenn es beispielsweise Meinungsunterschiede der Militärs gebe. Unter anderem ist auch die Rede davon, dass bei Drohneneinsätzen "praktisch Sicherheit" herrschen müsse, dass die Terroristen, denen der Angriff gilt, sich auch wirklich an dem Ort aufhalten. Außerdem soll gewährleistet sein, dass keine Zivilisten getötet werden.

Schätzungen über zivile Opfer bezweifelt

Aber wird das auch eingehalten? Lange haben die Vereinigten Staaten keine Daten dazu bekanntgegeben, wie viele Zivilisten bei Drohnenangriffen getötet wurden. Im Juli 2016 hatte die US-Regierung zum ersten Mal Schätzungen zur Zahl der zivilen Opfer der zwischen 2009 und 2011 geflogenen Drohneneinsätze veröffentlicht. Außerhalb der Kriegsgebiete sollen bis zu 116 Zivilisten getötet worden sein. Menschenrechtler halten diese Zahl insgesamt für viel zu niedrig.

Screenshot American Civil Liberties Union Richtlinien zu den Drohnenangriffen der USA (Screenshot: https://www.aclu.org/other/presidential-policy-guidance)
Die Richtlinien zu den US-Drohnenangriffen wurden nur mit geschwärzten Stellen auf der Seite der ACLU veröffentlichtBild: ACLU

Jennifer Gibson koordiniert die Arbeit der britischen Nichtregierungsorganisation "Reprieve" zum Thema Drohnenangriffe. Sie kritisiert, dass bei der Zahl nicht nach Jahr, Land oder Angriff aufgegliedert wurde. Unabhängige Organisationen hätten so gar keine Möglichkeit zu verstehen, was dahinter stecke.

"Recht auf Selbstverteidigung"

Begründet wird der Gebrauch von Drohnen im Anti-Terror-Kampf von den USA völkerrechtlich mit dem "Recht auf Selbstverteidigung". Amerikanische Drohnen kommen auch in Gebieten zum Einsatz, in denen die USA offiziell nicht an einem Krieg beteiligt sind - beispielsweise in Ländern wie Pakistan, Libyen, Somalia und dem Jemen.

Dass die Richtlinien drei Jahre lang der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht wurden, hält Jennifer Gibson für sehr beunruhigend. Für die US-amerikanische Anwältin ist die Veröffentlichung zwar ein Gewinn, weil es ein Schritt in Richtung mehr Transparenz sei - aber insgesamt nicht genug: "Wir haben gar keine Informationen darüber, ob diese Richtlinien überhaupt befolgt werden." Gibson hat grundsätzliche Zweifel an dieser Art des Anti-Terror-Kampfs: "Wenn das Programm generell illegal ist, dann sind die Regeln irrelevant."

"Bürokratische Lösung"

Marcel Dickow. (Foto: Stiftung Wissenschaft und Politik)
Marcel Dickow ist Leiter der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und PolitikBild: Stiftung Wissenschaft und Politik

Marcel Dickow, Leiter der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, hält die Veröffentlichung für eine "bürokratische Ersatzmaßnahme" anstelle einer kritischen Auseinandersetzung: "Es ist der Versuch einer bürokratischen Lösung eines eigentlich ethischen und rechtlichen Problems." Denn das Handbuch sage nichts darüber aus, ob die Drohnenangriffe der USA wirklich legitim und legal seien. Mit der Veröffentlichung versuche man über die Frage hinwegzutäuschen, ob das alles überhaupt etwas mit einem rechtsstaatlichen Verfahren zu tun habe.

Die NGO "Reprieve" hatte im Jahr 2014 einen Bericht zum Drohnenkrieg veröffentlicht. Das Ergebnis: Um 41 "Ziele" zu treffen, die auf der Kill-Liste des US-Präsidenten standen, seien insgesamt 1147 Menschen getötet worden.

Informationen fehlen

Die veröffentlichten Richtlinien beantworten auch längst nicht alle Fragen zu den US-Drohneneinsätzen. "Einiges bleibt im Dunkeln", sagt Marcel Dickow gegenüber der DW. So sei nicht klar, warum jemand als Ziel ausgewählt werde und woher die Informationen kommen, mit denen diese Klassifizierung vorgenommen würde. Auch wer bei den Drohnenangriffen getötet wurde, verschweigt die US-Regierung.

Pakistan nach einem Drohnenangriff. (Foto: Getty Images/AFP)
Dieses Auto wurde in Pakistan durch einen US-Drohnenangriff zerstörtBild: Getty Images/AFP

"Sollte eine Demokratie überhaupt eine Kill-Liste haben?" Das ist laut Jennifer Gibson eine der wichtigsten Fragen, die sich neben den Vereinigten Staaten auch Europa stellen muss. Ihrer Meinung nach sollte aber auch darüber diskutiert werden, ob die Drohneneinsätze überhaupt strategisch klug seien und die USA dadurch überhaupt sicherer würden.