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Politik

Bosnien: Zehntausende gegen Neuauszählung

26. Oktober 2022

In Banja Luka haben Zehntausende Unterstützer des bosnischen Serbenführers Milorad Dodik gegen eine Neuauszählung der Stimmen zur Präsidentenwahl in der serbischen Teilrepublik in Bosnien-Herzegowina demonstriert.

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Bosnien Protest der Serben in Banja Luka | Milorad Dodik
Zahlreiche Unterstützer von Milorad Dodik marschieren durch Banja LukaBild: Armin Durgut/AP Photo/picture alliance

"Ich bin heute Abend hier, um ihnen zu sagen, dass Milorad Dodik nirgendwo hingeht. Milorad Dodik wird sehr bald im Präsidentenpalast sein", sagte Dodik in Banja Luka, der De-facto-Hauptstadt der Republika Srpska. Die Opposition wirft dem serbisch-nationalistischen Hardliner und Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin Wahlbetrug vor.

In Bosnien waren Anfang Oktober die Führungsorgane auf der Bundesebene und in den beiden Landesteilen, der bosnisch-kroatischen Föderation (FBiH) und der Serbischen Republik (RS), gewählt worden. Besonders hart umkämpft war der Posten des Präsidenten der RS. Der seit langem herrschende Nationalist Milorad Dodik setzte sich nur knapp gegen die oppositionelle PDP-Politikerin Jelena Trivic durch. Dem vorläufigen Ergebnis zufolge erhielt Dodik 48 Prozent der Stimmen, Trivic kam auf 43 Prozent.

"Hunderte von Unregelmäßigkeiten"

Die Oppositionsparteien hatten kurz nach der Präsidentenwahl vom 2. Oktober bei der Zentralen Wahlkommission (CIK) in Sarajevo einen Antrag auf Neuauszählung der Stimmen eingereicht. "Wir haben Hunderte von Unregelmäßigkeiten festgestellt", erklärte der Vorsitzende der konservativen PDP-Partei, Branislav Borenovic.

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Nach Angaben der Wahlkommission erhielt Dodik gerade mal 29.000 Stimmen mehr als Trivic. Insgesamt nahmen an der Wahl in der RS 617.000 Bürger teil. Nach Ansicht von Borenovic könnten 65.000 Stimmen von Betrug und Manipulationen betroffen sein. So seien in vielen Wahllokalen noch vor Abschluss der Auszählung die Beisitzer der Opposition von Schlägertrupps vertrieben worden. In vielen Wahllokalen entstanden Ergebnislisten, in denen auf unbekannte Kandidaten auffällig viele und auf Trivic keine einzige Stimme entfielen. Dodik hatte die Forderungen nach einer Neuauszählung dagegen zurückgewiesen und seinen Sieg "einwandfrei" genannt.

Stimmen werden zentral neu ausgezählt

Daraufhin ordnete die Wahlkommission am 10. Oktober eine Neuauszählung der Abstimmung an. Kommissionspräsident Suad Arnautovic sagte, es habe "eine gewaltige Anzahl von Verstößen gegen das Wahlgesetz" gegeben. Er sprach von "Beweisen, Videoaufnahmen und Dokumenten, die unzweifelhaft beweisen, dass der Prozess nicht sauber war und dass die Ergebnisse nicht bestätigt werden können". Zudem sei die Wahlkommission einem noch "nie dagewesenen Druck" ausgesetzt gewesen. Die Ergebnisse der Neuauszählung werden für Ende der Woche erwartet.

Dodik strebt seine dritte Amtszeit als Präsident der serbischen Teilrepublik an. Der 63-Jährige ist seit mehr als 15 Jahren der Anführer der bosnischen Serben. Er strebt die Abspaltung der RS von Bosnien an und gefährdet damit Frieden und Stabilität des Balkanlandes, das von 1992 bis 1995 Schauplatz eines blutigen Krieges mit rund 100.000 Todesopfern war. Dodik genießt die Unterstützung Serbiens, des EU-Landes Ungarns und Russlands. 

kle/mak (afp, ape, dpa)